Der Hamburger Hafen

Von meinem Töchterchen bekam ich dieses Buch hier zum Geburtstag geschenkt. Es erzählt die Geschichte des Hamburger Hafens von einer Urkunde Barbarossas, bei der die Hamburger Kaufleute einfach das Siegel fälschten, um besser damit arbeiten zu können, bis in die siebziger Jahre. Dabei gibt es nicht nur ganz viele wirklich sehr gut ausgewählte Bilder, sondern auch eine Menge Geschichten und eine gute Einführung in die hafentypischen Begriffe und Berufe. Interessant für mich zu sehen ist, daß zwischen 1930 und 1970 sich im Hafen gar nicht so viel tat. Erst mit Einführung des Containers veränderte sich das Hafenbild rasant. Heute gibt es faktisch keinen Stück- und Massengutverkehr mehr, der Hafen hat sich von der Stadt weg verlagert und mit dieser Verlagerung sind weite Teile des früher so typischen Hafenlebens verschwunden.

Das Buch ist weit mehr als eine Zeitreise in Bildern. Es ist eine gut geschriebene Geschichte über das Leben in Hamburg. Bilder, Texte und Graphiken sind toll zusammengestellt und machen das frühere Leben wieder lebendig.

Ich lebe noch

Auch ein Geschenk war Gunter Gerlachs „Ich lebe noch, es geht mir gut„, ein etwas überdrehter Krimi ohne Kommissar aus dem Hamburger Schanzenviertel, also direkt bei mir um die Ecke. Ein erfolgloser Buchautor, der sich durch Einbrüche über Wasser hält und unter deutlichem Verfolgungswahn leidet, wird von seinen neuen Nachbarn nicht für einen Kriminellen, sondern für einen Kriminalen gehalten, verliebt sich unsterblich in eine Bankräuberin, die im Untergrund lebt und stolpert nebenher noch über eine Leiche und eine angebliche Enführung. Das ist doch mal ein Plot, oder ?

Was sich erst mal etwas verwirrend anhört ist es im Buch auch, das aber eben so gut gemacht, daß ich die Geschichte in einem Rutsch durchlas. Ja, auch am Ende schüttelte ich etwas den Kopf ob des Chaos‘ in Jakob Vogelwarts Leben, aber ich tat es gut unterhalten. Und das ist ja die Hauptsache. Also: lesenswert.

Maria !

Ich habe in den letzten Wochen einen ganzen Stapel an Büchern geschenkt bekommen & gekauft und natürlich will ich sie Euch hier auch vorstellen, denn sie sind alle lesenswert. Also mal los: Jan Weilers „Maria, ihm schmeckt’s nicht !“ ist ja so neu nicht. Ich las das Buch schon mal vor gut drei Jahren, aber nun bekam ich’s geschenkt und da ich es als äußerst angenehm in Erinnerung hatte, las ich es direkt noch mal. Im Buch geht es um die Erlebnisse eines Deutschen, der in eine italienische Familie einheiratet. Da Weiler eben genau dieses Schicksal mit seinem Protagonisten teilt, mag also nicht alles darin erfunden sein.

Nun könnte dieses Buch relativ langweilig sein, wenn es Weiler nicht so unglaublich gut verstünde, alle unsere Vorurteile über das italienische Leben glanzvoll zu überhöhen und zu bedienen. Nichts wird ausgelassen, alles wird bis an die Schmerzgrenze verkitscht … und dann wundervoll und vor allem liebevoll erzählt. Das ist die Kunst des Buchs, daß es trotz allen Kitschs herrlich lesbar bleibt und einem das Herz erwärmt. Keine literaturpreisverdächtige Sache also, aber ein schönes Buch für gemütliche, frohgelaunte Abende bei Chianti und Bruschetta.

Gepäckschein 666

Auch wenn die Zahl 666 in diesem Buch eine bedeutende Rolle spielt, so ist „Gepäckschein 666“ von Alfred Weidenmann doch kein diabolisches Werk, sondern ein weiteres Kinderbuch aus der Serie „Bücher, die ich als Kind liebte und Euch heute dringend empfehlen muß.“ Nachdem die beiden letzten Kinderbücher am Rhein spielten und damit in der Gegend, in der ich aufwuchs, ist in dieser Geschichte Hamburg, der Hamburger Bahnhof und das Hotel Atlantic Handlungsort. Vielleicht mit ein Grund, warum ich mich hier in Hamburg recht bald sehr zuhause fühlte: hatte ich mich doch schon als Kind an diese Stadt gewöhnt :-)

Auch diese Geschichte kann eine gewisse Kästner – Verbundenheit nicht verbergen; Kriminalfälle kann man eben nur als „Bande“ erfolgreich lösen. Auch das Geheimnis um den perfekt geplanten Bankraub direkt gegenüber des Hauptbahnhofs kann nur deshalb ohne größere Schäden gelöst werden, weil die Gruppe der Hamburger Schuhputzerjungs so gut zusammenhält. Nebenbei lernt man, daß arm und reich, schwarz und weiß, deutsch und ausländisch nicht unbedingt etwas über einen Menschen sagt.

Beim Lesen des Buchs in den letzten Tagen dachte ich darüber nach, wie viel moderne Kinder doch missen müssen, weil sie als Einzelkinder so begluckt aufwachsen und wie wenig sie heute selbständig die Welt erobern können. Mir ist natürlich klar, daß solche Bücher idealisiert sind, auch vor vierzig, sechzig oder achzig Jahren war nicht jeden Tag Sonnenschein. Und doch spielen Eltern & Erwachsene in den Leben von Kindern heute eine zu große Rolle, haben Kinder viel zu wenig Möglichkeit, einfach ohne große Kontrolle unter sich zu sein. Dazu kommt, daß Computer & Fernsehen mit vorverdauten Abenteuern Kinder von eigenen Erfahrungen abhält.

Das Buch ist auf jeden Fall lesenswert. Es erzählt von Freundschaft, Vertrauen und Mut, es ist schön, mit Witz und spannend erzählt, ein gutes Kinderbuch also.

Rockstars

Photobände über Künstler gibt es ja eine Menge, Hannes Schmids „Rockstars“ ist insofern anders als die meisten Bücher, als daß es nicht unbedingt zur Mehrung des Ruhms der abgebildeten Personen beiträgt. Schmid photographierte die Leute Backstage und zuhause. Dabei lebte er mit den Musikern oft monatelang zusammen, so daß sie ihn nicht mehr als Photographen, sondern als Bandmitglied und Vertrauten sahen. Sie benahmen sich in seiner Gegenwart ganz normal und legten ihre PR – Maske ab.

In „Rockstars“ sehen wir die Künstler nun so, wie sie sind: oft linkisch, spießig, verklemmt, unsicher. Klaus Meine zwängt sich mit Gewalt in seine Bühnen – Plateaustiefel, Uriah Heep wollen unbedingt cool sein und sind es genau deshalb nicht, Les Holroyd (Barclay James Harvest) sieht unglaublich scheiße aus, wenn er am Herd steht, Depeche Mode wissen nichts mit sich anzufangen und die Freundinnen von Supertramp gehen mit einer Stripperin weit lockerer um, als die Jungs. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Leute, die eigentlich immer cool sind. Lemmy Kilmister (Motörhead) ist so jemand.

Das Buch gefällt mir, es gibt einen schönen Backstageeinblick in die Zeit der 70er & 80er und läßt einen selbst gar nicht sooo uncool aussehen. Was mich ein wenig stört ist der mit 99,00€ doch zu hohe Preis.

Das Mondschiff

Nachdem ich Euch hier schon Das Rote U empfahl, will ich noch ein zweites Kinderbuch von Wilhelm Matthießen vorstellen: Das Mondschiff. Auch hier geht es wieder um eine Schülertruppe und auch hier spielt der Rhein eine Rolle, auch wenn es bei dieser Geschichte auf einer kriminalistischen Schiffsreise stromaufwärts geht.

Schon seit Wochen liegt ein geheimnisvolles Schiff in einem Seitenarm des Rheins. Von einem Bewohner ist nichts zu sehen, nur ein gigantischer Hund scheint es knurrend zu hüten und schon bald ranken sich die ersten Gerüchte um das Boot. Plötzlich schlittern vier Freunde mitten in die Geschehnisse an Bord und ehe sie sich versehen, sind sie sogar Crew. Der Kapitän ist ein kauziger Mann, der zur Begrüßung einem nicht die Hand geben kann, weil er sie ja in den Taschen hat. Nach und nach begreifen sie, daß sie nicht nur Schiffsbesatzung sind, sondern auf Schatzsuche und daß es nebenher noch Verbrechen aufzudecken gibt. Eine tolle Geschichte, die einen nebenher auch noch in das Kirmes- und Zirkusleben der 20er mitnimmt.

Auch dieses Buch kann man bestimmt ganz toll vorlesen.

Das rote U

Bei diesem Wetter, bei dem die Flüsse teilweise zugefroren sind, muß ich einfach an Kinderbuch denken, daß ich früher wirklich liebte: Wilhelm Matthießens Das Rote U. Auch wenn der Autor sich im Laufe seiner Schaffensphase in eine politische Richtung entwickelte, die unakzeptabel ist, so sind seine frühen Kinderbücher wirklich schön. Das Rote U spielt in einem kleinen, nicht weiter benannten Ort am Rhein in der Nähe Düsseldorfs, den Beschreibungen nach vielleicht in Kaiserswerth. Da ich selbst in der Gegend, in Huckingen, aufwuchs, war es für mich natürlich zusätzlich spannend, eine vermeintliche Geschichte aus meiner Gegend zu lesen.

Es ist Winter, auf dem Rhein treiben dicke Eisschollen und eine Schülerbande bekommt geheime Befehle von einem unbekannten Anführer, der sie nur allzugut zu kennen scheint. Die Aufgaben die sie da aufgegeben bekommen sind spannend, zeugen von Humor und helfen letztlich, einen Menschen aus tödlicher Gefahr zu retten. Ich habe das Buch in den letzten Tagen nochmal gelesen und finde, daß es das ideale Vorlesebuch für Kinder zwischen acht und zehn Jahren ist, zum Selbstlesen auch noch für ältere. Es ist im Stil sehr mit Erich Kästner vergleichbar und natürlich merkt man es ihm an, daß es schon achtzig Jahre alt ist. Das finde ich aber eher schön und tut der Faszination und der Spannung die für Kinder entsteht sicher keinen Abbruch.

Also eine klare Empfehlung sich Kind, Neffen, Enkel, Nachbarsgör zu schnappen und das Buch in Ruhe noch schnell vorzulesen, während es draußen noch so kalt ist.

Babettes Fest

Mit Tania Blixen verbindet man in erster Linie das Werk „Out of Africa“. Daß sie aber nicht nur von ihrer Zeit in Afrika schrieb, sonder auch ganz europäische Geschichten, ist weniger bekannt, wenngleich dieses Buch hier, Babettes Fest, sogar verfilmt wurde.

Babettes Fest fällt in die Kategorie „schönes Büchlein“. Es ist in einer Stunde gelesen und auch die Geschichte ist eigentlich ganz simpel. Trotzdem gefällt mir sowohl der Stil, als auch der Inhalt sehr gut; letzteres insbesondere, weil ich eben auch sehr gern esse und es mir leider auch etwas ansieht :-)  Kernaussage ist nämlich, daß gutes Essen die Menschen letztlich mehr erhebt, als jede Religion. Das mag manchem von uns heute selbstverständlich erscheinen, in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war es das durchaus nicht. Erzählt wird die Geschichte einer Frau, die aus der französischen Revolution nach Dänemark flieht. Als Meisterköchin muß sie sich dort den strengen protestantischen Sitten beugen und darf jahrelang ihre wahre Kunst nicht ausleben. Erst als sie 10.000 Francs in einer Lotterie gewinnt nimmt sie alles Geld, um damit die verstockte Gemeinde so zu bekochen, daß sie in höchste Ekstase gerät.

Ein schönes Buch für eine kurzweilige Zeit.

Die souveräne Leserin

Wenn man längere Zeit im Bett liegt, dann kann man nicht nur schlafen. Zwischendurch las ich auch ein sehr unterhaltsames, kleines Buch, „Die souveräne Leserin“ von Alan Bennett. Was geschieht, wenn die Queen aus Versehen auf den Bücherbus stößt, der ein mal in der Woche einen der Wirtschaftshöfe des Palasts besucht, um die Bediensteten mit Lesestoff zu versorgen ?  Rund um diese Frage spinnt sich die liebe- und humorvoll geschriebene Geschichte, die deutliche Verehrung für die Queen zeigt und wenig Achtung vor der Politik.

Die Queen, bis dahin treue Soldatin ihres Amtes, verliert sich in die Bücher, lernt viel mehr über ihre Untertanen als bei arrangierten Treffen und stellt fest, daß sie letztlich keine Stimme hat, sondern nur Deodorant für fehlerhafte Politik ist. Ihre sich entwickelnde Liebe zu Büchern bringt den Hofstaat durcheinander, kostet dem ein oder anderen seinen liebgewonnen Posten und veranlaßt die Königin letztlich dazu…… ach, das sollt Ihr selbst lesen.

Ein schönes Buch. Keine Weltliteratur, kein hochgeistiges Werk, sondern einfach ein schönes Buch, das mich lächeln lies.

Witwe für ein Jahr

Bei langen Strecken mit dem Auto höre ich sehr gern Hörbücher; das kann ich deutlich besser ertragen als die meisten Radiostationen in dieser Republik. Wenn die Geschichte gut und der Erzähler angenehm ist, dann sind auch 800km ruck zuck abgerissen und ich empfinde die Fahrzeit nicht als so ermüdend. Da traf es sich gut, daß Helga bei sich zuhause aufräumte und unter anderem John Irvings Witwe für ein Jahr sehr kostengünstig abzugeben hatte. Immerhin 20 CDs, also Futter für viele Kilometer und viele Staus.

Erst mal muß man natürlich John Irving mögen. Seinen Hang zum Epos, seine obskuren Ideen und seine deutliche Sexbesessenheit. Letztlich geht es in allen seinen Büchern eigentlich um nichts anderes, als möglichst häufig Sex zu haben und das unter möglichst ungewöhnlichen Bedingungen. Dabei nicht niveaulos oder als Porno — das ist schon alles Literatur, was Irving da schreibt —, aber doch ist dies der Dreh- und Angelpunkt aller Geschichten. Hier spannt sich der Bogen der Figuren über einen Zeitraum von 40 Jahren und nebenher wird herrlich über Schriftsteller, Menschen die sich für Schriftsteller halten und über deren Fans gelästert.

Rufus Beck hat wie bei allen Büchern, die ich mir von ihm bisher vorlesen lies, eine Stimme, die ausschließlich dem Inhalt dient. Er selbst nimmt sich als Person völlig zurück, entwickelt keine Eigenarten, bei denen man jetzt sagen würde: „Ah, Rufus Beck.“; sondern das was zurückbleibt ist der Eindruck des Buches und das finde ich ganz hohe Vorlesekunst. Er gibt den einzelnen Personen des Buches eine ganz leichte persönliche Note, so daß man sie sofort erkennt, aber ohne daß es aufgesetzt wirkt. Sehr, sehr angenehm.

Und so haben mich diese CDs perfekt unterhalten. Ich kann Helga danken und Euch, wenn Ihr denn auch die Gelegenheit habt, sie günstig zu erstehen, diese Ausgabe empfehlen.