Flashback: Freiburg

Über Freiburg gibt es gar nicht so viel zu schreiben; das Konzerthaus ist halt ein Konzerthaus. Direkt nebenan ein göttlicher Kopierladen. Wie man auf so einen Namen kommen kann, bleibt mir verschlossen.

Ein Blick in den Lift des Konzerthauses offenbart, daß der Architekt des Hauses mal wieder jemand mit einem Treppenfetisch war. Wie sonst kann man ein im Grunde viergeschossiges Haus mit so vielen Zwischen- und Nebengeschossen ausstatten. Überall Treppchen und Absätze. Das ist nicht nur absolut rollstuhlfeindlich, sondern auch für jede Produktion (auch für klassische Orchester) Schmerz im Hintern, weil man nämlich auch auf die Bühne nicht ohne Treppen kommt. Ansonsten nix besonderes.

Košice

In Košice hatte ich meinen ersten richtigen Offday seit langem und ich habe ihn im wesentlichen schlafend verbracht, was mir sehr, sehr gut tat. Abends bin ich dann doch noch mal los. Als wir morgens in Košice ankamen, zeigte sich die Stadt von seiner häßlichsten Seite: übelster postsozialistischer Städtebau, extrem heruntergekommen. Das Hotel war sehr altstadtnah und schon nach wenigen Metern landete ich auf der langgezogenen Fußgängerzone, die von sehr schönen Altbauten eingerahmt wird. Auf der Fußgängerzone gab es den Weihnachtsmarkt und obwohl die Geschäfte alle schon um 18:30 Uhr schlossen war dort noch richtig was los. Es schien, daß die halbe Stadt sich dort und in den umliegenden Kneipen versammelt hatte, um ausgiebig zu feiern. Plötzlich wandelte sich für mich der Eindruck von einer heruntergekommenen Stadt in eine lebensfrohe. Die Atmosphäre war wirklich sehr schön.

Im Winter muß man ja alle Brunnen abschalten; für die Košicer aber keinen Grund, auf die Fontainen zu verzichten: die Brunnen der Innenstadt waren mit Lichtschläuchen geschmückt, die den Wasserstrahl imitierten. Eine einfache, aber sehr gute Idee, wie ich finde. Nebenher gab es Livemusik und alle halbe Stunde spielte ein reichlich verstimmtes Glockenspiel Weihnachtsweisen.

Während ich also über den Weihnachtsmarkt schlenderte und günstig aß (Kotelett mit Brot für 1,20€), erstanden meine Kollegen ganz andere Dinge. Unser Devotionalienverkäufer Lutz (links) fand beispielsweise diese hochprozentige Waffe. Ich bin sicher, daß sie tödlich ist. Backliner Reiny (demzufolge rechts) war am nächsten Morgen ganz begeistert.

Die Steel – Arena in Košice ist schon erst mal eine richtige Halle. Wie so oft wurde bei der Planung leider nicht so richtig an Zweitnutzungen neben dem Eissport gedacht und so ist die Ladesituation sehr hanglagig & steil, die Halle faktisch nicht richtig zu beheizen (was bei Minusgraden schon unangenehm ist) und die Spotposition quasi im Freien (was bei Minusgraden ……)

Auch das Riggen — der Kollege hängt in 26m Höhe und muß jeden Punkt mühsam erklettern — ist nur begrenzt möglich. Für uns war das mit unseren acht Punkten eher kein Problem, bei echten Arenaproduktionen gehen dann aber ganz schnell die Möglichkeiten aus. Dabei muß man sagen, daß der örtliche Rigger richtig gut war; weniger geübte Kollegen hätten uns vor allem beim Abbau schnell ausgebremst.

Das Ausbremsen haben dann andere übernommen. Die örtlichen Helfer, junge Studenten zwischen 20 und 26 vielleicht, waren nicht nur der englischen Sprache nicht mächtig (sechs von zehn sprachen nur Slowenisch), sondern hatten auch eine etwas … spezielle Arbeitsphilosophie. Mir ist es jedenfalls bisher noch nie passiert, daß der ganze Trupp mitten im Truckladen verschwindet, um in Ruhe Pause zu machen.

Die Show lief super, das Publikum war begeistert und als es bei Merry Christmas passend zur Temperatur der Halle zu schneien begann, kannte der Jubel keine Grenzen.

Und ganz nebenbei: die örtliche Produktionsleiterin war deutlich kompetenter als ihre Kolleginnen auf der bisherigen Tour. Vielleicht lag es daran, daß sie weniger telephonierte, sondern sich um Probleme tatsächlich kümmerte. Danach dann ein 750km – Ritt nach Graz. Christian legte den WARP – Gang ein und schaffte es, pünktlich um 10:00 Uhr zum Aufbaubeginn dort zu sein. Gunta war mit Zweitfahrer auch nur eine halbe Stunde langsamer. Super.

Suchbild

Vor ein paar Tagen kam eine Nachlieferung per Spedition. Kaum hatten wir sie von der Palette gehoben, schon stand das Case deutlich schief…

…die Räder waren abgefallen. Ohne größere Krafteinwirkung.

Was ehrlicherweise auch kein Wunder ist. Da hat der Casebauer Käse gebaut. Oder ein Praktikant war am Werk. Und für das geneigte Fachpublikum: wo ist der Fehler ?

Ljubljana

Der gestrige Tag im slowenischen Ljubljana fing eigentlich herzerfrischend an: neben dem Nightliner gab es eine Freiluft – Eisbahn, auf der gerade eine Kindergartentruppe unter sehr liebevoller Betreuung das Schlittschuhfahren lernte. Dem hätte ich stundenlang zusehen können.

Statt dessen trieb mich das Schicksal in diese Halle, in der es neben zu wenig Helfern auch einige andere Dinge nicht, oder erst nach nachdrücklichen Verhandlungen gab. Sowas ist echt ermüdend. Schon am Tag zuvor bin ich an der Zermürbungstaktik der Örtlichen fast verzweifelt.

Eingeweihten wird der fliegend verdrahtete Motorkontroller einen guten Einblick in den örtlichen Stand der Technik geben können. Neben der Tatsache, daß dem Rigger nicht bekannt war, daß man an einem Groundsupport den Motor auch als Flaschenzug hängen kann und so die doppelte Last nach oben bekommt.

Dieses Photo zeigt dann den aktuellen Stand des Gebäudes. Wir schreiben das Jahr 2009. Aus den Duschen kommt nur so lange Wasser, wie man an der Strippe zieht.

Nichtsdestotrotz gab es aber eine euphorisch angenommene Show. Ich finde, daß wir gerade unter widrigen Umständen zeigen, wie gut die Show eigentlich funktioniert. Das Drumherum war wirklich häßlich, das Sidemasking nicht nur komplett fleckig, sondern auch halb durchsichtig, aber wenn die Show einmal läuft, dann kennt der Jubel keine Grenzen. Das ist schon befriedigend — auch wenn die Rahmenbedingungen natürlich sehr gern besser sein könnten.

Dann nachts weiter in die Slowakei. Man kann sagen, daß die Straßen bis dahin (wir fuhren über Ungarn) deutlich nicht nightlinerkompatibel waren; einen Aufbau Ost hat es hier nie gegeben.

Der Kutscher kennt den Weg

Die Tour geht ja noch ein bißchen, aber ich will schon mal anfangen, mich bei ein paar Leuten zu bedanken. Und weil ich gestern und heute die Gelegenheit hatte, von unseren Fahrern gute Bilder zu machen, fange ich mit denen mal an. Oben seht Ihr Gunta, unseren Trucker. Und er ist ein Trucker wie ein Trucker eben sein soll: egal wie beschissen die Helfer sind, egal wie eng die Einfahrt ist, egal wie oft er noch umparken muß, er bleibt ruhig und gewinnt der Situation noch eine grinsende Bemerkung ab. Gunta ist im besten Sinne des Wortes cool und schafft es, selbst mit kleinen Jüngelchen, die man erst mal in die Suppenküche schicken möchte, damit sie etwas Kraft tanken, den Wagen vollzumachen. Und mit voll meine ich bei uns: voll. Es gibt morgens regelmäßig ein „Oh Gott“, wenn der Trailer aufgeht.

Gunta gehört zur alten Garde, flirtet mit spröden kroatischen Zöllnerinnen, als hätten sie eine lange, heiße Affaire und ich bin sehr froh, ihn mit dabeizuhaben. Außerdem fährt er nicht nur gut Auto, sondern auch Spot. Headshots im ersten Ansatz ohne zu wackeln … kein Problem für ihn.

Christian ist unser Nightlinerfahrer und auch er ist eine coole Socke. Allein wie er uns heute Morgen durch die engsten Gäßchen Košices kutschiert hat (Passanten hatten vor Staunen die Hand vor dem Mund), ist einen Preis wert. Es ist ja nicht nur der Bus, es ist auch der Hänger hinter dem Bus, den Christian kratzerfrei durch Straßen fährt, bei denen andere schon bei einem Fiat Bambino Angst hätten, steckenzubleiben. Er ist supervorausschauend, wir hatten in der ganzen Zeit noch nie eine harte Bremsung und so schläft man also perfekt und weiß sich in guten Händen. Darüber hinaus ist der Bus immer sauber, die Betten sind gemacht, der Nikolaus kommt vorbei…… Es ist ein Traum !

Also, meine zwei Kutscher: toll, daß Ihr mit dabei seid, es hätte uns nicht besser treffen können !

Völkerverständigung

So eine Tour durchs Ausland trägt nicht immer zur Völkerverständigung bei, sondern bestätigt manchmal auch alte Ressentiments und Chauvinismen. Der Satzbeginn „May I ask you a question…“ wird niemals durch die Frage beendet werden, ob man lieber Wodka oder Whiskey trinke (ersteres), sondern immer einen lange besprochenen Punkt beinhalten, den man nun örtlich doch anders zu lösen gedenkt. Natürlich so, daß es einen Mehraufwand für die Produktion bedeutet. Sätze mit dem Anfang „We have a problem with…“ weisen schon direkt zu Beginn auf größere Katastrophen hin. Dabei ist statistisch auffällig, wie viele Großmütter ausgerechnet an Konzerttagen beerdigt werden, so daß nicht alle Helfer anwesend sein können. Und ja, natürlich bedauert man örtlich die Unannehmlichkeiten sehr.

Als heute morgen in Ljubljana der Örtliche wieder einen „Problem“ – Satz anfing (von denen es gestern in Zagreb einfach den entscheidenden zu viel gab), war ich es dann, der sicher ein altes Vorurteil gegenüber Deutschen bestätigte: ich wurde sehr arrogant und antwortete, daß er doch bitte seine Probleme nicht zu meinen machen solle, ich würde ihm ja auch nicht sagen, es gäbe da ein Problem, wir hätten heute ausnahmsweise — und es täte mir auch wirklich sehr leid — kein Licht. Mich würden seine Probleme nicht interessieren, sondern ausschließlich Lösungen und das bitte riderkonform [technical rider: Bestandteil des Vertrages, in dem die örtlichen technischen Voraussetzungen festgelegt werden].

Ebenfalls auffällig ist, daß gerade in östlichen Ländern die Quote weiblicher örtlicher Vertreter signifikant steigt, was leider nicht selten eine Steigerung von „Questions“ beinhaltet. Die Produktionsleiterin übermorgen in Košice hat noch alle Chancen, diesen Eindruck zu revidieren.

Und ja, ich zahle freiwillig 5,00€ in die Chauvikasse, aber das mußte einfach mal raus.

Nachtrag: wenn ich mir jetzt einen halben Tag später den Artikel noch mal durchlese, dann fällt mir auf, daß all dieser Ärger, den man mit den Details hat, einen übersehen läßt, daß es auch in der Finsternis durchaus Lichtblicke gibt. Gestern gab es beispielsweise eine örtliche Stagemanagerin, die wirklich vorausschauend und bei der Sache war. Leider war sie eine Minderheit.

Die souveräne Leserin

Wenn man längere Zeit im Bett liegt, dann kann man nicht nur schlafen. Zwischendurch las ich auch ein sehr unterhaltsames, kleines Buch, „Die souveräne Leserin“ von Alan Bennett. Was geschieht, wenn die Queen aus Versehen auf den Bücherbus stößt, der ein mal in der Woche einen der Wirtschaftshöfe des Palasts besucht, um die Bediensteten mit Lesestoff zu versorgen ?  Rund um diese Frage spinnt sich die liebe- und humorvoll geschriebene Geschichte, die deutliche Verehrung für die Queen zeigt und wenig Achtung vor der Politik.

Die Queen, bis dahin treue Soldatin ihres Amtes, verliert sich in die Bücher, lernt viel mehr über ihre Untertanen als bei arrangierten Treffen und stellt fest, daß sie letztlich keine Stimme hat, sondern nur Deodorant für fehlerhafte Politik ist. Ihre sich entwickelnde Liebe zu Büchern bringt den Hofstaat durcheinander, kostet dem ein oder anderen seinen liebgewonnen Posten und veranlaßt die Königin letztlich dazu…… ach, das sollt Ihr selbst lesen.

Ein schönes Buch. Keine Weltliteratur, kein hochgeistiges Werk, sondern einfach ein schönes Buch, das mich lächeln lies.