Zukunft ?

Gestern und heute habe ich mit ein paar Kollegen über diese neue Software diskutiert, die letztlich mal herkömmliche Tonmischpulte ablösen soll. Ehrlicherweise habe ich da doch erhebliche Zweifel. Schon beim Übergang vom analogen Pult zu digitalen Tischen wurde nicht alles einfacher. Bei manchen Geräten litt doch die Benutzerfreundlichkeit sehr, weil man sich durch einige Menüs durchtasteln mußte. Das ist beim Setup akzeptabel, im Livebetrieb eher nicht. Hier soll also nun die komplette Bedienung eines 72 x 24 – Pultes über die Maus, oder maximal mit einem einfachen Faderboard erfolgen. Idealerweise an einem Laptop, denn dann hat man sein Pult ja immer mit dabei. Ich glaube da nicht dran.

Will ich wirklich im Touralltag mit der Maus herumfuhrwerken, anstatt beherzt am Poti zu drehen ?  Klar, die Frage wurde schon bei den Digitalpulten diskutiert, da muß ich ja auch erst mal den Kanal auswählen, bevor ich etwas ändern kann, aber das hier scheint mir dann doch eine Nummer härter. Tatsächlich gibt es für einige Digitalsysteme schon heute die Möglichkeit, mittels Laptopremote zu arbeiten. Durchgesetzt hat sich das bisher nicht.

15 Gedanken zu „Zukunft ?“

  1. kann deinen standpunkt sehr gut nachvollziehen und bin der selben meinung, ein laptop etc mit zusatzinfos an einem digitalen pult, ok aber nur noch laptop?!?

    eine interessante beobachtung die ich die letzten jahre mal gemacht habe: menschen die mit dem mischen und technik allgemein an einer „fest“installation mit einem digitalpult zu lernen, sind durchaus total aufgeschmissen, wenn sie dann das selbe mal mit einem analogpult machen sollen. ich glaube eigentlich sollte man sich erst an ein digitalpult stellen dürfen, wenn man die grundlagen analog wirklich verstanden hat. denn erst dann kann man, so glaube ich, auch verstehen was das digitalpult wo und wie macht. und selbst dann is die live bedienung imemr noch voller tücken (weiß jeder der mal in der falschen ebene war ;) ).

    gruß tux

    1. Zitat: „ich glaube eigentlich sollte man sich erst an ein digitalpult stellen dürfen, wenn man die grundlagen analog wirklich verstanden hat.“

      Das erinnert mich an einen Busfahrer vor ein paar Jahren, der ernsthaft der Meinung war, man solle einen PKW-Führerschein erst dann machen dürfen, nachdem man mal ein Jahr als Busfahrer unterwegs gewesen ist.

      Warten wir mal ab, bis die Ei-Generation mit RSI (http://de.wikipedia.org/wiki/Repetitive_Strain_Injury_Syndrom) an die FOHs kommt – die sieht darin vermutlich kein Problem, weil sie ohnehin das alles schon auf einem Ei-Irgendwas geübt hat.

      1. Das mit dem Dürfen ist natürlich übertrieben, trotzdem glaube auch ich, daß es nicht schaden kann, ein gewisses Grundverständnis für den Signalflow an einer analogen Installation erworben zu haben. Haptisches Begreifen vereinfacht Verständnis.

        Daß die heute Fünfzehnjährigen in kurzer Zeit keine Schwierigkeiten haben werden, an reinen Touchscreenlösungen zu arbeiten, glaube auch ich. Auf der anderen Seite bin ich überzeugt davon, daß auch diese Generation innerhalb von kürzester Zeit „Anfaßpulte“ bedienen kann und auch da zu schnelleren und besseren Ergebnissen kommt, als auf dem Display. Moderner muß nicht immer auch bedienerfreundlicher sein.

        1. Natürlich, für ein Arbeiten, wie wir es heutzutage noch erleben, ist ein „echtes“ Pult fast immer die bessere Wahl. Aber wer weiß, wie sich die Technik in den nächsten Jahr(zehnt)en entwickeln wird? Auch wenn die Grundprinzipien immer die gleichen bleiben werden (Ton rein, Ton raus), so wird vielleicht der Umgang damit und der Einsatz von immer neuen und bisher vielleicht noch gar nicht vorstellbaren Helferlein und Techniken auch dieses Bild deutlich verändern.

          Ich erinner mich da an einen Beitrag hier über euer 3D-Soundsystem, ich glaube, es ging um eine von den Arenaveranstaltungen… Irgendwas mit Pferden? Wer weiß, wo das noch hinführen wird – und ob dann nicht irgendwann in gewissen Bereichen ein Touchscreen die bessere Wahl sein wird.

  2. Christian Boche hat grad in der neuen Tools4Music einen Bericht über seine Erfahrungen mit dem System geschrieben und war doch sehr positiv gestimmt. Wenn ich aus einem Studio-Umfeld komme und sowieso immer viel mit Maus und Bildschirm mische, ist das wohl noch was anderes, als wenn man eigentlich ausschließlich Live macht. Ich bin eigentlich schon relativ früh von Analog auf Digital gewechselt und fühle mich auf den meisten Pulten inzw. recht fit, würde aber so einen Laptop-FoH wohl nie einsetzen. Es fehlt eben doch am haptischen, am direkten Zugriff. Viele Hersteller versuchen ja diesen „direkten“ Zugriff, der durch Yamaha grad in den unteren Budgetklassen etwas abhanden gekommen ist, mit kleinen, aber umfangreichen Konzepten wiederzubeleben (iLive T, VI2, SD9). Ich glaube nicht, dass sich das durchsetzt. Denn auch beim Licht, wo die Möglichkeiten ja alleine wegen des Fehlen der großen Audiodatenmenge schon eher gegeben wären, sieht man auf professionellen Produktionen rechnerbasierte Systeme wie den Martin Lightjockey kaum, eben weil der direkte Zugriff trotz Faderboards etc. fehlt. Etwas anderes wäre es zum Beispiel, wenn man ein Pult mit fester DSP-Basis (also bspw. 48 Inputs, 48 Outputs) und Grundfunktionen „offen“ für alle möglichen PlugIns machen würde. Alle möglichen Effekte und Dynamics als Emulation dabeizuhaben ist schon spannend. Vom Konzept her, finde ich persönlich zum Beispiel die relativ offene Struktur der A&H-Pulte da schon sehr weit vorn, andere mögen aber genau das gar nicht.
    Aber wir werden sehen, was die Zeit so bringt.

    Viele Grüße,

    Thomas

  3. Es fehlt bei meinem Kommentar der Hinweis, dass ich nicht glaube, dass sich „das Mischen nur mit einem Laptop und sonst nix“ durchsetzt. Die „kleinen Digitalen“ sind auf jeden Fall schon längst auf der Überholspur.

  4. Ich glaube, das ist ein reines Problem der Haptik. Ich drehe auch lieber an Reglern, weil ich einfach schneller auf die einzelnen zugreifen kann. Was ich aber für eine recht spannende Idee halte: Mit den wachsenden Touchscreens wird es irgendwann möglich sein, zumindest einen Teil eines Pults in vernünftiger Größenordnung abzubilden und mit den Fingern auf virtuellen Reglern (Multitouch vorausgesetzt) direkt zu arbeiten. Denn der Knackpunkt ist sicherlich nicht, was man regeln kann, sondern eher, wie „schnell“ und ggf. gleichzeitig man es regeln kann. Und da ist die Maus hoffnungslos unterlegen. Oder gar ein Touchpad… ;-)

  5. Als einer, der selber sowas (in seiner Freizeit) programmiert:

    Fürs Studio ist das ja schon Standard. Da gibt es maximal ein Faderboard für die Nostalgie…

    Für Live bin ich selbst schon relativ unglücklich, das man immer erst den Kanal auswählen muss, bevor die Knöpfe wirken.

    Die Zukunft hier wird denke ich nicht der Laptop mit Maus und Tastatur sein, sondern das (i)Pad oder der Laptop mit Touchscreen. Das dann mit Multitouch, so das die Drehung der Finger die Änderung am Poti macht, da wird die Wirkung dann recht natürlich. Oder das mehrere Finger parallel auch mehrere Volume-Fader gleichzeitig bedienen.

    Aber es ist auch die Diskussion, ob am Bildschirm überhaupt mit Potis und Drehbewegung gearbeitet werden sollte. Drehen ist mit der Maus halt sehr unnatürlich, einfacher ist die Drehbewegung mit nem Trackball. Und sonst ist am Rechner der Schieberegler (Fader) besser für Parameter geeignet…

    Disclaimer: Ich hab schon (sehr kleine) Live-Veranstaltungen nur mit Laptop (mit Trackball) und 8ch-firewire-interface gemischt. Erfolgreich…

    1. Wir sind uns einig, daß es sicher Veranstaltungen gibt, bei denen das funktioniert. Bei acht Kanälen gehe ich mal davon aus, daß es eher eine gemütliche Sache war. Aber schon bei einer einfachen Konferenzsituation mit unterschiedlichen Sprechern am Rednerpult bin (zumindest) ich mit einer anfaßbaren Konsole immer schneller und kann somit ein gleichmäßigeres Ergebnis erzielen.

      1. Von den acht Kanälen hab ich auf jener Veranstaltung 6 effektiv und nur 2 oder 3 jeweils gleichzeitig genutzt. So einen Test würde ich nur sehr ungern bei einer größeren Veranstaltung machen. Auch mir fehlt da der schnelle Zugriff. Beim nächsten mal habe ich auch ein Korg Nanokontrol dabei:-)

        Aber wie gesagt, nicht nur die reinen Displays werden immer günstiger (Mackies Flagschiff mit den zwei Displays ist ja schon recht imposant), auch die Touchscreens werden sich mehr und mehr durchsetzen. Und dann wird es was mit der Haptik für Techniker. Wenn die dann auch noch zwischen „drüber schweben“ und berühren/anklicken unterscheiden können, dann können die Parameter wie im analogen Pult gewohnt angezeigt werden und wenn der Finger drüber schwebt, wird das Poti größer, damit die Zwei-Finger-Drehung besser funktioniert.

  6. wird sich wohl genausowenig (auch im Livebetrieb) verhindern lassen wie die Entwicklung „grosses Mischpult mit Schallplattenspielern (zwei Technics 1210er ;))“ ueber „kleines Pult Dual-CD-Player mit externem Steuerteil“ hin zum Laptop – im guenstigsten Fall noch mit externem Steuerpult, aber ich habe auch schon Installtionen gesehen wo der Lappi einfach per Audiokalbel in den Line-Eingang der vorhandenen Radioanlage……. *schauder*

    Oder im Rundfunkbetrieb – es gab auch Selbstfahrstudios mit den grossen AEG-Studio*maschinen* (also etwas groesser als ein ‚Standard-Tischkuehlschrank‘), heute reicht theoretisch en eiPott um on Air zu gehen – aber bei den heutigen “’Moderationsfachkraeften“‘ kommt’s auch nicht mehr drauf an, ob sie noch die damalige komplizierte Technik bedienen koennten, wenn die sprachlichen Qualitaeten……. Aberlassenwirdas ;)

  7. Beim Recording hab ich mit Logic angefangen, bin jetzt aber zu einer analogen Konsole gewechselt. Klar hab ich im Rechner viele Möglichkeiten zur Bearbeitung, die ich zum Teil auch nutze, aber das reine Mischen ist auf ner normalen Konsole einfach angenehmer. Man hat direkten Zugriff auf alles und einen besseren Überblick. Auch live möchte ich nicht mehr mit ner digitalen Konsole arbeiten.

  8. Für unsere Vorproduktionen hab ich mir irgendwann doch einen billigen DAW-Controller zugelegt, einfach weil es für mich angenehmer ist. Man kann kann mehrere Fader gleichzeitig bedienen, langt halt einfach hin und „macht“.

    Was mir bei kleineren digitalen Konsolen immer abgeht, ist der Überblick, den man bei einer analogen sofort hat. Bei den fallenden Displaypreisen kann ich mir aber vorstellen, dass sich dies in den nächsten Jahren auch ändert.

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