Konzertkritik

Wenn man selbst eine Show lobhudelt, dann ist das ja oft nicht so richtig glaubwürdig. Letzte Woche gab es eine sehr schöne Kritik über die Palastrevue in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung und heute bekam ich die „Nachdruckgenehmigung“, also die Erlaubnis, den Artikel hier einzustellen. Herzlichen Dank an die Redaktion. Und hier der Artikel:

„Gnabend!“
Schläfrig und hellwach: Max Raabe und sein Palastorchester im hannoverschen Theater am Aegi

von Matthias Schmidt

Hannover zur Zeit der Fußball-Weltmeisterschaft. Auf dem Weg zum Theater am Aegi wundert man sich, wie viele Mexikaner trötend auf eine einzige Straße und wie viele Fernsehleinwände in eine ganze Stadt passen. Im ausverkauften Aegi dann hat man die plötzliche völlige Abwesenheit von allem, was mit Fußball zu tun hat, und obendrein einen Zeitsprung zu verkraften: Hier gibt es sepiagetöntes Licht, schellackgefärben Sound und turmhohe Podeste für die elf Musiker mit reichlich Brisk im Haar.

Max Raabe und das Palastorchester – kaum zurück von ihrer ersten China-Tournee – präsentieren die „Palastrevue“, eine Reise in die zwanziger, dreißiger und fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts. 13-mal stehen sie damit im hannoverschen Theater am Aegi auf der Bühne – ein Triumph. „Gnabend!“ näselt Max Raabe, im Frack mit weißer Fliege, in sein Mikrofon. Mit schläfrigem, aber hellwachen Blick steht Raabe vor dem Publikum, die Arme hängen wie an Marionettenfäden unbeteiligt und unbewegt herunter. Stimme und Mimik ist bei Raabe alles, es gibt keine Gestik – außer eben der der Wachsfigur. Alles ist künstliche Betonung und alles ist betonte Künstlichkeit. Und schon nach den ersten Liedern ist klar: Hier sitzt jedes Detail. Jede Silbe, jedes Brauenzucken, jeder Ton ist sorgsam ausgetüftelt, die Show glänzend und humorvoll inszeniert.

Die Musiker des Palastorchesters (von Raabe gesprochen mit „ch“), spielen mit Understatement und Raffinesse; ab und an trippelt ein Ballett über die Bühne, die Kulisse wird gewechselt, oder einfache, aber effektvolle Schattenspiele bereichern das Bühnenbild. Man taucht ab in Vintage-Flair und Nostalgie-Ironie. Und wenn Raabe den Rühmann-Song „Ich brech‘ die Herzen der stolzesten Frau’n“, den man eigentlich überhaupt nicht mehr hören kann, singt, dann gibt er eine Zeile wie „Mein Blut ist Lava“ derart phlegmatisch-verschmitzt zum Besten, dass das abgedroschene Lied tatsächlich zur überraschenden, liebevollen Persiflage wird.

Raabes Ansagen sind trocken, pointiert und voller Sprachwitz („Das folgende Lied ist so populär, dass Sie es erkennten, wenn ich es pföffe“), die Stimme des gelernten Opernsängers aus Berlin ist weich, näselnd, aber dennoch voll, spielend führt er sie in Tenorhöhe, bevor sie in den Bass stürzt. Das Palastorchester swingt und kann auch mal ganz piano spielen, so gut wie unverstärkt. Ob Filmschlager oder US-Big-Band-Sound, ob venezianischer Schmalz oder butterweiche Rumba, A-cappella oder funky Pop („Sex Bomb“) – im fliegenden Wechsel geht es auf und ab. Banjo, Sousafon oder Perkussion bringen weitere Klangfarben ins Spiel. Und weil es sich hier um eine Revue handelt, tauchen neben den Tänzerinnen im knappen Kostüm auch weitere Accessoires auf: Zu „Ich brauche keine Millionen“, erst nur zum Piano gesungen, rollt Raabe einen großen „Tresor“ auf die Bühne, der sich später öffnet und eine (scheinbar) kleinwüchsige Clownskapelle beinhaltet, die den den Rest des Liedes im Dixieland-Stil runterrattert. So kann man altgediente Klassiker spritzig neu interpretieren! Und Raabes eigenen (und einzigen) Hit „Kein Schwein ruft mich an“ wird in einer Version von Sinatras „New York, New York“ galant umspielt, ach was: getunnelt.

Wenn man der „Palastrevue“ etwas vorwerfen kann, dann nur kleine bühnentechnische Unzulänglichkeiten und den dramaturgischen Wandel nach der Halbzeit. Musste man zur Pause noch vom Detailreichtum, der feinen Ironie sowie den grandiosen, leichtfüßigen Interpretationen schwärmen, so legten Raabe und sein Orchester im zweiten Teil des Abends mehr Wert auf grellere Musikcomedy. Die Konzentration auf die Musik wich der Lust an musikalischen Späßchen. Zu den „Capri-Fischern“ schnallten sich die Musiker kleine Gondeln um den Bauch; die mit lautem Knall zerplatzende Papiertüte war ebenso dabei wie die rote Clownsnase.

Natürlich gibt es auch den „Kleinen, grünen Kaktus“, als Zugabe, charmant im Dixiegewand. Zum Schluss dann begeisterte Ovationen, im Stehen. Mit einem mexikanischen Lied zur Gitarre werden wir hinaus in den späten Abend geschickt, wo alles jäh so bunt ist. Und wo die Welt und wir wieder unwillkürlich zu Gästen vor den öffentlichen Fernsehleinwänden werden.

Max Raabe und das Palastorchester spielen noch bis zum 30. Juni (außer montags), jeweils 20 Uhr, im Theater am Aegi.

Hotelaussicht

Ausblick vom Hotel aus

Nach einem trüben Vormittag ist es gegen Abend doch noch sehr schön geworden. Ich sitze, wohl etwas illegal, auf dem Vordach, auf das ich von meinem Zimmerfenster aus klettern kann und genieße die Sonne. Die obige Ansicht kann man sich übrigens, wie immer bei Panoramabildern, größerklicken.

Heute ist ja spielfrei, fast alle sind nach Hause gefahren, aber ich hatte da keine Lust zu. Statt dessen habe ich mich in den Herrenhäuser Gärten schön unter Bäume gesetzt und habe dort ein wenig gearbeitet. Für ein neues Projekt mußten verschiedene Dinge recherchiert werden; ich brauche in 19″ – Racks montierbare Monitore, Spezialkabel, drahtgebundenes und drahtloses Intercom, Kameras und noch einiges mehr. Das kann man natürlich nirgends besser, als unter Bäumen. Zumal auch ein Eisverkäufer zu mir gefunden hatte. :-)

50 Prozent

Statistiken sind manchmal schon interessant. In diesem Fall zeigen sie Geifer und Ignoranz. Die Situation rund um den Callboy hat sich ein wenig beruhigt, die Hits sind gesunken, aber immer noch 52% meiner Besucher kommen über dieses Thema in mein Blog. 48% aller Besucher (also über 92% derjenigen, die wegen des Gerichtsverfahrens meine Seite besuchen) verlassen das Blog wieder, ohne sich eine Seite außerhalb des Themas Torsten angesehen zu haben; nicht einmal die Hauptseite. Heuschrecken scheint es nicht nur in der Wirtschaft zu geben.

einfach eine schöne Show

Gut’n Abend,
da sind wir, und so bald gehen wir auch nicht wieder weg.
Das Palastorchester und ich haben kein hehrereres Ziel,
als Ihnen, hochverehrtes Publikum, einen herrlichen Abend zu bereiten;
mit einer intelligenten, raffiniert strukturierten Handlung……
……werden wir Sie nicht behelligen; im Gegenteil !
Statt dessen: Musik.

Heute, nach einem superschwülen Tag, als Abschluß einer Woche, in der keine Show ohne (interne, vom Publikum in der Regel nicht als solche bemerkte) Pannen ablief, endlich eine runde Show ohne Kinken. Wahrscheinlich, weil alle nach Hause wollten. Wurde als Befreiungsschlag echt Zeit.

Bei der Suche nach interessanten Frauennamen
kommt man unwillkürlich auf „Brünhilde“.
Brünhilde arbeitet hauptberuflich als Walküre,
sie hat durchaus ihren eigenen Kopf
und überwirft sich mit ihrem Vater, Wotan;
auch kein schlechter Name — wenn auch nicht für eine Frau.
Wotan hat lange genug ein Auge zugedrückt
und das heißt bei Wotan viel,
……denn er hat ja nur eins.
Er beschließt, Brünhilden zu bestrafen,
senkt sie in einen tiefen Schlaf
und umgibt sie mit einem gewaltigen Feuerwall.
Endlich, nach langer Zeit, durchdringt Siegfried, der Held, den Feuerzauber.
Da liegt sie nun, seit vielen Jahren, bei großer Hitze.
Siegfried hebt den Schild auf, mit dem Brünhilden zugedeckt,
und er erkennt: Brünhilde ist gar …… lieblich.
Und in kesser Anwandlung und weil er für den Tag noch nichts weiter vorhat,
spricht er sie an mit einem Titel von Walter Donaldson:
Hallo, was machst Du heut’ Daisy.

Die Palastrevue des Palastorchesters in Hannover

Wir begeben uns nun musikalisch in die Vereinigten Staaten von Amerika.
Der Jazz, der Swing ist in den pulsierenden Metropolen
mit ihren eleganten, lichtdurchfluteten Boulevards,
deren mondänen Clubs der noblen Lebewelt ebenso zuhause,
wie in den finsteren Vorstädten,
denen der Lichterglanz nur von ferne flimmert.
Hier sammelt sich die Halbwelt im dämmerigen Licht ihrer dunstigen Dielen.
Grimmige Ganoven gedeihen in dieser Atmosphäre am Rande der Illegalität
und spielen kaltherzig mit Worten,
die brave Bürger schreckensbleich werden lassen,
wie Korruption, Drogenhandel und Dosenpfand.

Es ist eine Hommage gleichsam, denn obwohl man allenthalben das Gegenteil liest,
ist es doch wohl so, daß wir die Amerikaner im Grunde unseres Herzens
schon ein kleinwenig liebhaben.

Die Palastrevue des Palastorchetsres in Hannover

Es ist eben alles relativ.
Für eine Liebe im Mai sind drei Wochen relativ kurz;
für einen Fisch im Kühlschrank jedoch……
Sehen Sie, und so verhält es sich auch mit der Musik.
Ist nun ein Ton relativ hoch, oder relativ tief.
Darüber machen wir uns so unsere Gedanken

Was ist Musik ?
Diese Frage gewinnt an Bedeutung,
wenn man sich darüber klar wird,
daß eigentlich jeder Musik machen darf,
während der Gebrauch von Schußwaffen streng reglementiert ist.
Nicht auszudenken — eine Blockflöte in falschen Händen

Was ist Musik ?
Zuweilen sieht man uns gebeugt über Faximiles Bach’scher Handschriften
den Kontrapunkt diskutieren — nächtelang.
Denn die Musik zu begreifen, zu erahnen,
ihre innere Struktur zu erkennen,
ihren Aufbau, ihre Feinnervigkeit…

Und genau in diesem Moment kommen sechs Bayern auf die Bühne und spielen beste Blasmusik……

Vieles der Show kann man natürlich hier schon allein aus urheberrechtlichen Gründen nicht wiedergeben. Ihr lest hier ausschließlich Moderationstexte. Aber die Show macht Spaß. Nach drei Jahren immer noch; und das will echt was heißen.

Copyright für die Texte bei Max Raabe; lieben Dank an Max für die Freigabe der Texte für dieses Blog.

Zeichentrick – Kurzfilme

In der Ehrensenf – Ausgabe vom Freitag gab es einen Link zu wirklich tollen Zeichentrick – Kurzfilmen, die, ich kann leider so richtig gar kein Französisch, Abschlußarbeiten einer Schule zu sein scheinen. Wenn man etwas herumprobiert stellt man fest, daß in dieser Site nicht nur die zehn in Ehrensenf erwähnten Filme aus dem Jahr 2005, sondern auch die ebenfalls lohnenswerten Jahre 2004, 2003 und 2002 zu sehen sind.

Einen Film, der meine leicht melancholisch – romantische Grundstimmung besonders trifft, könnt Ihr auch direkt hier sehen:

Kein Bild, kein Ton, ich komme schon — oder: was passiert hier eigentlich ?

Dies wird ein Artikel eher für Techniker. Wir haben nämlich ein Problem. Nachdem bei uns ja in den letzten Tagen schon der Videobeamer ausgefallen war und Max‘ Mikrophon starke digitale Artefake aufwies, hat sich unser PM5D gestern während der Show komplett aufgehangen. Das gibt mir schon zu denken, zumal ich hörte, daß bei einer 50Cent – Show letzte Woche ähnliches passiert sein soll und das Pult normalerweise im Gegensatz zum M7CL als recht stabil gilt. Folgendes ist vorgefallen:

Die Show wurde ganz normal begonnen, alles spielt fein. Nach ungefähr 20 Minuten gibt es ein Stück, bei dem Max nicht seine normale Neumannröhre nutzt, sondern eine Neuheiser Handfunke; also muß das M149 aus und das SKM5200 an. Allerdings: es passiert nichts. Der Funkmikrokanal ist per PFL vorhörbar, kommt aber weder im Master, noch in Ausspielwegen an. Nachfolgend stellt sich heraus: alle Fader und Mutes können beliebig bedient werden, das Pult ist eingefroren.

Nun hat Max eine ausgebildete Baritonstimme und das Stück ist zum Glück nur mit Pianobegleitung und nicht mit komplettem Orchester. Es gelingt ihm also, unverstärkt ausreichend laut gegen den verstärkten Flügel anzusingen, so daß sich die Nummer für’s Publikum wie eine Unplugednummer anhört und der Applaus ist dementsprechend stürmisch. Die nächste Nummer beginnt, trotz Aufruf der neuen Szene bleibt alles eingefroren und wir entscheiden uns, das Pult während des folgendes Applauses zu resetten. Danach spielt die Konsole bis Showende ohne Zwischenfälle.

Da wir das nicht witzig finden und ich weiß, daß hier der ein oder andere Oberligatechniker mitliest: habt Ihr ein paar Tips oder Ideen ? Yamaha hat nämlich von Pultabstürzen noch nie etwas gehört….

Die Welt zu Gast bei …. ja was eigentlich ?

Die deutsche Mannschaft hat gestern gewonnen, ehrlicherweise fand ich die Leistung in der zweiten Halbzeit jetzt mal gar nicht sooooo überragend, aber gewonnen ist halt gewonnen. Nach dem Spiel hier in Hannover natürlich große Feierei. Wenn dann deutsche Fans mit dem Spruch „Die Welt zu Gast beim Weltmeister“ an offensichtlich ausländischen Leuten vorbeiziehen, dann kann man darüber denken, was man will. Ich selbst als leicht abergläubischer Mensch würde ja denken: „Nur nicht beschwören, lieber die Klappe halten, bis es soweit ist.“ Aber das ist ja Geschmacksache.

Wenn allerdings deutsche Fans laut „Hurra, hurra, die Deutschen sind da. Sieg Heil, Sieg Heil, Sieg Heil“ skandierend durch die Straße ziehen und die Bullen untätig keine zehn Meter daneben stehen, dann muß ich spontan kotzen.