So eine Flatrate ist ja praktisch. Die meisten Internetnutzer haben sie sowieso, aber es gibt sie natürlich auch als Mitgliedsbeitrag im Fitnessclub, als Monatskarte der öffentlichen Verkehrsmittel, zur Unterstützung des Absturzes in der Kneipe und zuletzt sogar konnte man im Puff zum Pauschalpreis bis zur Besinnungslosigkeit ficken. Man weiß vorher, was da finanziell auf einen zukommt und kann dann hemmungslos loslegen, ohne sich weitere Gedanken machen zu müssen. Letztlich haben alle Beteiligte etwas davon: ich als Nutzer, weil die finanzielle Seite überschaubar ist und auch der Anbieter, weil er sich natürlich vorher ausgerechnet hat, daß er im Durchschnitt sicher auf seine Kosten kommt. Denn tatsächlich nutzen dann viele die einmal abgeschlossene Flatrate gar nicht so exessiv. Was liegt also näher, auch für die Nutzung kultureller Inhalte eine solche Flatrate einzuführen; die sogenannte Kulturflatrate ? Jeder zahlt einen monatlichen Betrag und damit kann man hemmungslos alles nutzen, ohne sich Sorgen machen zu müssen, daß da plötzlich der Staatsanwalt beispielsweise wegen Raubkopiererei vor der Türe steht. Auf den ersten Blick ein schlüssiger Gedanke.
Leider nur auf den ersten Blick.
In der Praxis kann das leider so einfach gar nicht funktionieren.
Während es nämlich bei allen oben genannten Beispielen jeweils einen Anbieter und (hoffentlich) viele Kunden gibt, gäbe es bei der Kulturflatrate zehntausende Anbieter; Komponisten, Autoren, Journalisten, Künstler. Nach welchem Schlüssel soll das Geld verteilt werden ? Es wäre also eine irre Verwaltung notwendig, die erhebliche Teile des eingenommenen Geldes für sich verbraten würde. Zumal die dann irgendwie getroffene Regelung ständig umstritten wäre, weil so ein Schlüssel einfach nicht gerecht sein kann. Hinzu kommt, daß ein Autor bislang bestimmen kann, wer seine Werke wie nutzt. Er kann auch bestimmte Verwendungen ausschließen. Wie soll das gehen, wenn plötzlich alles „flat“ ist ? Wie komplex das Thema ist und wie wenig gerecht umsetzbar, zeigt unter anderem eine Übersicht, die die deutschen Buchautoren zusammengestellt haben.
Die Problemlösung kann meiner Meinung nach nicht in einer Flatrate liegen, sondern in einem Umdenken. Wenn jemand zum Bäcker geht und Brötchen will, dann wird er selbstverständlich dafür bezahlen. Der Bäcker hat sich mitten in der Nacht hingestellt, die Brötchen gebacken, vorher die Zutaten und Maschinen gekauft und muß Miete für seinen Laden zahlen. Dafür braucht er Geld und niemand wird das anzweifeln. Wenn jemand zu einem Autohändler geht und einen Wagen will, dann wird er selbstverständlich dafür bezahlen. Das Fahrzeug wurde aufwendig entwickelt und gebaut, viele Menschen waren daran beteiligt, die müssen alle leben, die Fabriken müssen finanziert werden. Dafür braucht die Firma Geld und niemand wird das anzweifeln. Warum sollen also Kulturschaffende, sollen Buchautoren, Filmemacher, Journalisten, Photographen, Musikkomponisten nicht fair dafür bezahlt werden, daß sie sich hinsetzen und diese kulturellen Güter schaffen ? So ein System haben wir im Grunde. Oder hätten, wenn wir nicht täglich versuchten, es auszuhebeln, indem wir diese Werke einfach kopieren.
Die Lösung kann meiner Meinung nach nicht sein, daß man ganze Kunstzweige amateurisiert, daß die Künstler also sich einen „richtigen“ Beruf suchen und nur noch nebenher ihrer Kunst nachgehen. Das wäre eine Bankrotterklärung. Und die Lösung einer Kulturflatrate ist keine, schafft sie nämlich mehr Probleme, als sie löst.
Nachtrag 10.08.2009: weil das in der Diskussion in den Kommentaren untergeht hier noch mal zwei Punkte, die man bei der Kulturflatrate und dem Urheberrecht gern vergißt: Es geht in der Musik beim Urheberrecht nicht um die aufführenden Musiker, sondern um die Menschen, die die Musik geschrieben haben. Das sind oft nicht die selben. Die Autoren eines Stückes können durch Konzerte, Merchandising, oder ähnlichem kein Geld verdienen, da man sie im Zweifelsfall öffentlich gar nicht kennt. Nur mal ein Beispiel: Joe Cocker, den meisten von uns als erfolgreicher Sänger bekannt, hat nicht ein Stück selbst geschrieben. Er hat Autoren. Und die werden über das Urheberrecht bezahlt.
Zum anderen: es geht bei der Kulturflatrate nicht nur um Musik. Es geht um viel mehr: es geht um Photographen, um Buchautoren, um Journalisten, um Filmemacher und deren Arbeit. Ja, es geht dann auch um Musikkomponisten …… aber eben „auch“. Wie soll ein Photograoph überleben, wenn das Urheberrecht untergraben wird ?
Und weil so gerne über die „Rechteindustrie“ gehetzt wird: warum nur begeben sich ein Großteil der Künstler bis heute freiwillig in die „Fänge“ ebendieser ? Weil es für die meisten der beste Weg ist, finanziell zu überleben. Natürlich gibt es Ausnahmen, die gibt es ja immer. Aber in fast allen künstlerischen Branchen gibt es Verlage und Verwertungsgesellschaften, die bis heute ihre Berechtigung haben.