Was bleibt ?

Das hier ist tatsächlich mein letzter Eindruck vom Petersburger Flughafen. Also ein guter Moment, um mal Resümee zu ziehen über unsere Zeit in Rußland. Über den auffälligen Kontrast zwischen jungen und älteren Frauen hatte ich ja schon ausführlich geschrieben. Tatsächlich ein Phänomen, das uns auch nach dem Verlassen des Landes beschäftigen sollte. Noch tagelang verglichen wir die einheimischen Frauen mit denen in Rußland. Von den 20 Leuten in der Truppe waren halt 19 Männer. Auch über die vielen Menschen, die einfach nur herumstanden in den Hallen, über die vielen Securities schrieb ich schon. Insgesamt herrscht eher ein ruppiger Ton vor in Rußland.

Auch augenfällig ist der Verfall; selbst neue Gebäude zeigen ihn schon, indem entweder schlampig, oder erst gar nicht richtig zuende gebaut wird. Ältere Gebäude scheinen nur selten renoviert zu werden (es sei denn, sie sind touristisch wertvoll). Das ist schade, aber eben vielleicht auch ein Synonym für die Gesamtsituation im Land.

Auf der anderen Seite muß ich sagen, daß sich manches Vorurteil nicht bewahrheitete: in Deutschland spricht man manchmal abfällig von einer Russentruppe, wenn osteuropäische Helfer mit schlechten Deutschkenntnissen und der Neigung zum Verdunsten Drücken vor der Arbeit eingesetzt werden. Die Helfer in Rußland waren zwar oft des Englischen nicht mächtig, aber immer zur Stelle und warteten geduldig und gut sichtbar, wenn es mal nichts zu tun gab. Drückeberger erlebten wir nicht. Auch vergaß ich in Moskau meinen Ledermann in der Halle; am nächsten Morgen konnte ich ihn ordentlich beschriftet im Hallenbüro abholen. Wenn wir ehrlich sind, dann wäre er in Deutschland verschwunden gewesen.

Mir ist klar, daß mein Eindruck stark verfälscht ist von der Tatsache, daß ich das Land nur unter Zeitdruck und nur aus der Perspektive der Veranstaltungshallen sah. Ich hatte nie die Gelegenheit, die schönen Seiten der Städte, oder gar Alltagsleben zu sehen. Ich hatte nie die Gelegenheit, wirklich die Menschen kennenzulernen, konnte nicht hinter die rauhe Schale der Einheimischen schauen, hinter der sich vielleicht dann doch sehr nette Leute verbergen. So bleibt das Bild eines rauhen, ruppigen Landes, bei dem man froh ist, wenn man es wieder verläßt, auch wenn man weiß, die wahren Perlen vielleicht nicht gefunden zu haben. Vielleicht ergibt sich ja noch mal die Gelegenheit, mit mehr Zeit durch Rußland zu reisen.