Der Gratisprinz

Spätestens seitdem die Zeitschrift es schafft, sogar US – Generäle in den vorzeitigen Ruhestand zu schicken kennt man den Rolling Stone. Tatsächlich ist sie durchaus mehr als eine reine Musikzeitschrift und sehr angenehm zu lesen. In der aktuellen Ausgabe bekommt man zwar kein politisch brisantes Interview zu lesen, dafür aber eins mit Prince. „Immerhin was“ mag man sich denken. Und obendrein gibt es sogar das aktuelle Prince – Album gleich mit dazu. Gratis.

Daß die neue Scheibe im Heft hochgelogbt wird, kann ich ja nachvollziehen, immerhin hat man die Ehre, in Deutschland der einzige Kanal zu sein, in dem man die CD bekommen kann. Sie ist nicht bei einer Plattenfirma erschienen und kommt nicht in den regulären CD – Handel. Prince lehnt schon seit einiger Zeit Plattenfirmen als überholt ab. Tatsächlich ist die Musik auf dem Silberling allerdings meiner Meinung nach eher eine Ansammlung von unveröffentlichten C- und D – Seiten. Wenn ich das mal so formulieren darf. Klar, Prince kann Gitarre spielen, singen und hatte in meiner Jugend wirklich innovative Ideen. Seitdem habe ich aber 18kg zugenommen und graue Haare bekommen. Außerdem wage ich zu behaupten, daß ich mich in diesen Jahrzehnten durchaus entwickelt habe. Wohin auch immer ;-)  Entwicklung ist leider auf der Platte nicht zu erkennen. Schade. So demontiert ein Künstler sich immer weiter selbst, der mal als große Ikone galt.

Fazit: der Rolling Stone ist ’ne tolle Zeitung, die CD nicht.

Bei den Eltern

Manchmal ist es schon lustig, wenn ich zu meinen Eltern komme: da entdecke ich dann Dinge wieder, die ich länger nicht sah. Nicht immer allerdings sehe ich sie dann im ursprünglichen Kontext. So ist das Dreirad, mit dem meine Schwester und ich vor 40 Jahren durch die Gegend heizten und das auch noch meine Tocher glücklich machte, mittlerweile zu einem Ständer für einen Sprenger mutiert. Sieht schon lustig aus, wie der da so im Beet steht.

Daß hinter dem Dreirad durchaus ein tieferer Sinn stecken könnte liegt auf der Hand: schließlich steht im Garten meiner Eltern auch sonst allerlei Kunst.

Muttern: wenn Du im Herbst von diesen Blumen Samen einsammeln solltest, dann will ich davon auch welchen. Danke.

Ansonsten ist zu sehen, daß ich den Garten meiner Eltern ziemlich mag. Auch wenn er wenig mit dem Garten meiner Kindheit zu tun hat. Damals gab es viel mehr Rasen und weniger Bodendecker. Aber meine Eltern werden ja auch nicht jünger. Ach so: bei meinen Eltern war ich, nachdem ich aus den Vogesen kam.

Abends gab es bei klarem Himmel noch einen Gast im Garten, den ich Euch nicht vorenthalten will.

In den Vogesen

Nach dem Segeln verschlug es mich erst mal in die Vogesen. Das lag ja quasi auf der Hand, kam ich mit dem Schiff doch in Frankreich an. Abstecher sind ja immer gut.

Dort bekam ich mit, wie sich in einem Seminarhaus eine Gruppe von Menschen darauf vorbereitete, über Glut zu laufen. Ich nahm als meditativer Laie nicht daran Teil, lernte aber, daß die echten Profis auch Strecken von 12 – 15 Metern auf glühenden Kohlen zurücklegen können. Das finde ich beachtlich und das ist wohl ein Thema, das sich deutlich nicht für heimische Experimente mit leicht angetrunkenem Kopf bei einem Grillabend eignet.

In den Vogesen ist ehrlicherweise außer schöner Landschaft nicht viel los. Darum ist es nachts dort auch richtig dunkel, so daß man schön viel Sterne sehen kann. Viel mehr als in Hamburg, wo es ja auch nachts durch die Straßenbeleuchtung immer recht hell ist.

Na ja und so sieht die Gegend da aus. Rund herum hat man einen großen Ruf für Kirschzucht und ich konnte sehen, wie Kirschen von riesigen Bäumen gepflückt werden: unter den Baum wird eine Plane gelegt, dann kommt ein Traktor mit einem Vorsatz, dieser Vorsatz greift um den Baumstamm, der gerne auch mal einen Durchmesser von 1,2m – 1,5m haben kann, dann wird der Baum geschüttelt und die Kirschen fallen runter. Plumps. Fand ich beeindruckend. Die Kirschen sind dann ziemlich lecker. Besonders, wenn man sie vorher eingelegt hat.

Beeindruckend waren auch die Sonnenuntergänge dort. Das Haus in dem ich wohnte hatte extra eine Sonnenuntergangsterrasse, auf der man das Naturschauspiel jeden Abend bewundern konnte. Schlau gebaut, diese Terrasse.

Und so sehen alte Bauernhäuser in den Vogesen aus. Schon ziemlich gemütlich. Die Sonnenuntergangsterrasse ist links am Haus ein wenig zu erkennen. Ihr seht: auch hier hatte ich eine schöne Zeit.

Fahrt zum Zielhafen

Nun komme ich dann doch zum traurigen Teil der Segelreise: zum letzten Tag. Mir hat die Zeit dort sehr, sehr gefallen und ich bin hin und her gerissen, ob ich nicht doch noch mal wie früher eine ganze Saison …… oder wenigstens mal zwei Monate am Stück …… mal sehen. Mein Monsterbookje (zu deutsch: Musterungsbuch, also mein Seemannsbuch) gibt es ja noch.

Da halbwegs gutes Wetter und auch etwas Wind war, nutzte ich die Gelegenheit noch mal für ein paar Bilder. Hier stehe ich vorne auf der Spitze des Klüverbaums. Die Stortemelk ist schon ein schönes, kleines Schiffchen. Und schnell ist sie auch. Die Kollegen sehen traditionell bei Regatten das Kielwasser dieses Schiffs. Was sicher auch an Mike und seiner Liebe zum Segeln liegt.

Hier jetzt mal zwei Panoramen, die im Gegensatz zu sonst vertikal funktionieren. Natürlich sind sie größerklickbar und da sieht man dann beim unteren auch, daß das Stitching nicht so ganz gut geworden ist. Da muß ich in einer ruhigen Minute mal meine Lieblingsgraphikerin fragen, ob sie das nicht besser kann, aber zur Zeit ist das schlecht und darum sind die Bilder erstmal so, wie sie halt sind.

Hier wird noch ein letztes Mal Jagt auf Makrelen gemacht. Leider mit sehr begrenztem Erfolg; wir waren wohl zu schnell, dann ist der Haken schneller als die Fische schwimmen können und dann können sie eben nicht zubeißen.

Ja …… so sieht das nun an Bord aus.

Gegen Abend kamen wir dann in Cherbourg an. Die Hafeneinfahrt ist von mächtigen Verteidigungsanlagen gesäumt, der Hafen muß also zu Kriegszeiten mal sehr wichtig gewesen sein.

Abends gingen wir ausnahmsweise essen und kochten nicht selbst und am nächsten Morgen war meine Zeit an Bord leider wieder vorbei. Ich sitze wieder zuhause und habe gleichzeitig Heim- und Fernweh. Heimweh nach dem Schiff und Fernweh des Segelns wegen.

Lieber Mike, liebe Marly, es war schön bei Euch. Ich bin dankbar für Eure Freundschaft und komme sehr gern wieder. Vielleicht ja tatsächlich für länger. Wir werden es sehen.

Für alle anderen: die Stortemelk kann man mieten und es gibt auch einzelne Reisen für Individualreisende. Ich will der offiziellen Homepage ja nicht vorgreifen, aber für 2011 sind wieder tolle Fahrten geplant. Schreibt Mike & Marly ’ne Mail, dann informieren sie Euch ganz sicher gern, wenn alles genau eingetütet ist.

Hier wird das Segel – Blog nun wieder zum tour – blog. Am Wochenende fliege ich mit den Gregorian nach Kroatien, dort spielen wir einige OpenAirs, unter anderem im Amphitheater Pula. Ich bin schon gespannt.

Blaue Stunde

Chronologisch paßt das jetzt nicht so richig, denn mit meinem Segelbericht bin ich ja noch gar nicht fertig, aber aus aktuellem Anlaß schiebe ich mal eben etwas zwischen. Seit vorgestern und noch bis Sonntag hat der Kollege Batz den Hafen blau illuminiert. Das Ganze nennt sich Blue Port und ist tatsächlich zur blauen Stunde eine sehr lauschige Sache. Falls das Wetter mitspielt sollten alle die rund um Hamburg wohnen mal hingeh’n.

Unverantwortlich

In diesen Tagen wirft man Behörden und dem Veranstalter in Duisburg vor, unverantwortlich gehandelt zu haben. Nach allem was ich von Kollegen und aus dem Medien weiß, scheint es tatsächlich unvorstellbare Naivität in der Vorbereitung und massive Fehler in der Durchführung gegeben zu haben. Tatsächlich aber komplett bescheuert finde ich das Verhalten des geifernden Publikums in diesen Tagen. Ich kam heute auf dem Weg von meinen Eltern zurück nach Hamburg auf der A59 am Veranstaltungsgelände vorbei. Die Autobahn ist an dieser Stelle in jede Richtung zweispurig und hat keinen Seitenstreifen. Das hielt aber trotzdem zwei Fahrer nicht davon ab, rechts ranzufahren, auszusteigen und mit dem Handy Photos zu schießen. An einer Stelle, an der der Verkehr sowieso zäh fließt, weil natürlich auch alle Vorbeifahrenden schauen wollen. Die Gefahr, gerade durch so eine Parksituation einen massiven Unfall zu verursachen, ist ja doch ziemlich groß.

Darüber hinaus konnte man beobachten, wie gut 30 Leute sich einen steilen Hang hochgearbeitet hatten, sich am Bauzaun festhielten, damit sie nicht wieder hinunterstürzen und auch Bilder schossen. Es fällt mir nur sehr schwer, diesen Personen nicht zu wünschen, daß der Bauzaun umkippen möge und die Gaffer sich beim Absturz böse verletzen. Mannmannmann, was für Idioten.

Auf der anderen Seite kann ich es fast verstehen. Die Medien halten so unverblümt drauf, da muß man ja abstumpfen und selbst auch mal ein Auge drauf werfen.

Gold Beach

Der folgende Tag war sehr windstill und so waren wir bereit für alle möglichen Blödsinn. Nicht nur, daß der Klabautermann uns besuchte, auch wir bauten beispielsweise Burgen aus Tau.

Während der Fahrt (ehrlicherweise sollte man es Dümpelei nennen) wurden auch Arbeiten außerbords erledigt. Hier erneuert Felix gerade einen Spanner, der den Klüverbaum hält.

Und auch wenn es nicht wirklich Wind gab und wir teilweise durch dichte Nebelbänke fuhren, so war wenigstens Zeit für ein paar nette Bilder — wenngleich natürlich ein bißchen mehr Wind in den Segeln stehen könnte. Das untere Bild ist größerklichbar, das nächste natürlich auch.

Tagesziel war die Gold Beach, das Landungsgebiet der Engländer am D-Day, bei Arromanches les Bains. Die Alliierten hatten hier in den Tagen danach ein künstliches Hafenbecken geschaffen, das für uns Ankerplatz werden sollte. Die Formation aus mittlerweile halb untergegangenen Betonanlegern sieht schon interessant aus.

Hier ein Blick auf unser Schiff, das in der Bucht ankert.

Die Stadt Arromanches les Bains ist weder schön, noch besonders touristisch erschlossen. Alles dreht sich um die Invasion und das macht den Ort dann recht schnell recht langweilig. Interessant finde ich, daß auch heute noch junge Soldaten den Ort besuchen. Hier im Bild ist eine niederländische Truppe zu sehen. Und natürlich eine Menge Veteranen laufen hier herum. Na ja.

Hier nun eines der ganz wenigen schönen Häuser im Ort……

…… und die direkt daneben liegende Kirche. Ansonsten entwickelt sich keinerlei „französischer Charme“. Schade eigentlich.

Und weil es eben nichts zu sehen gibt, hier noch mal die Pontons im Abendlicht.

Taufe

Am nächsten Tag gab es an Bord ein historischs Ereignis: wir überquerten den Greenwich – Meridian, segelten also nicht mehr auf der Osthalbkugel, sondern auf der Westhalbkugel. Und genau so, wie es eine Äquatortaufe gibt, so muß natürlich auch die Überquerung dieses Meridians gebührend gefeiert werden. Logisch.

Schlagartig bei der Überquerung meldete sich der Klabautermann der Stortemelk, hielt eine flammende Rede, bei der auch nicht mit unangenehmen Wahrheiten gespart wurde und ließ uns dann vom heiligen Meridianenwasser trinken.

Ihr seht, am Ende schaute der Klabautermann ganz zufrieden in die Runde, bevor er sich wieder in sein Versteck zurückzog. Wir hatten auf jeden Fall großen Spaß.

Bitteres Ende einer Party

Bei der heutigen Loveparade in Duisburg, zu der ich eher zufällig nicht zum schauen gefahren bin, gab es Stand jetzt durch eine Massenpanik 15 Tote, weitere etwa zehn Teilnehmer konnten wiederbelebt werden. Das ist ein bitteres Ende dieser Veranstaltung, das sie in dieser Form ganz sicher nicht verdient hat. In den ersten Medien ist von einem „völlig überforderten Veranstalter“ die Rede. Nun. Ich war nicht da. Meine Meinung bilde ich mir aus zwei Berichten von mir persönlich bekannten Personen und aus meiner Erfahrung mit den zuständigen Behörden. Da sieht der Eindruck etwas differenzierter aus. Meine Erfahrung sagt mir, daß die Besucherleitung außerhalb des Festivalgeländes (dort entstand die Panik) nicht in meiner Hand liegt, sondern in der Hand von schwarzgewandeten Beamten und deren Einsatzleitern. Meine Bekannte berichten von „stoischer Polizei“, die erst gar nicht und dann sehr heftig reagiert. Zu denken gibt mir auch, daß die Einsatzleitung der Bahn für eine Stunde den Bahnhof komplett gesperrt haben soll. Das ist auf der einen Seite verständlich, denn die flüchtenden Zuschauer der Loveparade bewegten sich wohl auch in größerer Zahl in den Gleisanlagen in Richtung Süden. Auf der anderen Seite entstand so vor dem Bahnhof ebenfalls großes Chaos, das außer Kontrolle zu geraten drohte. Da wäre es ja sinnvoll gewesen, die Besucher erst mal im großen Bogen in Richtung Norden abzufahren, um den Druck abzubauen. „Hauptsache weg“ gewissermaßen.

Interessant finde ich in diesem Zusammenhang auch die sehr unterschiedlichen Zahlen in der Berichterstattung. Zwischen 500.000 und 1.400.000 Besucher sollen vor Ort gewesen sein.

Erschreckend ist der Gedanke, daß man zum Feiern fuhr und nun Tote nach Hause kommen. Für alle Angehörigen ganz bestimmt ein Albtraum. Ihnen gilt mein volles Beileid. Gerade junge Menschen zu verlieren erzeugt immer unfaßbares Leid.

Mein Mitgefühl gilt aber auch den Verantwortlichen dieser Veranstaltung, die jetzt wohl völlig fassungslos in ihren Büros oder „auf dem Feld“ ihre Arbeit machen. In den nächsten Tagen werden wir erfahren, warum es zu diesem dramatischen Zwischenfall kam. Ich kann mir vorstellen, daß die sehr eingeschlossene Situation auf dem Güterbahnhofsgelände dabei eine Rolle spielt; in Berlin war alles sehr offen, Flucht war jederzeit möglich. Aber das ist natürlich Spekulation.

Nachtrag 25.07.2010, 10:45: wenn man jetzt im Nachgang mitbekommt, unter welchen Voraussetzungen die Veranstaltung maßgeblich von städtischen Behörden geplant und genehmigt wurde, dann wird einem ja ganz schlecht. Ich hatte mir im Vorfeld keine Gedanken darüber gemacht (es war ja nicht meine Veranstaltung), aber es gab ja bereits Tage vorher recht eindeutige Hinweise und auch die Genehmigung scheint, nach allem was man in einschlägigen Foren lesen kann, nicht ganz den gültigen Vorschriften zu entsprechen. Ich bin sehr gespannt, wirklich sehr gespannt, wie weit die Staatsanwaltschaft da ermitteln wird und welche Personen letztlich verantwortlich sein werden.