Der Drahtlosinterkom – Vergleich

Auf Bühnen sind Interkomsysteme unbedingt notwendig; mit ihnen unterhalten wir uns während der Show. Dabei geht es in erster Linie nicht darum, das Catering oder die schönen Beine einer Tänzerin zu diskutieren (wobei das auch sicher wichtige Themen sind), sondern eben alles miteinander zu besprechen, was für den reibungslosen Ablauf einer Veranstaltung notwendig ist. Mit Funkgeräten macht man das in der Regel nicht so gern, weil da immer nur einer Reden kann und es großes Geknarze gibt, wenn es mehrere Leute gleichzeitig versuchen; außerdem kann man entweder sprechen oder hören, nicht beides gleichzeitig. Interkom – Systeme sollten vollduplex sein, also mehrere Personen sollten gleichzeitig reden und alle sollten alles verstehen können. Meistens werden dazu immer noch kabelgebundene Systeme eingesetzt; im Touringgeschäft hat sich die Zweidraht – Partyline durchgesetzt. Nun ist es aber manchmal ziemlich lästig, wenn man an einem Kabel hängt. Wenn man als Stagemanager ständig herumrennt, dann ist ein Kabel hinderlich. Und ehrlicherweise macht es in den meisten Hallen auch keinen großen Spaß, 100m Kabel bis zur Spotposition zu legen. Da kommen dann Drahtlossysteme ins Spiel, also Vollduplex – Funksysteme, die man ganz einfach an die vorhandene Verkabelung anschließen kann.

Grundsätzlich gibt es zur Zeit vier unterschiedliche Funksysteme, die zur Verfügung stehen:

  • Vollduplexgeräte auf Funkgerätebasis. Leider klingen die auch nach Funkgerät, was bei längeren Shows ziemlich nervig sein kann. Außerdem sind die Frequenzen anmeldepflichtig.
  • Geräte die im UHF – Bereich, also im Bereich unserer Funkmikrophone, funken. Das klingt und funktioniert in der Regel gut, allerdings werden leider die Frequenzen im Rahmen der Digitalen Dividende etwas knapp, so daß man sich dann im Zweifel selbst im Weg ist, weil man für jedes Beltpack eine einzelne Frequenz braucht, plus eine fürs System. Das finden die Tonkollegen in der Regel nicht mehr witzig, von daher halte ich diese Systeme zumindest bei größeren Produktionen für problematisch.
  • Geräte, die im 2,4GHz – Bereich, also auf den W-LAN – Frequenzen, laufen. Auch hier ist die Sprachqualität gut; je nach System gibt es aber kleine Latenzzeiten, was bei Cues problematisch sein kann. Außerdem werden auch hier die Frequenzen knapp, weil mittlerweile viele Systeme auf W-LAN – Basis laufen und in den Hallen ja oft auch Internet angeboten wird. Und dann schotten Wände die Funksignale schon recht schnell ab.
  • ganz neu gibt es auch noch Systeme auf DECT – Basis, die also wie die kabellosen Telephone funktionieren. Frequenzen sind hier (zumindest zur Zeit und absehbar) kein Problem, außerdem lassen sich systembedingt ohne weiteres mehrere Sendeantennen aufhängen, sodaß man auch größere Gebiete und mehrstöckige Gebäude damit versorgen kann.

Vor etwa sieben Jahren kaufte ich mir persönlich ein immer noch erhältliches ASL WS – System, das auf 2,4GHz – Basis funktioniert und war damit die ersten drei Jahre auch wirklich sehr zufrieden. Es funktionierte ohne große Einstellerei hervorragend und wenn man an die Basisstation eine etwas kräftigere Antenne aus dem W-LAN – Bereich anschloß, dann kam man in der Regel auch in den Garderobengängen noch gut zurecht. Theoretisch können mit diesem System bis zu acht Beltpacks vollduplex betrieben werden. In der Praxis hatte ich in letzter Zeit oft schon ein Problem, überhaupt eine Strecke störungsfrei hinzubekommen. In vielen Hallen gibt es mehrere W-LAN – Systeme und dann kommen ja auch noch die Tonkollegen mit ihrem Funk für Controller und Pultfernsteuerungen, da war es dann für das recht starre ASL – Funksystem oft unmöglich, eine vernünftige Verbindung hinzubekommen.

Seit einiger Zeit bietet Clear-Com nun das Tempest – System an. Das läuft auch auf 2,4GHz – Basis und dementsprechend skeptisch war ich, als es mir vorgestellt wurde. Jens Stellmacher und Frank Lemmert vom deutschen Shure – Vertrieb waren so überzeugt von diesem System, daß sie mir anboten, es kostenlos ausgiebig zu testen und so kam es, daß wir während der kompletten Gregorian – Tour ein System mit fünf Beltpacks mit dabei hatten. An dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön an Jens & Frank dafür.

Anders als bei ASL gibt es keine festen Funkfrequenzen, die man hardwaremäßig einstellen muß; Tempest scannt beim Einschalten den kompletten Frequenzbereich und sucht sich Lücken. Das funktioniert sehr schnell und vor allem sehr zuverlässig, sodaß auch in Hallen, in denen mit dem ASL – System selbst bei Rumprobiererei keine stabile Verbindung aufgebaut werden konnte, mit Tempest alle fünf Beltpacks störungslos liefen. Wir hatten auf der ganzen Tour nur eine Halle, in der zwischen Soundcheck und Show wohl noch irgendwas in der Funksituation geändert wurde; jedenfalls war zu Showbeginn der Empfang schlecht. Nur die Basisstation mußte resettet werden, dann scannt sie den Frequenzbereich neu und nach gestoppten acht Sekunden waren alle fünf Beltpacks wieder störungsfrei online. Das ist spitze.

Über die Tempest – Basisstation können die Beltpacks auch zentral programmiert werden. Man kann Namen und Berechtigungen vergeben (so ist es möglich, einen der beiden Kanäle zu sperren, oder nur Berechtigungen zum Hören, nicht aber zum Sprechen zu vergeben), auch eine Mindestlautstärke der Kopfhörer kann vorgegeben werden, so daß der Nutzer den Ton nie ganz wegdrehen kann. Mikros können zentral abgeschaltet werden, wenn das mal jemand vergessen hat. Die Beltpacks haben neben dem oft störenden Piepsrufton auch einen Vibrationsalarm; beide lassen sich zentral programmieren. Damit man an der Basisstation sich nicht durch Menüs fummeln muß, um die Anlage zu programmieren, gibt es auch eine Software dazu, sodaß das komplette Setup auch sehr komfortabel per Ethernet vom PC aus erledigt werden kann, was auch bedeutet, daß man die Stationen in ein Netzwerk einbinden und die Einstellungen zentral von einem beliebigen Platz aus vornehmen kann. Das alles hört sich komplizierter an als es ist; die Programmierung ist optional und bietet nur zusätzliche Möglichkeiten. Selbstverständlich gibt es auch einen Plug ’n‘ Play – Mode, bei der man die Beltpacks nur einmal an der Basisstation anmelden muß.

Bei ASL war systembedingt bei acht Vollduplexstrecken, also bei zwei Vierer- oder vier Zweiter – Basisstationen, auch im Idealfall Schluß (es können aber mehr Semiduplexstrecken eingesetzt werden). Bei Clear-Com können pro Basisstation fünf Beltpacks im Vollduplexmodus, oder vier Vollduplex- und unbegrenzt viele semiduplex – Beltpacks genutzt werden; es können dann aber nur fünf Packs gleichzeitig sprechen. Wie viele Tempest – Basisstationen parallel betrieben werden können, konnte ich nicht nicht ausprobieren. Da aber auch unter sehr schwierigen Funkbedingungen, bei der das WS – System gar nicht mehr einsetzbar war, noch problemlos fünf Beltpacks liefen, rechne ich damit, daß sich einige Tempest – Basisstationen parallel betreiben lassen; Clear-Com spricht von bis zu zehn Basisstationen. Wie viele das tatsächlich sind, hängt sicher von den örtlichen Gegebenheiten ab. Auf der anderen Seite muß man mal ganz ehrlich sein: ich glaube, daß es bei großen Systemen auch von Vorteil sein kann, wenn nicht alle vollduplex sprechen können. Stackt man zwei Tempest – Systeme, so können dann zehn Leute gleichzeitig sprechen, plus noch unendlich viele Leute zuhören (wenn man je Station vier Voll- und dann Semiduplexbeltpacks einsetzt). Das sollte in den meisten Fällen ausreichen.

Während bei ASL die Basisantenne direkt am Gerät, oder zumindest mit einem möglichst kurzen Kabel angeschlossen sein muß, werden Tempest – Basis und Antenne per CAT5 – Kabel miteinander verbunden. Damit können Antenne und Basis laut Clear-Com bis zu 450m auseinanderliegen, was eine optimale Plazierung der Antenne (beispielsweise im Rigg) ermöglicht. Leider sind keine stabilen EtherCON – Stecker möglich, sondern nur normale CAT – Stecker; das ist tatsächlich der einzige Punkt, der mir als verbesserungswürdig aufgefallen ist.

Beide Systeme haben mit einem Akkusatz eine Laufzeit von etwa acht Stunden, das reicht also locker für Soundcheck und Doppelshow. Bei beiden können im Notfall auch Mignon – Batterien eingesetzt werden; da braucht ASL dann sechs, Shure nur drei Stück.

Tempest unterstützt sowohl StageAnnounce, als auch Relais – Kontakte, die von den Beltpacks je nach Programmierung ausgelöst werden können. Außerdem gibt es neben der Zweikanalversion, die wir mit dabei hatten, auch noch eine Vierkanalversion.

Natürlich ist mir klar, daß zwischen Tempest und WS einige Jahre an technologischer Entwicklung liegen, von daher möchte ich die Unterschiede der Systeme gar nicht werten — immerhin war ich mit dem ASL – System ja auch die ersten Jahre sehr zufrieden. Für den jetzigen Zeitpunkt kann ich das ASL – System allerdings nur noch empfehlen, wenn es als Festinstallation in einer Umgebung eingesetzt wird, in der es ganz klare Funkverhältnisse im 2,4GHz – Bereich gibt. Als Toursystem ist es nach meiner Erfahrung nach nicht mehr einsetzbar. Hier empfiehlt sich das Clear-Com Tempest – System, das uns überall (also nicht nur in Deutschland) absolut zufriedenstellte. Bei fünf Beltpacks hatten wir wirklich eine sehr luxuriöse Situation, bei der nicht nur Spotfahrer und Stagemanagement, sondern auch beispielsweise die Lichttechniker drahtlos ausgerüstet werden konnten, was im Servicefall während der Show schon wirklich klasse ist. Mit der Stackbarkeit des Systems sollten auch große Anwendungen realisiertbar sein.

Ich werde mich bemühen, in näherer Zeit auch mal ein DECT – System auszuprobieren; auf der Messe bekam ich ein dementsprechendes Angebot von Riedel. Deren Acrobat – System hört sich ja auch recht vielversprechend an. Sobald ich dazu mehr weiß, lest Ihr es hier.

Ein Gedanke zu „Der Drahtlosinterkom – Vergleich“

  1. Wenn man das so ließt, will man ja eigentlich sofort eins kaufen (wenn nicht schon die Basisstation ~4k€ kosten würde).

    DECT-Systeme arbeiten theoretisch übrigens sehr zuverlässig, die Jungs von eventphone setzen jedes Jahr ein Netz für den Chaos Communication Congress im Berliner BCC auf, das von mehren hundert Teilnehmern benutzt wird und auch außerhalb des Gebäudes noch sehr gut funktioniert – und das mit nicht mehr als 25 Basisstationen. Ich bin auf den nächsten Bericht zu dem Thema gespannt …

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