Berufsberatung, Teil 1

In den letzten Wochen erreichten mich einige Mails von Lesern, die etwas über meinen Beruf erfahren wollten, darüber, wo man sich am besten bewirbt und worauf man generell achten soll. Auch gerade liegt hier noch eine Mail zur Beantwortung (ich muß mal die abgeschickten Mails speichern, damit ich sie einfach kopieren kann und nicht jedes Mal neuschreiben muß……). Im Rahmen der Beantwortung der Mails machte ich mir auch immer so meine Gedanken über die Veranstaltungsbranche — und auch darüber, ob ich neue Kollegen eigentlich überhaupt haben möchte. Darum mal ein paar Gedanken auch hier dazu.

Als ich begann, mich für den Beruf des Tontechnikers zu interessieren gab es nur sehr eingeschränkt echte Berufsausbildungen. Man konnte Toningenieur oder Tonmeister studieren und in Nürnberg gab es die Schule der öffentlichrechtlichen Sendeanstalten. Alles andere lief per learning by doing. Man machte mal, sammelte seine Erfahrungen und im Laufe der Zeit wurde man besser. Dadurch daß es kein anerkannter Beruf war fanden das Eltern beispielsweise oft keine akzeptable Beschäftigung und so war der Kreis derer, die hauptberuflich als Techniker auf Veranstaltungen arbeiteten, überschaubar.

Dann begann der Markt sich zu professionalisieren. Plötzlich konnte man (teilweise umstrittene) Ausbildungen an privaten Schulen machen und es wurde ein richtiger, offizieller Lehrberuf eingeführt: die Fachkraft für Veranstaltungstechnik. Auch die Tagessätze begannen sich in eine Richtung zu bewegen, die ein vernünftiges Leben mit akzeptablen Absicherungen möglich machten.

Mittlerweile ist der Lehrberuf anerkannt; so anerkannt, daß auch Eltern diesen Beruf plötzlich akzeptabel finden. Man bekommt ja ein Stück Papier und kann etwas vorweisen. Das ist in Deutschland wichtig. Und so gibt es immer mehr Leute, die als Techniker arbeiten wollen. In einigen Städten schon zu viel bis reichlich zu viel Leute, die als Techniker arbeiten wollen. Damit beginnt etwas sehr unschönes: die brutale Erosion der Tagessätze. Es findet sich immer jemand, der einen Job noch billiger macht. Das wissen auch viele Kunden, so daß in weiten Teilen ein breites Gemetzel um die Preise begonnen hat. Das Ganze übrigens auch ohne die Öffnung Europas zum Osten hin; diesen Preiskampf schaffen wir auch ganz allein in Deutschland.

Natürlich gibt es Berufsverbände die immer wieder predigen, daß gute Arbeit auch gut bezahlt werden soll und daß Dumping auf Dauer der Tod des professionellen Berufsstands sei. Sie haben Recht. Allerdings bleiben sie ungehört. Ganz im Gegenteil sind es unter anderem auch ein paar leitende Mitglieder dieser Berufsverbände, die in ihren Betrieben den Preiskrieg ganz offen führen. Und so kommt es, daß in manchen Bereichen die Tagesgagen für Techniker zur Zeit wieder sinken. Nicht nur inflationsbereinigt und real, sondern auch nominal.

Kommen wir zurück zur Frage, ob sich eine Ausbildung als Veranstaltungstechniker lohnt und ob ich überhaupt will, daß es viele neue Kollegen gibt. Die Antwort ist ein ehrliches nein. Sorry. Mir selbst ist aus ganz egoistischen Gründen nicht daran gelegen, daß der Markt mit Technikern überschwemmt wird. Und auch die jungen Leute, die eine Ausbildung beginnen wollen sollten sich darüber im klaren sein, daß nach der Lehre in der Regel das nicht immer sichere Leben eines Freelancers wartet; Festanstellungen sind (noch) nicht wirklich üblich. Daß man oft mehr als 40 Stunden in der Woche, gern am Wochenende und zu unchristlichen Zeiten, arbeitet, was sich nicht immer als partnerschaftsfördernd erweist. Und daß die Augenbrauen manchmal erschrocken nach oben schnellen, wenn man Tagessätze in Stundenlöhne umrechnet (und dabei berücksichtigt, daß man als Freelancer die kompletten Sozialabgaben selbst zu tragen hat).

Ich will meinen Beruf nicht miesmachen. Ganz im Gegenteil: für Leute, die Abwechslung lieben und Schreibtische hassen kann es genau das Richtige sein. Aber ich fände es auch ziemlich schade, wenn er wegen Überangebots in der Breite wieder vor die Hunde geht und nur ein paar hochspezialisierte Wenige in Würde überleben.

2 Gedanken zu „Berufsberatung, Teil 1“

  1. An der Stelle muss ich auch kurz mein Erstaunen über Tagessätze loswerden. Ich bin schon in dem Alter wo es dazu gehört, dass man eben die Ausbildung zur Fachkraft für Veranstaltungstechnik absolviert hat.
    Gleichwohl ich mich nicht Veranstaltungstechniker bezeichnet möchte, denn ich finde diese Person gibt es nur selten und meist doch nur in kleinen Betrieben oder staatl. Theatern.
    Kommt man in den professionelleren freien Markt in dem man von dem Beruf auch Leben kann, schon trifft man nur noch auf Personal das sich Gewerks orientiert auskennt.
    Und da ist die Schnittmenge von dem was man gelernt hat und von dem was man anwendet doch recht klein.

    Zu diesem ernüchterndem Ergebnis, das meine Ausbildung eigentlich nur in meinem Lebenslauf gut aussieht und nicht im täglichen Leben / Überleben hilft, komm ich immer wieder.

    Zusätzlich muss ich rückwirkend betrachtet sagen, das zu meiner Zeit, Auszubildende noch zu Konkurrenten der Freelancer gezählt haben / zählen und daher nicht wie es sich in einer Ausbildung gehört, gefördert werden sondern mit einer Friss oder Stirb – Mentalität behandelt werden. Oder so ausgedrückt, in einem Lehrbetrieb in dem viele selbständige Techniker arbeiten die von Ihrem Wissen sich ernähren, wird ein Azubi nun mal nicht wie in einem anderen Lehrberuf durch feste Kollegen geschult.
    Von dem her finde ich ist es mehr eine Selbstbildung als eine Ausbildung, was den Lehrberuf in meinen Augen noch überflüssiger macht als er eh schon ist. Zumindest in der freien Wirtschaft in der ich mich bisher bewegt habe.

    Zurück zur Vergütung – ein Thema das seit ich in der Branche bin immer mit dem gleichen Entschluss diskutiert wird. Es wird zu wenig bezahlt!
    Jeder Handwerker rechnet seinen Tag / Stundensatz mit einer höheren Rechnung ab, als ein Veranstaltungstechniker. Und dabei kommt hinzu das ein Handwerker örtlich arbeitet und nicht Nachts.

    Meiner Meinung nach hat der Preisdruck / Dumping nichts mit der großen Auswahl an Techniker zu tun und schon gar nicht mit der Ausbildung, sondern mit den Firmen die Aufträge annehmen, bei denen sie schon von vornherein keine vernünftigen Sätze mehr bezahlen können.
    Zusätzlich finde ich es schade, das in einer Branche in der Kreativität und Flexibilität so wichtig ist, nicht mal diese Punkte so bezahlt werden, dass sich im Verhältnis die rein technischen Tätigkeiten auch gut bezahlen lassen.

    Schon würde nämlich der Beruf auch mehr Personal gut verkraften können und die Lebensqualität würde steigen.

    Und vielleicht ist es gar nicht schlecht wenn viele neue in den Markt kommen, es könnten ein paar dabei sein die genug Mut haben Preise zu verlangen von denen man auch Leben kann. Eben nicht nur verrückte, Individualisten die als Team große und kleine Projekte möglich machen, sondern auch rechnen können. Denn dann macht der Beruf nicht nur Spaß …

  2. Dein Kommentar liest sich ein wenig so, als wärst Du der Meinung, daß sich die Ausbildung grundsätzlich nicht lohne. Ich bin schon der Meinung, daß man in der derzeitigen Lage (auch gerade rechtlich) eine Ausbildung machen sollte, will man als Veranstaltungstechniker arbeiten. Zumal man in einigen Ausbildungsbetrieben auch tatsächlich eine fundierte Ausbildung bekommt. Und Du hast Recht, natürlich unterliegen auch die Firmen einem Preisdruck. Ich erlebe das ja gewissermaßen von beiden Seiten. Was Endkunden heutzutage zu zahlen bereit sind, ist oft wirklich eine Katastrophe.

    Natürlich kann man sagen, daß man dann eben diese Jobs nicht annehmen darf, oder nur zu „vernünftigen“ Preisen. Das ist aber leider meiner Erfahrung nach ein wenig zu kurz gegriffen, weil Du immer jemanden finden wirst, der’s für den billigen Preis machen wird — oder sogar für noch billiger. Manchmal sitze ich an meinem Schreibtisch, versuche zu verstehen, wie Mitbewerber kalkulieren und verstehe es nicht. Gar nicht. Ich glaube daher nicht, daß es mehr Techniker braucht, wohlmöglich mit „Mut“. Sondern ich glaube, daß wir eine Verknappung des Marktes brauchen, um wieder vernünftige Preise erzielen zu können. Aber das ist nur meine Meinung. Vielleicht liege ich da auch falsch.

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