Sommertränen

Sommertränen

Seit langem bin ich schon meiner Lieblingskröte ein Photo schuldig und endlich will ich das mal einlösen bevor sie meint, ich würde sie nicht mehr mögen. Schon im Winter gab es bei ihr im Blog die Aktion „Wintertränen“, bei der es um Photos mit Regentropfen ging. Sie bat mich, doch auch mal eins zu machen, aber alle meine bisherigen Ergebnisse gefielen mir nicht. Jetzt aber ist mir ein Bild gelungen, daß zwar nur wenig Tränen hat, aber mir ansonsten gefällt. Liebe Grüße nach Berlin.

alt

Seit einiger Zeit unke ich ja, daß ich alt werde; manchmal, wenn die Athroseknie sehr ziepen, glaube ich das wirklich, aber heute morgen hatte ich den Beweis: ich konnte Kleines nicht mehr lesen und mußte die Brille absetzen (ich bin kurzsichtig), um den Text entziffern zu können. Presbyopie nennt man das. Oder hart: Alterssichtigkeit. Trifft jeden zwischen 40 und 45. Mit 42,5 liege ich da ja noch ganz gut im Schnitt… und es war ja noch dunkel.

Land in Sicht

Hochzeitphoto und Cover des Buches; Copyright: Scherz Verlag

In den letzten drei Tagen las ich das Buch „Wohin Du auch gehst“, das mich sehr nachdenklich machte und darum möchte ich Euch davon berichten. Benjamin Prüfer, der zwei Häuser weiter wohnt und „fast“ mein Schwager ist, schrieb vor einiger Zeit einen Artikel in der Neon. Es war nicht irgendein x-beliebiger Artikel, sondern gewissermaßen sein ComingOut. Nicht als Schwuler, sondern als jemand, der sich verliebt hat. In eine kambotschanische Prostituierte mit HIV. Ich kannte ihn damals noch nicht, las den Artikel, dachte „kraß“ oder irgendsowas in der Richtung und blätterte weiter. Sehr wahrscheinlich hätte ich das gerade erschienene Buch auch nicht gelesen, hätte ich nicht zwischenzeitlich seine Schwester kennengelernt. Der Klappentext klingt einfach zu sehr nach Frauenroman. Dabei ist das Buch genau das nicht. Es enthält keine leicht lesbare Romantik. Es enthält Leben. Uberlebenskampf. Gedanken. Verzweiflung. Und auch viel Hoffnung.

Vor allem enthält das Buch zwischen den Zeilen sehr viele Gedanken über Verantwortung. In einer westlichen Welt Beziehungsprobleme nicht mit Trennung zu lösen, sondern damit, daß man sich diesen Problemen stellt, ist ja ein wenig aus der Mode gekommen. Doch genau das tat und tut Benjamin. Er ließ das Mädel nicht allein in Kambotscha zurück, flog nicht nach Hause und vergaß sie. Er stellte sich diesem Gefühl, der Verantwortung, der Liebe. Über die Zeit des ersten Kennenlernens bis zum ersten gemeinsamen Flug nach Deutschland handelt das Buch und es ist hervorragend zu lesen. Weil es in toller Sprache und wirklich ehrlich geschrieben ist. Weil es nichts beschönt und nichts vereinfacht. Und weil es anregt, über seine eigenen Standpunkte nachzudenken. Über seine eigene Abgestumpftheit, Faulheit.

Als ich Sreykeo und Benjamin in den letzten Monaten kennenlernte dachte ich im Stillen, daß ich den Zweien nicht allzulange gebe. Nicht wegen der Krankheit, sondern wegen des unterschiedlichen Intellekts. Nachdem ich nun das Buch las weiß ich, daß das bornierte Gedanken waren, daß es eine viel tiefere Verbindung zwischen ihnen gibt und vor allem, daß ich Benjamin maßlos unterschätzte. Da muß ich mich verschämt verneigen.

Und so kann ich Euch nur empfehlen: besorgt Euch das Buch, lest es und vor allem: laßt es an Euch heran. Wie es den beiden aktuell geht, könnt Ihr hier lesen; mittlerweile gibt es auch Möbel in der Wohnung ;-)

Zum Schluß möchte ich gewissermaßen als Leseprobe die letzte halbe Seite des Buches zitieren. Beide sitzen nach über drei Jahren zum ersten Mal gemeinsam im Flugzeug nach Deutschland, sie sind verheiratet, Sreykeo hat ein Visum.

Menschen denken in Geschichten. Jede Biographie vergleichen wir mit einem Film oder einem Buch, und dann kleben wir ein vorgefertigtes Etikett darauf und glauben, wir hätten sie begriffen. Für viele tragen Sreykeo und ich das Etikett „tragische, verzweifelte Liebe“; Geschichten, in denen die Abkürzung HIV vorkommt, können nur tragisch enden. Junge lernt ein Mädchen kennen. Sie hat AIDS. Sie leben glücklich bis ans Ende ihrer Tage. Der Film ist aus. So was will doch keiner sehen. Das ist doch ein Scheißfilm.

Es scheint manchen Menschen, daß wir gegen ein ehernes Gesetz der Neuzeit verstoßen, weil wir uns weigern, uns auf Sreykeos baldigen Tod vorzubereiten. Es macht sie geradezu wütend, daß wir nicht vorhaben, ein Leben unter tragischen Vorzeichen zu führen und unser Unglück zu beklagen.

Sreykeo entdeckt gerade etwas Weißes an unserem Fenster. Sie hält es zuerst für Insekten. „No, that’s ice !“, sage ich zu ihr. Sie schaut mich an, als hätte ich den Verstand verloren. Sie kennt Eis bisher nur in Würfelform. Na, die wird sich wundern.

Ich glaube, da unten warten eine ganze Menge Menschen darauf, daß unsere Geschichte das zu erwartende traurige Ende nimmt. Aber den Gefallen tun wir ihnen nicht.

Sollen sie warten.

Videodreh

Heute sind wir mit der ganzen Roger – Truppe in Berlin, um die Videos zur neuen CD zu drehen. Es gibt wirklich gelungene Texte über Abschied, Listen & Experimente und Musik, bei der schon der nächste Hit ganz deutlich zu hören ist. Leider kann ich Euch hier keine Photos und Detailgeschichten vom Dreh präsentieren, weil so Musikvideos bis zum Veröffentlichungstermin natürlich absolute Geheimsache sind und es Sperrfristen gibt. Vielleicht schiebe ich später was nach.

Mövenpick Hotel Berlin

Mein Zimmer im Mövenpick Hotel Berlin beim Potsdamer Platz; Bild größerklickbar

Für die Zeit des Videodrehs wohne ich im Mövenpick Hotel am Potsdamer Platz, einem recht zentral gelegenen Viersternehaus. Das Zimmer gefällt mir mit seinen massiven Stabholzmöbeln sehr, es ist hell & freundlich und hat vor allem einen großen Schreibtisch; das finde ich schon mal gut. Daß im Bad die Dusche eine Fläche mit dem Fußboden bildet, mag zwar toll aussehen, hat aber zur Folge, daß nach dem Duschen der Boden des ganzen Bads naß ist; das finde ich nicht so gut. Äußerst schade für ein Haus in dieser Kategorie finde ich, daß die Temperatur des Wassers beim Duschen stark schwankt und man zwischen einkalt und brühend heiß hin und her gerissen ist. Hm.

Das ganze Drumherum ist dann wieder so, wie man’s erwarten würde und das Personal angenehm. Sehr freundlich, aber nicht zu aufgesetzt. Außerdem war es kein Problem, daß ich hier mit meinem LKW parke, was für Citylagen nicht selbstverständlich ist.

Tempodrom

Tempodrom

Zugegeben: diese in Beton gegossene Zeltform des Tempodroms gefällt mir immer wieder sehr gut. Aber es ist auch ein Zeichen absolut verfehlter Kulturpolitik; wenn man die Geschichte hinter dem Namen Tempodrom kennt, kommen einem immer wieder die Tränen. Ich komm‘ nur drauf, weil ich gerade direkt um die Ecke wohne.

von Trier nach Berlin

Wenn die örtlichen Helfer gut sind, dann kommt man auch schnell weg und so waren wir schon um 24:00 Uhr auf der Straße. Auf dem Weg nach Berlin, wo in den nächsten Tagen das neue Video von Roger gedreht werden wird, wollten wir noch kurz etwas Warmes essen und hielten deshalb zwischen Trier und Koblenz an der Autobahnraststätte Eifel (Ost). Den Pokal für die serviceunwilligste Raststätte 2007 möchten wir feierlich an dieses … Etablissement … verleihen. Es gab nichts Warmes zu essen, keinen Kaffee und statt dessen eine äußerst unfreundliche Bedienung, die uns am liebsten direkt wieder rausgeschmissen hätte, weil wir ja was von ihm wollten. Iihhhh, Kundschaft. Ich erinnere mich, daß ich vor zwei Jahren genau dort Ähnliches erlebte und empfehle die konsequente Meidung der Raststätte.

Dann möchte ich hiermit zur Initiative „Aufbau West“ aufrufen. Die Autobahn nach Koblenz haben noch die Römer gepflastert. An Schlaf ist im Nightliner auf dieser Strecke jedenfalls absolut nicht zu denken, es ist schlimmer als Seinerzeit rund um Dresden oder Leipzig. Tourkollegen wissen, was ich meine. Alte, völlig verrutschte Betonplatten. Wenn ich mir überlege, was der Bund alles an Steuern rund ums Auto einnimmt, da muß sowas drin sein.

Grenzübergang Helmstedt / Marienborn; Bild größerklickbar

Später, nach dem Wiederaufstehen also, kamen wir am innerdeutschen Grenzübergang Helmstedt vorbei. Für mich als Westler heißt der so und ich kann mich noch an meine Erlebnisse dort erinnern. Ich finde es interessant, wie das Wort „Helmstedt“ zu einem Generationstest geworden ist. Menschen meines Alters (und älter) zucken zusammen und denken an dieses Ziehen im Arsch, wenn man da vorfuhr. Jüngere zucken mit den Schultern und haben davon noch nie gehört. Heute lernte ich an den unter Denkmalschutz stehenden Abfertigungsanlagen, daß Helmstedt der westdeutsche Teil hieß, der ostdeutsche Ort des Grauens aber Marienborn. Wer an der A2 auf dem Weg von Hannover nach Berlin mal dran vorbeikommt, sollte anhalten; die Anlage ist heute ein Museum.

Soweit verlief die Reise dann auch ganz gut; jedenfalls bis wir in Berlin waren. Dort sollte ich bei Europcar einen 7,5 – Tonner Kastenwagen mit Ladelift und vier LoadingBars oder Spanngurten bekommen. So war es bestellt, so war es schriftlich bestätigt. Was leider nicht hieß, daß das so auch eintrifft. Ich konnte zwischen einem 7,5 – Tonner Pritsche/Plane/Spriegel, oder einem 4,5 – Tonner Kasten wählen. Und das, was ich da nach längerer Diskussion als Spanngurt mitbekam, war eher die billige Baumarktware, als zuverlässiges Material. Das geht besser.

Römischer Swing

Amphitheater Trier

Heute spielen wir mit Roger Cicero im Amphitheater Trier und das ist mal eine angemessen schöne Umgebung. Ihr seht oben den Eingang, heute Abend natürlich auch ohne Gabelstapler im Weg, dafür aber geschmackvoll beleuchtet.

Amphitheater Trier; Bild größerklickbar

Das Amphitheater liegt wunderschön zwischen Weinbergen und als ich aus dem Nightliner fiel, machte ich natürlich erst mal einen kleinen touristischen Rundgang. Anders als beispielsweise in Xanten wurde hier das Theaterrund nicht wieder aufgebaut, allerdings ist das Kellergewölbe unterhalb der Spielfläche wieder rekonstruiert. Wie immer sind die Panoramaphotos größerklickbar.

Amphitheater Trier; Bild größerklickbar

Da das Bauwerk nicht mehr komplett ist, findet die Veranstaltung innerhalb der Spielfläche statt; die ehemaligen Publikumsränge bleiben ungenutzt und bilden Kulisse. Wir werden hier heute eine teilbestuhlte Veranstaltung haben; 800 Sitzplätze auf den blauen Rängen und ansonsten 1.800 stehende Leute, was bestimmt eine tolle Stimmung geben wird. Jetzt muß nur noch das Wetter halten und alles wird gut.

Unterkonstruktion des Amphitheaters in Trier; Bild größerklickbar

Für Euch war ich auch mal in der Unterkonstruktion des Innenraums. Hier gab es früher Ställe für Raubtiere, Kulissenlager und ähnliches, das mit einem Liftsystem hoch zur Spielfläche gefahren werden konnte. Die Metallstützen sind übrigens extra für’s Konzert eingebaut worden, damit die Decke auch hält, wenn das Publikum als Gruppe hüpft. Normalerweise stehen die nicht dort und die Holzdecke wird allein durch die Holzträger gehalten.

abgedeckter Kontrabaß

Dieses Bild sagt eigentlich schon alles über den Tag ab Soundcheck: es regnete. Teilweise so viel und mit so viel Wind, daß wirklich alles naß wurde. Auch wenn wir daran ja schon fast gewöhnt sind macht es jedes Mal einfach für mich weniger Spaß, wenn ich naß werde.

Roger Cicero im Amphitheater Trier

Zwischendurch hörte es auch mal auf und so konnte ich auch vor die Bühne, um ein paar Photos zu schießen. Leider waren diese Momente nur recht kurz.

Roger Cicero im Amphitheater Trier

Normalerweise läuft Roger bei „Du willst es doch auch“ durch’s Publikum und sucht sich ein paar Mädels aus, die er dann davon zu überzeugen versucht, daß sie Freejazz – Platten und Boxen um 04:00 Uhr auch ganz toll finden. Das machte er heute lieber von der Bühne aus. Aber bei „Kompromisse“ zog er und die Band dann doch quer durch’s Publikum. Und natürlich führte ihn sein Weg auch durch die Katakomben. Schon aus Spaß heraus.

Roger Cicero im Amphitheater Trier; Bild größerklickbar

Wenn man sich dieses Bild mal größerklickt kann man sehr schön sehen, wie sehr es beim Konzert teilweise schüttete. Interessant ist immer wieder, daß das Publikum nicht nur stoisch ausharrt, sondern tatsächlich feiert. Das finde ich jedes Mal wirklich bewundernswert.

beleuchteter Durchgang im Amphitheater Trier

Wenn man dann aber so schön mit Kerzen und Lampen beleuchtete Durchgänge im Hinterbühnenbereich sieht, dann kann man den Regen fast schon wieder ertragen. Dem örtlichen Team möchte ich an dieser Stelle besonders danken: alle sehr nett, sehr bemüht und das Catering war extrem lecker. Ich komme im Dezember mit Annett gerne wieder.

winken

Winker auf der Elbe

Hamburg ist ja nicht nur eine schöne, sondern auch eine sehr freundliche Stadt. Daß alle Schiffe feierlich an der Hafeneinfahrt (Willkomm – Höft) mit Nationalhymne und Flagge des Heimathafens begrüßt werden, weiß man ja schon seit 1952. Seit ein paar Jahren gibt es außerdem den Winker, den Ihr hier auf dem Bild seht. So lange es tagsüber hell und nicht allzu stürmisch ist, steht er einsam auf einem kleinen Floß und winkt allen hereinkommenden Schiffen zu. Und weil es eine große Ehre ist, dort zu stehen, reißen sich die Mitarbeiter der Strom- und Hafenbaugesellschaft darum, Schichten übernehmen zu dürfen.

Julia Schilinski in der Esskultur

Julia Schilinski in der Esskultur Hamburg

Wie angekündigt gab es am Donnerstag Abend die Gelegenheit, Julia Schilinski live zu erleben. Ehrlicherweise gefiel mir die gewählte Location, das Restaurant Esskultur in Hamburg, nicht so richtig. Zwar ist es toll und lobenswert, wenn so ein Haus Künstler einläd und damit fördert, aber von der Atmosphäre her bleibt es eben doch ein Restaurant. Ich hätte mir beispielsweise dunkleres Licht im Publikumsbereich gewünscht; wesentliche Teile des Publikums saßen auch an ganz normalen Tischen, hatten gerade gespeist, da ist man dann ja gemütlich verdauungsmüde und nicht gerade in Konzertstimmung. So kam es, daß ich die erste Hälfte des Konzerts nicht richtig mitreißend fand. Schade eigentlich.

Julia Schilinski in der Esskultur Hamburg

Die zweite Hälfte war dann deutlich besser. Alle Beteiligten hatten sich aneinander und an die Situation gewöhnt, vielleicht war auch der Spannungsbogen der Setliste noch etwas besser, jedenfalls war diese Hälfte das, was ich von Julia normalerweise gewohnt bin: ein in jeder Beziehung hoher Genuß, der mich schon auf weitere Abende in einer dann vielleicht etwas konzertfreundlicheren Umgebung freuen läßt.