Light- and Videodesign: twelve points

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Das war er nun, der Eurovision Song Contest. Mal abgesehen davon, daß ich das Ergebnis nicht verstehe, kann man mal festhalten, daß es mal wieder eine absolut überzeugende technische Umsetzung war. State of the Art. Die Kollegen Video und Licht haben die Songs bestmöglich unterstützt, waren oft entscheidende Mitglieder der Band. Gewissermaßen. Ganz, ganz tief gezogenen Hut.

Unabhängig vom Ergebnis möchte ich doch noch mal eben meine Eindrücke festhalten: ich fand die Idee des Openings schon sehr witzig, auch wenn es natürlich kein echtes Opening war, so wie man es aus den vergangenen Jahren kannte. Es war keine Inszenierung losgelöst von den Songs, sondern, nun ja, schon eine Beweihräucherung von Herrn Raab. Aber immerhin eine sehr gut gemachte Beweihräucherung. Auch wirklich schön fand ich die TiltShift – Videos als Einspieler. Das war schon mit Liebe gemacht.

Auch Jan Delay in der Abstimmpause fand ich einen guten Stimmungsbringer. Aber auch da muß man sich fragen, warum man an dieser Stelle einfach nur Jan hat singen lassen, anstatt, wie in den vergangenen Jahren, die Gelegenheit zu einer echten Performance zu nutzen. Ich finde, man hat international gesehen die Chance ein wenig verspielt, nicht nur als technisch perfekter Dienstleister dazustehen (die Shows der letzten Jahre waren ja faktisch auch immer deutsche Produktionen), sondern eben auch künstlerisch Herausragendes abzuliefern.

Sehr gut geschlagen haben sich die Moderatoren. Ehrlicherweise hatte ich nicht damit gerechnet, daß die drei so perfekt abliefern werden.

Nun kurz zu den Länderbeiträgen:

Finnland: tatsächlich finde ich ja Songs, bei denen nur eine Person auf der Bühne steht, bei denen auf das ganze Tänzerbrimborium verzichtet wird, immer sehr gut. Wenn sie es verträgt. Diese Nummer hier fand ich eher langweilig — auch wenn die Erdprojektion schon sehr bewegend ist. Aber ich schrieb ja schon, da die Licht-/Videocrew unglaubliches leistete.

Bosnien und Herzegovina: noch so ein „netter“ Song, der keinem wehtut. Mir fällt schon auf, daß das zu hörende Klavier leider nicht auf der Bühne steht, sondern statt dessen ein Rhodes. Aber wahrscheinlich bin ich zu pingelig.

Dänemark: mir gefällt das klare, weiße Lichtdesign für den Song, auch wenn der Song selbst nicht aus den Hufen kommt. Dafür daß die Jungs wie Rocker aussehen wollen ist das Stück einfach zu hymnisch.

Litauen: eine echte Musical – Schnulz – Nummer. Und wieder wenig Leute auf der Bühne. Für verliebte Pärchen sicher wunderschön.

Ungarn: eine Disko – Abtanz – Nummer, die von Whitney in besseren Jahren sein könnte. Und eine Nummer, die alte ESC – Traditionen aufleben läßt: Windmaschinen und extrem kurze Röcke.

Irland: ein echter Abrocker. Ein Knaller. Für mich einer der Favoriten des Abends.

Schweden: für mich eine langweilige Massenware – Nummer, auch wenn sie schon leicht rockig daherkommt. An der Stelle mal wieder auch ein fettes Lob an die Umbaucrew: in den kurzen Umbauzeiten wird zwischen diesem und dem nächsten Song echt schon eine Menge Material bewegt und außerdem müssen die Glasscherben der Schweden noch entfernt werden. Respekt.

Estland: ein Song, den man zu kennen scheint, so eingängig ist die Melodie. Außerdem ein nettes Mädel. Aber auf der anderen Seite auch trotz des Mittelteils ein Song, der beim Staubsaugen nicht stört. Nicht prägnant.

Griechenland: wieso, bitte wieso kann denn dieser Song so hoch in der Wertung steigen ?!?  Was für eine pathetische Scheiße, gepaart mit mäßigem Rap !  Für meine Ohren eine unfaßbar schlechte Nummer.

Rußland: der Song fängt genau da an, wo die Griechen aufgehört haben: bei Pathos. Der Rest ist bester Bon Jovi – Hausfrauenrock. Na ja. Außerdem verstehe ich ehrlicherweise nicht ganz, wieso die Russen denn bei dieser absolut gigantischen Videowand im Hintergrund noch mal Videoscreens mitbringen müssen.

Frankreich: gewaltiges Video zu gewaltiger Filmmusik. Mir ist’s zu gewaltig.

Italien: eine schöne angejazzte Nummer, bei der man sich das Orchester aus alten Zeiten wieder an den Bühnenrand wünschen würde.

Schweiz: das Stück bekommt katastrophal wenig Punkte; verstehe ich nicht, da gibt es echt einige Songs, die ich deutlich, deutlich schlechter finde. Mich erinnert die Musik an Barcadi – Werbung. Keine sooooo schlechte Assoziation :-)

Großbritannien: Blue … na ja … Boygrouppopmusik von der Jahrtausendwende. Da hat sich nix getan in den letzten zehn Jahren. Außerdem wieder LED auf dem Set. Komisch. Auf den Gedanken würde ich nicht kommen bei der Bühne.

Moldau: Haha, die Nummer gefällt mir !  Geiles Outfit, tolle Partynummer. Genau gar keine ESC – Musik, aber genau deshalb wirklich klasse. Ich stand als Jugendlicher ja auf Ska……

Deutschland: Hm. Also erstmal finde ich das Stück mit seiner kühlen Ausstrahlung schon herausragend unter all den anderen. Auf der anderen Seite schafft es Lena bei weitem nicht, an die Ausstrahlung, an das Leuchten und Brennen des letzten Jahres heranzukommen. Sie brennt nicht. Was ich nach dem ganzen Streß des Jahres gut verstehen kann. Platz 10 ist ein respektables Ergebnis und geht schon klar.

Rumänien: unauffällige Schubidu – Musik die keinem wehtut. Aber mal ganz ehrlich: was machen die beiden Trompetentussen auf der Bühne, wenn eigentlich nur Geigen zu hören sind ?

Österreich: noch mal Whitney … aber ’ne Stimme hat se. Ich selbst hätte ja die Gospeltanten zuhause gelassen; nur sie ganz allein auf der Bühne hätte noch hochwertiger gewirkt. Auch ein Song, der mehr Punkte verdient hätte.

Aserbaidschan: zugegeben: es ist eine Nummer, die gut ins Ohr geht, die man zu kennen glaubt, die eine gute Radiotauglichkeit hat. Und auch sie wurde mit Licht und Pyro hervorragend umgesetzt. Aber Platz eins ?  Hm. Nee … ehrlicherweise nicht.

Slowenien: hohe Stiefel machen es nicht allein. Es ist eine langweilige Nummer.

Island: die Geschichte hinter dem Song ist natürlich herzergreifend, der Song selbst aber langweilig und harmlos.

Spanien: Mallorca – Trallalla – Musik. Eigentlich genau das, was man schubladenmäßig von Spanien erwarten würde.

Ukraine: da fliegt sie mit ihren Contaganstummelflügelchen. Für mich ein Song zum sofort wieder vergessen. Allein die Sandfrau bleibt in Erinnerung und ich unterstelle mal, daß 2/3 der eingespielten Punkte auf das Konto der Sandbilder gehen.

Serbien: ach Nina … für mich der beste Song. Ja, ich bin ein bißchen verliebt in die Sängerin. Außerdem stehe ich auf diesen 60er Jahre Soul – Pop – Sound, auf die Kleider und auf diese geilen Videos. Gefällt mir sehr. Auch, weil da einfach Begeisterung rüberkommt, weil die Mädels mit Spaß und Ausstrahlung auf der Bühne stehen.

Georgien: Rock ’n‘ Roll !  Ja, die Kostüme sind scheiße, aber die Nummer macht Spaß. Ein schöner Abschluß der Teilnehmer.

Während der ganzen Punktvergabe habe ich mich die ganze Zeit gefragt, warum man eigentlich die Show immer noch zweisprachig (Englisch und Französisch) durchführt. Alle, wirklich alle sprachen Englisch — nur Frankreich und zugegebenermaßen auch Belgien nicht. Bei 43 Ländern also zwei (und Belgien ist ein dreisprachiges Land, da wäre es eh egal). Ich würde Französisch als Showsprache ja kippen.

Es war also eine gigantische Show. Die Idee, mal einfach ein Fußballstadion umzubauen, war schon ein wenig größenwahnsinnig, aber sie hat funktioniert, hat unglaublich perfekt funktioniert. Gut gemacht Jungs & Mädels. Gut gemacht.

9 Gedanken zu „Light- and Videodesign: twelve points“

  1. Bis auf Serbien kann ich das genau so unterschreiben. Vollkommen unklar warum Griechenland so viele Punkte eingeheimst haben, wæhrend Østerreich und Schweiz fast leer ausgingen. Das Gewinnerlied ist ja ganz nett, aber die stimmliche Umsetzung fand ich grottig. Auch wenn ich Lena nicht mag, hat sie hier eine gute Leistung abgeliefert, da hætte ich mehr Punkte gegønnt. Aber gegen eine Nachbarschaftspunktevergabe hat man keine Chance, ausser man ist neu und kann eine wirklich aussergewøhnliche Show bieten.

  2. Mir gefielen – ebenso wie Dir – die „Spielzeug-Landschafts-Einspieler“ und der Clip vom Aufbau. Meine musikalischen Favorites waren Moldau und Georgien. Ansonsten das meiste schon mal so oft da gewesen und irgendwie austauschbar … Einheitsbrei. Da ragte für meinen Geschmack sogar Lena aus der Masse hervor, was aber mehr am Song als am Gesang lag. Aber es ist ja gut, dass man über Geschmack bekanntlich nicht streiten kann. ;-)

    Letztlich ist mir bei dieser Show das Herz zu sehr auf der technischen Strecke geblieben. Und das schreib ich jetzt mal rein aus Fernsehzuschauersicht. Ich kann mir nämlich schon sehr gut vorstellen, dass all die tollen Effekte in der Halle gigantisch und atemberaubend gewirkt haben. Fernsehtauglich fand ich’s weitestgehend nicht und a little bit too much. Und das Moderatorentrio hat auch nicht wirklich herzlich überzeugt.

  3. Ich frage mich eher, weiso auf englisch moderiert wurde. Wenn man schon bei den Einspielern das Gastland präsentiert, könnte man das mit der Sprache des gastlandes doch auch tun?

  4. also für mich wars auch total überladen, und wo wird dieser größer, besser, mehr, …-wahnsinn noch hinführen?
    einfach mal wieder back to the roots, n paar teelichter hinstellen und alle müssen im gleichen bild singen, das wär mal was. und abgesehen vom raab (der schon überflüssig war) frage ich mich ob wirklich anke engelke das non plus ultra der deutschen moderatorinnen ist. da hätte mir persönlich ja frau müller besser gefallen.

    naja, wie auch immer. markus, hast du jetzt schon kontakte nach aserbaidschan geknüpft? damit wir dann die nächste show bauen? ;-)

  5. Als zur Wertung die LED-Wand aufgefahren wurde stand mir doch der Mund offen.
    Was für ein Wahnsinn, was für eine Show.

  6. Gabs da dieses Jahr eigentlich wieder ein Techniker Blog wie die letzten Jahre? Ich finde hierzu nix im Netz.

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