Ab ins Grüne

Wenn das Wetter so bescheiden ist wie in den letzten Tagen, dann kann man die Zeit die man zuhause sitzt sehr gut dazu nutzen, um sich zu überlegen wo man denn bei gutem Wetter hinfahren möchte. Allen die rund um Hamburg wohnen kann ich dazu das Buch Ab ins Grüne empfehlen. Dieser Tourenplaner beinhaltet 70 Tagestouren mit Rad oder zu Fuß, die man von Hamburg aus ganz einfach erreichen kann; das tolle daran: sie sind auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen, was gerade für Radtouren natürlich praktisch ist.

Hier erfährt man, daß man nach Bad Segeberg nicht nur wegen der berühmten Karl May – Festspiele, sondern auch wegen des schönen Staatsforsts mit Hügelgräbern aus der Bronzezeit fahren kann, daß es bei Glinde einen Radweg gibt, der beim Rückbau einer Bahnstrecke entstand und daß man für eine Radtour entlang von Mühlen nicht nach Holland fahren braucht, sondern sich einfach rund um Stade bewegt. Ihr seht, es ist ein Buch, das in keinem Hamburger Haushalt fehlen darf.

Die Serie „Ab ins Grüne“ gibt es nicht nur für Hamburg, sondern auch für Berlin, Hannover, Ruhrgebiet/Düsseldorf, Bremen, Leipzig/Halle und Köln/Bonn. Eine ältere Berliner Ausgabe hatte ich zu Zeiten, in denen ich in der Stadt wohnte und war auch damit sehr zufrieden.

Sherlock

Copyright: BBC

Sonntag ist Tatort – Tag. Das ist irgendwie seit Jahrzehnten Tradition. Tatsächlich nerven mich in den letzten Jahren die oft so unglaublich an den Haaren herbeigezogenen Plots mit Moralbeilage. Heute war die ARD allerdings wirklich mutig, ließ sie doch einen Kölner Tatort im direkten Vergleich zum danach laufenden Sherlock Holmes der 2010er BBC – Verfilmung laufen. Jesus !  Was für ein Unterschied !

Man kann nun auch nicht sagen, daß der englische Plot minder an den Haaren herbeigezogen sei, als bei Kollegen Ballauf & Schenk, aber die Umsetzung …… mir fehlen tatsächlich die angemessenen Worte, um den Unterschied in der Umsetzung zu beschreiben. Der BBC gelang es so unglaublich unverschämt gut, die angestaubte Figur des Sherlock Holmes in die Jetztzeit zu übertragen, daß es großen, großen Spaß macht, diese hochironische Verfilmung zu sehen. Wo der Tatort soziale Probleme behandeln will, um Authentizität zu zeigen, scheißt die BBC einfach auf Authentizität und bringt statt dessen Sarkasmus, schwarzen Humor und achtet peinlich genau darauf, bloß nicht politisch korrekt zu sein. In meinen Augen ist es gelungen, einen tollen Krimi zu drehen, der eben nur Krimi sein möchte und nicht nebenher noch die Welt verbessern.

An den nächsten zwei Sonntagen sind weitere Folgen zu sehen, in England kommt die nächste Staffel im Herbst ins Fernsehen und ich hoffe stark, daß die ARD – Oberen ein weiteres mal den Mut haben werden, ihre eigenen Produktionen gegen Sherlock so farblos aussehen zu lassen. Daß man sich an dieser Produktion ein Vorbild nimmt, wage ich erst gar nicht zu hoffen.

Ich gebe 10 von 10 möglichen Punkten und zurück in die Funkhäuser.

Spiral Feathers im MBC

Heute Abend war ich im Hamburger Mobile Blues Club; ein großer Name für eine kleine und sehr schöne Idee: die Inhaber haben einfach einen ganz normalen Trailer (also einen großen LKW – Anhänger) als kleinen Club umgebaut. Der Dancefloor (also der Bereich, der auf der Zugmaschine aufliegt) ist die Bühne, der Rest Publikumsbereich. Vor dem MBC kann man bei trockenem Wetter außerdem sehr gemütlich sitzen, wie Ihr oben sehen könnt.

Zu sehen und vor allem hören gab es heute das Trio Spiral Feathers aus Berlin, das sehr schön arrangierte, im Wesentlichen selbstgeschriebene Musik spiele, die ich mal ganz grob in den Folk – Bereich verorten würde. Leider gibt es bisher keine MySpace – Seite; auch bei YouTube habe ich nichts gefunden, sodaß Ihr Euch beizeiten die Truppe selbst anhören müßt.

Bei Multiinstrumentalistin Johanna (Querflöte, Bluesharp, Cello und Gesang) entdeckte ich außerdem eine echte Besonderheit: ein Cello mit Bundstegen. Das hätte mir vor vielen, vielen, vielen Jahren mal das Leben einfacher gemacht. Johanna spielt normalerweise natürlich auch ein „richtiges“ Cello, ihres hat aber leider zur Zeit einen kapitalen Transportschaden und so lieh sie sich eines, das eben nun mit Bünden ist.

Hier seht Ihr einen „Überblick“ im MBC. Es ist schon ein wenig wie ein kleines Konzert zuhause im Wohnzimmer. Sehr intim. Und den etwa anwesenden 15 Zuschauern hat’s auch gut gefallen.

Nachtrag 21:07.2011: es gibt ein einziges YouTube – Video, das Ihr hier sehen könnt.

Sicherheit in der Veranstaltungstechnik

Nachdem ich vor Kurzem hier schon ein Buch zur Versammlungsstättenverordnung vorstellte, möchte ich heute den Bogen noch etwas weiter spannen und Euch ein weiteres recht umfassendes Buch zur rechtlichen Situation in der Veranstaltungstechnik zeigen. Das Buch „Sicherheit in der Veranstaltungstechnik“ behandelt alle für uns relevanten Gesetze und kommentiert sie kurz und präzise. Außerdem stellt das Buch im ersten Teil sehr ausführliche Tabellen als Checklisten zur Gefährdungsanalyse zur Verfügung, auch als PDF auf CD.

Streng genommen ist es so, daß wir nach der aktuellen Gesetzeslage vor jeder Veranstaltung eine schriftliche Gefährdungsanalyse erstellen müssen. Das mache zumindest ich ehrlicherweise nicht immer. Nur wenn es frickelig wird, setze ich mich hin und schreibe mir auf, worauf wir besonders achten sollten. Das im Buch zur Verfügung gestellte Formblattverfahren zum Ankreuzen ist eine tolle Hilfe, um diese Analyse und damit Selbstkontrolle viel häufiger anzuwenden — zur eigenen Sicherheit. Etwas schade finde ich, daß die Formulare auf der CD nur als PDF (und nicht als für die eigenen Zwecke editierbare RTF) und als nur eine große Datei vorliegen. Anders wäre es cooler gewesen, auch wenn es natürlich Konvertierungsprogramme gibt, die das PDF in eine Word – Datei wandeln.

Das Buch geht an den entsprechenden Stellen auf die sich wandelnde Situation mit den berufsgenossenschaftlichen Verordnungen ein und zeigt schon die neuen Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS), die die BGVs ja mal ersetzen sollen.

Sehr deutlich wird darauf aufmerksam gemacht, daß das in unserer Branche noch sehr verbreitete Denken, Arbeitszeitvorschriften seien nur etwas für angestellte Schlaffis, juristisch deutlich nicht mehr haltbar ist. Alle relevanten Vorschriften gelten mittlerweile nicht nur für Angestellte, sondern für Beschäftigte, sodaß auch Freelancer unter die Fürsorgepflicht des Auftraggebers fallen.

Das Buch Sicherheit in der Veranstaltungstechnik ist ein mächtiges Werk, das sich hervorragend als Nachschlagewerk auf dem Schreibtisch eignet …… und auch als Geschenk für den ein oder anderen Agenturkunden, der meint, daß echte Männer auch locker 36h – Schichten fahren können. Man wird vielleicht erstmal beim Preis von 72,00€ schlucken, ich finde das Buch aber so gut, daß ich es trotzdem wärmstens empfehle.

Chris Thompson bei den Harley Days

Dieses Wochenende finden in Hamburg mal wieder die Harley Days statt, ein großes Treffen der Harley Biker. Zufällig fällt das auch noch mit dem ebenfalls traditionellen Motorradgottesdienst am Sonntag zusammen, sodaß es zur Zeit in der Stadt nur so von Motorrädern wimmelt. Das Veranstaltungsgelände ist der große Parkplatz rund um den Großmarkt. Das ist ziemlich zentral, aber auf der anderen Seite so weit von Wohnhäusern entfernt, daß man es dort auch mal krachen lassen kann — motorisch und musikalisch.

Topact auf der Bühne war gestern Abend Chris Thompson, die Stimme der Manfred Mann’s Earth Band. Der hatte eine Menge Hits und eine absolut sauber spielende Band im Gepäck, allerdings …… kam bei mir trotz oder gerade wegen der absoluten Präzision, die die Kapelle da ablieferte, das Gefühl auf, daß Thompson den ein oder anderen Song in seinem Leben schon einfach zu häufig gesungen hat. Der Groove war gut und trotzdem wollte der Funken bei mir nicht richtig überspringen.

Tatsächlich mußte ich feststellen, daß bei meiner Art zu photographieren Tageslichtopenairs gar nicht so einfach abzulichten sind. Mir fehlen Stimmungen und Lichter, die man sonst so schön in die Bilder einbauen kann. Auf der anderen Seite war es auch mal angenehm, bei einem unbestuhlten Konzert frei vor der Bühne herumlaufen zu können. Normalerweise arbeite ich ja eher bei der bestuhlten Fraktion, da ist es nicht so angesagt, vorne herumzurennen.

Interessant für mich zu sehen war die Reaktion des Publikums auch Thompson: die ersten Reihen feierten die Musik und gingen mit, recht bald war die Band aber Unterhaltung zur Unterhaltung. Man stand zusammen, klönte und ließ sich dazu mit gutgemachter Musik beschallen. Von daher waren doch alle gut bedient.

Copyright: concert – views

Nebenher entstand auch dieses Photo von mir, das mich an der Bühne zeigt. CV zog mich einfach mit den den Graben, vorbei an einem unfaßbar lustig übertrainierten Secu. Danke dafür und fürs Bild.

Mittler zwischen Hirn und Händen muß das Herz sein

Copyright: UfA

Der Film Metropolis ist ja eine Legende; wenn von ihm die Rede ist, wird geraunt. Erstaunlich wenige haben den Film dann aber tatsächlich gesehen, die meisten kennen nur Photos, wie das hier oben abgebildete. Ich hatte nun heute die Gelegenheit, die restaurierte Fassung von 2010 zu sehen. Ein 145minütiges Mammutwerk, in dem zur Originalfassung aber immer noch gut sieben verschollene Minuten Filmmaterial fehlen und das in diesen Tagen in einigen Kinos gezeigt wird.

Wenn man mal beiseiteläßt, daß die Schauspieler in dem Film so unglaublich übertrieben spielen — das war zu Stummfilmzeiten halt so üblich, damit man die Botschaft transportiert bekam —, dann ist Metropolis schon ein wirklich gigantisches und geniales Werk. Die Ausstattung und die Sorgfalt, mit der Modellbau betrieben wurde, sucht nicht nur für die Zeit des Entstehens (Mitte der 20er Jahre) seinesgleichen. Die Bilder sind schon alle sehr durchgestylt, sie haben einen architektonisch – ästhetischen Guß, der gerade in der Welt der Arbeiter sicher vom damals entstehenden Bauhaus geprägt war. Ich fand es äußerst interessant, wie „modern“ der Film in manchen Einstellungen daherkommt, für 1925/26 war er sicher sensationell. Die Ideen und die Ästhetik des Films, der zum Start 1927 in den Kinos grandios floppte, waren so bahnbrechend, daß sie bis in unsere heutige Zeit für andere Werke „ausgeliehen“ werden.

Copyright: UfA

Jetzt mal ganz ehrlich: wenn man diesen Maschinenmensch sieht, dann ist er doch gar nicht so weit weg von Designs, die wir auch heute noch als modern akzeptieren würden. Die Konstruktion war übrigens damals aus Holz und soll ziemlich schwer gewesen sein. Denn natürlich steckte da ein Mensch drunter; die Kombination aus Zeichentrick und Realfilm war damals ja noch nicht möglich. Trotzdem nutzte Lang für die damalige Zeit hochmoderne Filmtechniken, um die „Special Effects“ so hinzubekommen, wie er sie sich vorstellte. Es wurden Filme mehrfach belichtet, mehrere fertig belichtete Filme wurden übereinandergelegt und zu einem neuen Film belichtet, teilweise wurden Lichteffekte nachträglich bei der Entwicklung eingefügt. Für die ganz oben gezeigte Stadtszene wurde in Stop-Motion – Technik gearbeitet. Es wurde also ein Bild belichtet, dann die Modellautos einen Millimeter weiterbewegt, dann wieder ein Bild gemacht, etc.. Für zehn Sekunden Film wurde über eine Woche gedreht. Insgesamt gab es an 310 Tagen und 60 Nächten Dreharbeiten, ein Drehtag hatte in der Regel 14 Stunden, dabei entstanden auf 600km Film etwa 350 Stunden Rohmaterial.

Neben aller modernen Ästhetik, neben allem Vorbild für ganze Generationen von Science Fiction – Filmen, hat der Film aber auch durchaus eine ganz handfeste Botschaft, die an manchen Stellen für unseren jetzigen Geschmack vielleicht etwas zu kitschig transportiert wird, aber durchaus auch heute seine Gültigkeit hat: der Klassenkampf zerstört letztlich die Lebensgrundlage der Beteiligten; Denker können nicht ohne Arbeiter und Arbeiter nicht ohne Denker leben. Nur ein partnerschaftliches Miteinander aller Klassen kann die Gesellschaft in gemeinsamen Fortschritt führen.

Auch wenn der Film in der jetzigen Version für meinen Geschmack ein paar Längen hat, so ist der Mythos, der der Film umgibt, doch berechtigt. Metropolis ist tatsächlich ein Meilenstein in der Filmgeschichte und ich bin der Meinung, daß man ihn gesehen haben sollte.

Life in a day

Gestern war ich schon wieder im Kino und wieder war es eigentlich kein richtiger Kinofilm, sondern genaugenommen ein Internetfilm. YouTube hatte letzten Sommer dazu aufgerufen, den 24.07. aus der ganz persönlichen Sicht zu filmen. Zusammengekommen sind über 80.000 Beiträge und über 45.000 Stunden Material aus der ganzen Welt. Diese Flut an Bildern wurde nun zu einem Gesamtwerk zusammengeschnitten; von den ersten Frühaufstehern bis zu melancholischen Gedanken vor dem Schlafengehen. Das Ergebnis gefällt mir sehr, weil der Mix stimmt. Die Mischung aus ganz kurz hintereinandergeschnibbelten Passagen und Stücken, an denen längere Ausschnitte fließen. Die Mischung aus hellen, fröhlichen und lebensbejahenden Momenten und traurigen, nachdenklichen. Und weil der Film trotz einiger harter Bilder doch eines nicht aus dem Blick verliert: Das Leben ist schön und Liebe zum Leben und zu den Menschen ist das, was das Leben lebenswert macht.

Life in a day“ ist ein richtiger Film geworden, den man sich im Kino anschauen kann, aber auch auf YouTube ist er zu sehen. Interessanterweise dort aber nicht als typischer YouTube – Film, sondern eher als Fernsehprogramm; er läuft nur zu ganz bestimmten Zeiten. Er ließ mich warm lächelnd aus dem Kino gehen und das ist das Beste, was so ein Film bewirken kann.

Die Nordsee von oben

Copyright: comfilm

Gestern war ich nach langer Zeit mal wieder im Kino (und dabei laufen gerade zur Zeit wirklich ein paar interessante Streifen). Ich sah Die Nordsee von oben, ein Film, der komplett aus dem Helikopter gedreht ist und wunderschöne, manchmal an die Südsee erinnernde Bilder zeigt.

Über 40 Stunden Rohmaterial an Filmen aus dem Helikopter mit modernster Kamera gedreht waren gewissermaßen „Abfallmaterial“ einer ARD – Dokuserie über die Nord- und Ostsee. Filmmaterial von unglaublicher Schönheit, das eigentlich in der Vergessenheit versinken sollte. Und so kamen Silke Schranz und Christian Wüstenberg auf die Idee, der ARD die Nutzungsrechte für dieses Materials abzukaufen. Sie schlossen sich ein, stritten sich tage wochen monatelang, welche Passagen rausgeworfen werden und herausgekommen ist ein wirklich traumschöner Heimatfilm über die deutsche Nordseeküste, an der an manchen Stellen auch sehr klar zeigt, warum wir alles dransetzen sollten, diese Gegend zu erhalten.

Im Film sprechen Bilder, aber es gibt auch sehr norddeutsche Kommentare und Informationen zu dem, was man da sieht …… wobei ich mir vorstellen könnte, daß ein noch etwas längerer Film mit längeren „sprachlosen“ Passagen sicher auch sehr schön gewesen wäre.

Natürlich hat man manche Bilder schon mal so ähnlich im Fernsehen gesehen, aber einen Film konsequent aus der Helikopterperspektive in hervorragender Qualität und dann auf großer Leinwand gezeigt ist doch nochmal etwas ganz, ganz anderes — das ist etwas, das man sich nicht entgehen lassen sollte. Dabei sind wir direkt beim Problem des Films: das ist kein Blockbuster. Der Film wird, wenn er überhaupt gezeigt wird, nicht lange zu sehen sein. Darum solltet Ihr auf der Homepage des Films nachschauen, wo er zu sehen ist und die Chance nutzen. Wenn es mehrere Kinos gibt, wählt das mit der größeren Leinwand. Es lohnt sich.

Praxisleitfaden Versammlungsstättenverordnung

Die Versammlungsstättenverordnung gehört ja zum täglichen Brot, wenn man verantwortlich in meinem Beruf arbeitet. In den letzten Jahren rückte sie mehr und mehr in den Focus, nachdem sie früher zwar auch für alle galt, aber in der Praxis doch nur eher im Theaterbereich Anwendung fand. Im Rahmen der Vorbereitungen zur Fußball – WM 2006 gab es sogar fast sowas wie bundeseinheitliche Regelungen, aber leider zerfällt die Situation wieder in Vorschriften der Bundesländer, die nicht immer kompatibel miteinander sein müssen — von der absolut idiotischen Situation im Bundesland Berlin mal ganz zu schweigen. Das macht die Arbeit für tourende Produktionen nicht immer einfach.

Manchmal tut es ganz gut, sich einfach mal hinzusetzen und sich alles noch mal in Ruhe durchzulesen. Im Streß des Alltags vergißt man manchmal etwas, auch ändern sich die Gesetzte. Dafür eignet sich ganz hervorragend der Praxisleitfaden Versammlungsstättenverordnung, in dem der Gesetzestext nicht nur einfach abgedruckt ist, sondern Paragraph für Paragraph durchgegangen, kommentiert und in den Bezug zu anderen Gesetzen gesetzt wird. Gerade das schafft oft den erhellenden Moment. So können die Regelungen der VStättV manchmal gar nicht ausreichend sein, da diese in erster Linie den Schutz der Besucher behandelt. Für Arbeitende können aber gerade diese Besucher auch eine Gefährdung darstellen und so fordert beispielsweise die Arbeitsstättenverordnung Fluchtwege für Mitarbeiter unabhängig von denen der Besucher, weil flüchtendes Volk ein unberechenbares Risiko für Mitarbeiter darstellt; wie wahr.

Auch wird man feststellen, daß ein paar liebgewonnene Dinge der Vergangenheit zukünftig nicht mehr so ohne weiteres funktionieren werden, weil auch die Behörden irgendwann bemerken, daß Vorgaben härter geworden sind. Da ist es hilfreich, sich rechtzeitig darauf einzustellen, um vorbereitet zu sein und dann den Beamten goldene Brücken bauen zu können, anstatt herumzurudern.

Klar, so ein Buch ist kein packender Roman. Trotzdem nahm ich mir den Praxisleitfaden am vergangenen Wochenende am Sylter Strand liegend vor und es war gar nicht sooooo dröge. Ich wurde jedenfalls an ein paar Dinge erinnert und habe auch neue Erkenntnisse gewonnen, was das Arbeiten für mich wieder etwas sicherer machen wird … auch und gerade als Verantwortlicher. Ich kann das Buch also sehr empfehlen.

Light- and Videodesign: twelve points

Copyright: NDR/EBU

Das war er nun, der Eurovision Song Contest. Mal abgesehen davon, daß ich das Ergebnis nicht verstehe, kann man mal festhalten, daß es mal wieder eine absolut überzeugende technische Umsetzung war. State of the Art. Die Kollegen Video und Licht haben die Songs bestmöglich unterstützt, waren oft entscheidende Mitglieder der Band. Gewissermaßen. Ganz, ganz tief gezogenen Hut.

Unabhängig vom Ergebnis möchte ich doch noch mal eben meine Eindrücke festhalten: ich fand die Idee des Openings schon sehr witzig, auch wenn es natürlich kein echtes Opening war, so wie man es aus den vergangenen Jahren kannte. Es war keine Inszenierung losgelöst von den Songs, sondern, nun ja, schon eine Beweihräucherung von Herrn Raab. Aber immerhin eine sehr gut gemachte Beweihräucherung. Auch wirklich schön fand ich die TiltShift – Videos als Einspieler. Das war schon mit Liebe gemacht.

Auch Jan Delay in der Abstimmpause fand ich einen guten Stimmungsbringer. Aber auch da muß man sich fragen, warum man an dieser Stelle einfach nur Jan hat singen lassen, anstatt, wie in den vergangenen Jahren, die Gelegenheit zu einer echten Performance zu nutzen. Ich finde, man hat international gesehen die Chance ein wenig verspielt, nicht nur als technisch perfekter Dienstleister dazustehen (die Shows der letzten Jahre waren ja faktisch auch immer deutsche Produktionen), sondern eben auch künstlerisch Herausragendes abzuliefern.

Sehr gut geschlagen haben sich die Moderatoren. Ehrlicherweise hatte ich nicht damit gerechnet, daß die drei so perfekt abliefern werden.

Nun kurz zu den Länderbeiträgen:

Finnland: tatsächlich finde ich ja Songs, bei denen nur eine Person auf der Bühne steht, bei denen auf das ganze Tänzerbrimborium verzichtet wird, immer sehr gut. Wenn sie es verträgt. Diese Nummer hier fand ich eher langweilig — auch wenn die Erdprojektion schon sehr bewegend ist. Aber ich schrieb ja schon, da die Licht-/Videocrew unglaubliches leistete.

Bosnien und Herzegovina: noch so ein „netter“ Song, der keinem wehtut. Mir fällt schon auf, daß das zu hörende Klavier leider nicht auf der Bühne steht, sondern statt dessen ein Rhodes. Aber wahrscheinlich bin ich zu pingelig.

Dänemark: mir gefällt das klare, weiße Lichtdesign für den Song, auch wenn der Song selbst nicht aus den Hufen kommt. Dafür daß die Jungs wie Rocker aussehen wollen ist das Stück einfach zu hymnisch.

Litauen: eine echte Musical – Schnulz – Nummer. Und wieder wenig Leute auf der Bühne. Für verliebte Pärchen sicher wunderschön.

Ungarn: eine Disko – Abtanz – Nummer, die von Whitney in besseren Jahren sein könnte. Und eine Nummer, die alte ESC – Traditionen aufleben läßt: Windmaschinen und extrem kurze Röcke.

Irland: ein echter Abrocker. Ein Knaller. Für mich einer der Favoriten des Abends.

Schweden: für mich eine langweilige Massenware – Nummer, auch wenn sie schon leicht rockig daherkommt. An der Stelle mal wieder auch ein fettes Lob an die Umbaucrew: in den kurzen Umbauzeiten wird zwischen diesem und dem nächsten Song echt schon eine Menge Material bewegt und außerdem müssen die Glasscherben der Schweden noch entfernt werden. Respekt.

Estland: ein Song, den man zu kennen scheint, so eingängig ist die Melodie. Außerdem ein nettes Mädel. Aber auf der anderen Seite auch trotz des Mittelteils ein Song, der beim Staubsaugen nicht stört. Nicht prägnant.

Griechenland: wieso, bitte wieso kann denn dieser Song so hoch in der Wertung steigen ?!?  Was für eine pathetische Scheiße, gepaart mit mäßigem Rap !  Für meine Ohren eine unfaßbar schlechte Nummer.

Rußland: der Song fängt genau da an, wo die Griechen aufgehört haben: bei Pathos. Der Rest ist bester Bon Jovi – Hausfrauenrock. Na ja. Außerdem verstehe ich ehrlicherweise nicht ganz, wieso die Russen denn bei dieser absolut gigantischen Videowand im Hintergrund noch mal Videoscreens mitbringen müssen.

Frankreich: gewaltiges Video zu gewaltiger Filmmusik. Mir ist’s zu gewaltig.

Italien: eine schöne angejazzte Nummer, bei der man sich das Orchester aus alten Zeiten wieder an den Bühnenrand wünschen würde.

Schweiz: das Stück bekommt katastrophal wenig Punkte; verstehe ich nicht, da gibt es echt einige Songs, die ich deutlich, deutlich schlechter finde. Mich erinnert die Musik an Barcadi – Werbung. Keine sooooo schlechte Assoziation :-)

Großbritannien: Blue … na ja … Boygrouppopmusik von der Jahrtausendwende. Da hat sich nix getan in den letzten zehn Jahren. Außerdem wieder LED auf dem Set. Komisch. Auf den Gedanken würde ich nicht kommen bei der Bühne.

Moldau: Haha, die Nummer gefällt mir !  Geiles Outfit, tolle Partynummer. Genau gar keine ESC – Musik, aber genau deshalb wirklich klasse. Ich stand als Jugendlicher ja auf Ska……

Deutschland: Hm. Also erstmal finde ich das Stück mit seiner kühlen Ausstrahlung schon herausragend unter all den anderen. Auf der anderen Seite schafft es Lena bei weitem nicht, an die Ausstrahlung, an das Leuchten und Brennen des letzten Jahres heranzukommen. Sie brennt nicht. Was ich nach dem ganzen Streß des Jahres gut verstehen kann. Platz 10 ist ein respektables Ergebnis und geht schon klar.

Rumänien: unauffällige Schubidu – Musik die keinem wehtut. Aber mal ganz ehrlich: was machen die beiden Trompetentussen auf der Bühne, wenn eigentlich nur Geigen zu hören sind ?

Österreich: noch mal Whitney … aber ’ne Stimme hat se. Ich selbst hätte ja die Gospeltanten zuhause gelassen; nur sie ganz allein auf der Bühne hätte noch hochwertiger gewirkt. Auch ein Song, der mehr Punkte verdient hätte.

Aserbaidschan: zugegeben: es ist eine Nummer, die gut ins Ohr geht, die man zu kennen glaubt, die eine gute Radiotauglichkeit hat. Und auch sie wurde mit Licht und Pyro hervorragend umgesetzt. Aber Platz eins ?  Hm. Nee … ehrlicherweise nicht.

Slowenien: hohe Stiefel machen es nicht allein. Es ist eine langweilige Nummer.

Island: die Geschichte hinter dem Song ist natürlich herzergreifend, der Song selbst aber langweilig und harmlos.

Spanien: Mallorca – Trallalla – Musik. Eigentlich genau das, was man schubladenmäßig von Spanien erwarten würde.

Ukraine: da fliegt sie mit ihren Contaganstummelflügelchen. Für mich ein Song zum sofort wieder vergessen. Allein die Sandfrau bleibt in Erinnerung und ich unterstelle mal, daß 2/3 der eingespielten Punkte auf das Konto der Sandbilder gehen.

Serbien: ach Nina … für mich der beste Song. Ja, ich bin ein bißchen verliebt in die Sängerin. Außerdem stehe ich auf diesen 60er Jahre Soul – Pop – Sound, auf die Kleider und auf diese geilen Videos. Gefällt mir sehr. Auch, weil da einfach Begeisterung rüberkommt, weil die Mädels mit Spaß und Ausstrahlung auf der Bühne stehen.

Georgien: Rock ’n‘ Roll !  Ja, die Kostüme sind scheiße, aber die Nummer macht Spaß. Ein schöner Abschluß der Teilnehmer.

Während der ganzen Punktvergabe habe ich mich die ganze Zeit gefragt, warum man eigentlich die Show immer noch zweisprachig (Englisch und Französisch) durchführt. Alle, wirklich alle sprachen Englisch — nur Frankreich und zugegebenermaßen auch Belgien nicht. Bei 43 Ländern also zwei (und Belgien ist ein dreisprachiges Land, da wäre es eh egal). Ich würde Französisch als Showsprache ja kippen.

Es war also eine gigantische Show. Die Idee, mal einfach ein Fußballstadion umzubauen, war schon ein wenig größenwahnsinnig, aber sie hat funktioniert, hat unglaublich perfekt funktioniert. Gut gemacht Jungs & Mädels. Gut gemacht.