Noch ’ne Bühne

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Es scheint das Jahr der zusammenbrechenden Bühnen zu sein. Wenn, wie hier, eine zehn – Tower – Bühne kippt, dann mache ich mir doch schon so meine Gedanken. Was läuft falsch ?  Machen wir ganz grundsätzliche Fehler bei der Berechnung von möglichen Lasten ?  Gibt es ein ernsthaftes Problem bei der Material- und Qualitätskontrolle ?  Haben wir wirklich so viel mehr Starkwind als früher ?

Bis die Erkenntnisse aus diesem Sommer abgeschlossen sind, wird es sicher noch etwas dauern. Analysen sind allerdings dringend geboten. Ich bin sehr gespannt, welche Schlußfolgerungen wir aus der diesjährigen Serie der zusammenklappenden Bühnen werden ziehen müssen.

21 Gedanken zu „Noch ’ne Bühne“

  1. Das ist in Indianapolis und das Bild sieht so seltsam aus, weil es den Moment des Zusammenbrechens zeigt. Die Bühne liegt also noch nicht ganz auf dem Boden. Weitere Bilder findest Du hier http://www.spiegel.de/fotostrecke/fotostrecke-71573.html oder da http://www.welt.de/vermischtes/article13543588/Buehne-stuerzt-ein-und-erschlaegt-vier-Menschen.html

    Der Zusammenbruch dieser Bühne hier zeigt übrigens sehr schön, daß im Sturmfall das gerne propagierte Entfernen der Seitenverplanung eher nicht hilfreich ist. Man kann dann nämlich wählen zwischen der Gefahr, daß der Wind die Bühne umdrückt (verplant), oder daß das Bühnendach durch die Aerodynamik abhebt und wegfliegt (unverplant), was letztlich auf das selbe Ergebnis hinausläuft. Helfen würde nur das Entplanen, komplette Herunterfahren des Daches und dann Sichern der Konstruktion. Wenn man sich aber überlegt, wie lange eine solche Maßnahme dauert und daß dann die Bühne eine ganze Zeit lang komplett unverspannt ist, dann weiß man sehr schnell, daß das bei Starkwind auch keine gute Idee ist. Es bleibt also letztlich nur die Lösung, stabiler zu bauen (und Material in gutem Zustand einzusetzen).

  2. Leider gab es wohl 4 Opfer und mehere Verletzte.

    Es ist wieder eine Bühne, die in der Richtung von fehlenden Windverbänden in sich zusammengebrochen ist. Amerikanische Medien berichten, dass die Veranstalter schon beim Evakuieren waren, als es passiert ist.
    Unsere Regelwerke und Vorschriften geben die fachgerechte Benutzung solcher Bühnenbauwerke vor – auch bei Wettersituationen mit Wind und Starkwind. Ich denke, dass ein großer Fehlerfaktor beim Menschen liegt. Die Entscheidung zum Abbruch einer VA bei vorausschauender Wetterbeobachtung, Einleitung der notwendigen Sicherungsmaßnahmen im Bühnen- und Publikumsbereich, schnelle Montage der Seilverbände, schnelle Demontage von Lasten und Windangriffsflächen, etc.. Wenn Planen fest montiert sind oder tonnenschwere Lautsprechersysteme in D8-Zügen mit Sekundärsicherung hängen, hat man schon vorher verloren.
    Ich frage mich, ob alle Verantwortlichen die bestimmungsgemäße Benuzung der aufgebauten Anlagen kennen und ob die Aufbauten technisch und organisatorisch so vorbereitet sind, um im Ernstfall die notwendigen Schritte sicher und schnell umzusetzen.
    Wenn man sich selbst diese simplen Fragen stellt und nicht zu einer JA-Antwort kommt, gibt es Handlungsbedarf!

    Momentan haben wir zu wenig Informationen zum Unfall in Indiana – wir kennen die Wettersituation während des Unfalls nicht – um dieses Ereignis im Detail zu bewerten.

    Gruß, Martin

  3. Hej Martin,

    Bilder der Veranstaltung zeigen, daß die Bühne im wesentlichen unverplant war. Auch ist die Demontage von Lautsprechern durchaus umstritten. Die durch sie eingebrachte Last ist Fluch und Segen zugleich. Ist eine Bühne verplant, so kann die Entfernung der Planen durchaus zu einer Verlagerung des Problems führen, aber nicht unweigerlich zur Lösung. Konsequente Ausführung der Windverbände (im Starkwindfall auch in der Bühnenvorderseite) könnte zur Lösung beitragen — aber sind wir mal ehrlich: bei wie vielen Bühnen sind die dazu notwendigen Stähle dabei oder gar vorbereitet ?

    Das nächste Problem ist tatsächlich die Unterbrechung oder der Abbruch der Veranstaltung selbst. Wir hatten das erst vor ein paar Wochen: der Bühnenbauer sperrt die Bühne während der Veranstaltung (löbliche Entscheidung), das Publikum schiebt massiv in Richtung Bühne, um dem Unmut über die Unterbrechung Ausdruck zu verleihen; es dauert ewig, bis das Volk von der Bühne weg ist. Die Künstler reagieren mit Unverständnis, wollen weiterspielen, oder wenigstens in aller Ruhe ihre Instrumente einsammeln.

  4. Hallo Markus,

    „… aber sind wir mal ehrlich: bei wie vielen Bühnen sind die dazu notwendigen Stähle dabei oder gar vorbereitet ? … “

    Das wäre fahrlässig / grob fahrlässig. Und genau darin sehe ich das Problem – technische und organisatorische Missstände, die im Erstfall (mit-)entscheidend sind!

    Ja, es ist unpopulär, eine VA zu unterbrechen/abzubrechen, aber derjenige Entscheider trägt die Verantwortung und ist dazu verpflichtet – im eigenen Interesse und im Interesse aller Beteiligten. Und wenn so eine Entscheidung getroffen wird, müssen bereits in der VA-Planung die nachfolgeden Schritte überlegt und besprochen sein. Das alles gehört für mich in den Bereich der gründlichen und immer notwendigen Gefährdungsbeurteilung.

    Gruß, Martin

  5. Wenn ich jetzt mal zurückdenke, dann ist die Zahl der Bühnen, bei der die Windverbände für die Bühnenvorderseite fertig vorbereitet parat lagen (oben montiert, gerade herunterhängend, der Spanner schon dran), äußerst überschaubar; auch bei sehr namhaften Bühnenbauern. Diese Beobachtung sagt nicht, daß es zu entschuldigen wäre, sondern nur, daß man daran arbeiten muß.

    Und auch in der realen Welt beschränkt sich die Veranstaltungsplanung für viele, viele Veranstalter darin, genug Bier zu bevorraten. Wir brauchen uns nicht über die großen Festivals zu unterhalten; da sind wir mittlerweile auf einem guten Stand. Die Mehrzahl der Bühnen stehen aber beim Volksfest Kleinkleckersdorf und da gibt es null Planung, was solche Fälle angeht.

    Klar, man kann jetzt von mir als Meister fordern, daß ich das dann anprangern muß, mich darum kümmern und die große Welle schieben — auch wenn ich nur als Dienstleister in die bereits aufgebaute Bühne ein paar Boxen und Lampen hängen soll. Juristisch mag das so sein. In der Praxis werde ich aber dann im nächsten Jahr auf der Baustelle nicht mehr arbeiten, weil es ein Mitbewerber eben „ruhiger“ und „ohne Probleme“ macht. „Das haben wir noch nie gemacht“ und „Es ist hier in Kleinkleckersdorf bisher immer gutgegangen“ bekommt man zu hören. Wie reagiere ich darauf ? Wie die lauten Schreier in den Foren (jedenfalls mit dem Mund) reagieren, weiß ich. Die würden „natürlich“ den Job nicht machen, gehen, das Bauamt anrufen. Aber wie reagiere ich in der Praxis darauf ? Ich kann doch nicht bei jedem zweiten Job nach Hause fahren.

    Schwierig.

  6. Joooo, den Link kenne ich. Sehr viel unsachliches Zeug von Leuten, die es ja schon immer gewußt haben. Sowas ist mir immer suspekt. Aber es gibt in der Diskussion auch einige wenige interessante Informationen.

  7. Ja, Windverbände an der Bühnenvorderseite habe ich nach möglichkeit auch immer mit eingebaut.Ist dann eine Sache von Minuten sie schnell zu verspannen.
    Hab´mir auch oft genug die Frage gefallen lassen müssen was das soll/das kann aber so nicht bleiben/ect.
    Aber eine verriegelte Hubdachbühne bekomme ich im Notfall nicht schnell genug runter, abgesehen davon das beim runterfahren alle Windverbände komplett ausfallen und die stabilität sofort weg ist…
    Und bei einem urplötzlich sich zusammenbrauendem Hurricane hat mein kaum noch eine chance, das konnte man in letzter Zeit leider zu oft sehen… Leider.
    Gruß Björn

  8. Soweit ich die niederländischsprachigen Berichte richtig verstehe, ist dort keine Bühne, sondern eine an Traversen aufgehangene Zeltkonstruktion zusammengebrochen; dies war insofern dramatisch, als daß zu dem Zeitpunkt es heftig hagelte und sich viele Besucher unter ebendiesem Zelt vor dem Hagel zu schützen suchten.

    Darüber hinaus ist dort wohl ein PA – Tower umgekippt; dieser angeblich, ohne jemanden zu verletzen.

  9. Ja, vermutlich nicht mit den anderen eingestürzten Bühnen zu vergleichen. Vielleicht ein Argument dafür, dass nicht nur Mammutbauten bei Stürmen umfallen können.

  10. hier noch ein Link zu den Belgiern – und ja, ich haette vorher hier reinschauen sollen, bevor ich Markus den Link sende ;)

    http://www.focus.de/panorama/welt/unwetter-in-belgien-mindestens-drei-tote-bei-musikfestival_aid_656762.html

    Es sollen Buehnen, Zelte und Metallkonstruktionen eingestuerzt sein – also auch Buehnen, nicht “’nur“‘ die Teltkonstruktion, son der Markus schrieb :(

    Die ‚Einschlaege‘ kommen somit naeher – Belgien ist nicht mehr weit entferntes USA-Land, sondern im selben Europa wie wir hier…

    Hier oben kam das Wetter ja erst vor ca. 90 Minuten an – mal schaun, was das so gibt…

  11. Als jemand, der fließend Holländisch spricht, lese ich die örtlichen Veröffentlichungen und da ist von einem PA – Tower die Rede, von der großen Zeltkonstruktion, von vielen kleinen Zelten und auch von Bäumen …… aber von keiner Bühne. Und auch die Bilder geben bislang keine Bühne her.

  12. click‘ mal das Foto in meinem Link gross – das im Hintergrund sieht fuer mich schon nach einer Buehne aus…

    Aber egal ob Buehne oder Zeltkonstruktion, das Ding war dem Wetter nicht gewachsen – und das sollte (darf) nicht passieren!

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