Abendspaziergang

Eben machten wir noch einen kleinen „Gang durch die Gemeinde“. Die Luft und Atmosphäre nach einem Gewitter ist einfach klasse und das wollten wir genießen.

Ich wohne ganz nah an einer der angesagten Kneipengegenden in Hamburg und von mir aus gesehen fängt es mit dieser Bar hier an. Im Grunde ist sie auch direkt ein gutes Beispiel für die Entwicklung, die das ganze Schanzenviertel gerade durchmacht. Der Geheimtip der alternativen Szene ist die Gegend nämlich schon lange nicht mehr. Ähnlich wie 36 und Prenzel in Berlin „verschickt“ das Viertel; die Alternativen, die die Gegend vor Jahren für sich erschlossen, werden verdrängt von topsanierten Eigentumswohnungen und stylishen Läden, die sie nicht mehr bezahlen können. Dafür kommen eben die ganzen hippen Mediengestalter.

Aktuelle Entwicklung: das traditionelle Schanzenfest, seit Generationen von den Anwohnern mit alternativem Trödelmarkt, Livemusik und Kinderbespaßung organisiert und leider Abends regelmäßig in eine große Keilerei mündend, soll dieses Jahr verboten werden. Angeblich wegen der Belästigung der Anwohner. Was einigermaßen quatsch ist, hat das Viertel doch mittlerweile so viel genehmigte Freiluftgastronomie wie kein anderes in Hamburg. Genau das ist wahrscheinlich das Problem: schicke Cafés stoßen auf alternatives Kulturhappening.

Cadillac Records

In den letzten Jahren gab es einige Filme über die Geschichte von Musikern; warum also nicht auch ein Film über ein Label. Chess Records war in den Fünfzigern die Keimzelle für Blues und Rock ’n‘ Roll, machte als erstes schwarze Musik auch für Weiße populär. Und weil erfolgreiche Musiker einen Cadillac bekamen, hieß die Plattenfirma bei den Künstlern bald so, wie auch der Film: Cadillac Records. Über die Verfilmung liest man nun Lobeshymnen und Verrisse, und weil die Bandbreite der Kritiken so groß ist kann man schon mal sicher sein, daß sie sehenswert ist.

Wenngleich ich der Meinung bin, daß der Film gut zehn Minuten länger hätte sein müssen, um besser auf die gesellschaftliche und politische Situation zur Entstehungszeit eingehen zu können, so finde ich das Werk doch sehr gut gemacht. Es ist ja immer schwer, Musiker durch Schauspieler darstellen zu lassen; das ist hier hervorragend gelungen. Vielleicht auch, weil man größtenteils eben keine Schauspieler, sondern aktuelle Musiker besetzte, die ihre Sache wirklich überzeugend rüberbringen. Auch finde ich gut dargestellt, daß es gar nicht so einfach ist, als Star zu leben, daß viele am Starsein zerbrechen und daß es auch für das Management nicht immer klar ist, wie man nun Künstler optimal betreut.

Ich fühlte mich jedenfalls bestens unterhalten; die Geschichte ist gut, die Musik wirklich hervorragend und so kann ich Euch den Film sehr empfehlen. Unten noch den Trailer.

Spaziergang

„Es gibt keine Maikäfer mehr“ sang schon vor 35 Jahren Reinhard Mey (Wikipedia) und im Grunde hat er damit auch Recht; wenngleich ich an diesem Wochenende nach längerer Zeit doch welche sah.  Und eben weil sie so selten sind, zeige ich sie Euch hier auch. Wir haben diesen Kollegen hier übrigens nicht mit nach Hause genommen, um ihn in der Trophäensammlung zu verewigen, sondern natürlich wieder freigelassen.

Jetzt lese ich im Internet, daß sich der Maikäfer wieder stark vermehrt habe. Hm. Interessant. Ich habe ihn jedenfalls schon ewig nicht mehr gesehen.

Wenn man beim Spazierengehen mal etwas besser hinschaut, dann kann man nicht nur Käfer, sondern auch ganze Raupennester sehen. Dieses hier war ganz interessant, weil es in ihm schon ziemlich wuselte.

Wir spazierten jedenfalls über alte Streuobstwiesen, an denen auch der Flieder blühte…

…und auch durch dichten, fast dschungelartig bewachsenen Wald.

Und plötzlich steht man dann vor der Brutstätte des olympischen Gedankens; der scheint allerdings schon etwas angerostet zu sein. Wahrscheinlich leidet der Gedanke an zu viel Kommerz.

Auf jeden Fall hatten wir einen schönen Rundgang.

Steinseilbahn

Wenn ich an eine Seilbahn denke, dann verbinde ich das mit hohen Bergen, mit skifahren oder wandern. Gestern sah ich dann dieses Modell in Nußloch. Mit der Seilbahn werden seit 1918 Steine von einem Steinbruch knapp 10 Kilometer weit in die Heidelberger Zementfabrik in Leimen transportiert. Das finde ich eine ziemlich umweltfreundliche Lösung, denn mit LKW wäre das doch ein recht nerviges Unterfangen.

The times they are a changin‘

Mit diesem Klassiker hatte Dylan natürlich Recht und so ist das auch bei uns in der Veranstaltungstechnik. Manchmal, manchmal aber kommen die alten Zeiten doch noch mal zurück. Die Zeiten, in denen Stagehands nach Schweiß, Füßen, billigstem Selbstdrehtakak und Alkohol rochen stanken, die Klamotten tagelang nicht gewechselt wurden. Die Zeiten, in denen die Helfer einer Tourcrew, die in diesem Setup schon paarunddreißig Termine hinter sich hat und bei der niemand weniger als zehn Jahre auf der Straße ist, versucht zu erklären, wie man’s denn richtig macht, wie man denn damals den Rock ’n‘ Roll erfunden hat. Die Zeiten, in denen ausführlich Raucherpausen gemacht wurden, in denen der Truck volldiskutiert wurde, statt ihn mal knackig vollzumachen. Ich schreibe diesen Artikel an einem solchen Abend, an dem es kaum möglich ist, auf der Bühne abzubauen, ohne durch den Mund zu atmen und der Abbau und das Laden sich hinzieht. Da man sich aber immer wieder trifft und auf diese Kollegen angewiesen ist, lege ich die Veröffentlichung irgendwann in die Zukunft, damit der zeitliche Bezug fehlt; aber ich mußte diese Zumutung einfach mal loswerden.

Am liebsten würde ich die alle mal eben abkärchern. Dann würden wir auch nicht schneller fertig, aber es wäre wenigstens erträglich. In diesem Sinne: Nase zu und durch !

So schnell verändert sich die Stadt

Roland bedachte mich mit einem Buch über meine Wahlheimat Hamburg, in dem die Veränderung des Straßenbilds zwischen 1933 und 1940 sehr gut zu beobachten ist, was mich tatsächlich in dieser Form erschreckt. Gerade zwischen 1933 und 1935 sind die Veränderungen so offensichtlich, zieht der Nationalsozialismus so offen in das Gesicht der Stadt ein, daß es schon verwunderlich ist. Dabei war Hamburg ja zwischen den Kriegen eine rote Stadt, was bei den vielen Arbeitern, die in Hafen, Werften und Industrie benötigt wurden, kein Wunder ist. Viele von ihnen scheinen aber Aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit den Glauben an „ihre“ Partei verloren zu haben und schwenkten vom Sozialismus zum Nationalsozialismus. Ehrlicherweise ist der Weg ja gar nicht so weit.

Während die Bilder eine eindeutige Sprache sprechen, ist der Autor mit seinen Texten doch zu zweifeln. Mehrfach betont er, daß nach Außen hin es natürlich alles sehr mit Hakenkreuzen übersäht war und die Männer fast ausschließlich in Uniformen steckten, aber man nicht wisse, wie es denn in den Köpfen der Leute aussah. Das ist natürlich gut für eine These, aber in meinen Augen nicht Erklärung für alles.

Schade finde ich auch, daß mit den Bildquellen nicht eindeutig umgegangen wird. Zwar werden in der Einleitung drei Photographen namentlich erwähnt, es ist aber leider im Buch nicht möglich, die Bilder konkret zuzuordnen. Oben seht Ihr übrigens eine frühere Einrichtung des Hamburger Doms, die man dringend mal wieder einführen sollte: die sogenannten Zusammenstoß – Boote sind eine hanseatische Ausführung der heutigen AutoScooter. Für den Sommerdom bestimmt eine tolle Attraktion.

Trotz der etwas beschönigenden Texte und der nicht eindeutigen Bildzuordnung finde ich das Buch gelungen, weil es in klaren Bildern den Wandel der Stadt innerhalb kürzester Zeit zeigt.

Reise in die Geschichte im Jetzt

Von meiner Wunschliste bekam ich ja schon zwei Bücher; das erste der beiden möchte ich Euch hier jetzt vorstellen. Eberhard Neubronner war in den vergangenen Jahren häufiger im Piemont unterwegs und ein Tal faszinierte ihn so sehr, daß er ein dreiviertel Jahr dort blieb. Das Buch beschreibt diese Zeit in Form eines Briefwechseln mit einem befreundeten Arzt und vielen, sehr schönen Photos.

In den Höhen des Piemonts leben heute noch etwa 4% der Einwohner von vor 200 Jahren, nur noch 3 von 36 Almen sind bewirtschaftet, es gibt also eine massive Landflucht. Ein Leben ohne Strom und Telephon kann man sich vielleicht im Urlaub mal für eine begrenzte Zeit vorstellen, aber auf Dauer wollen auch die dort Geborenen im Jetzt ankommen. Das Buch zeigt diese Gegend, ohne sie zu verklären; zeigt die hart arbeitenden, in sich gekehrten Menschen, die grandiose Gegend. Ein wirklich schönes Buch, das sicher Lust macht, dort mal entlangzuwandern. Danke Ulrich für das Buch.