Mein erster Job

Haus Böckum in Duisburg Huckingen

Flocke brachte mich mal wieder auf eine Idee. Sie erzählte nämlich vor zwei Tagen in ihrem Blog von ihrem ersten Job. Nun bin ich ausgerechnet dieses Wochenende in Duisburg, weil meine Mom nämlich Geburtstag hat. Eine ideale Gelegenheit also, bei meinem allerersten Arbeitsplatz mal vorbeizulaufen und ein paar Photos zu machen.

Haus Böckum in Duisburg Huckingen

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Haus Böckum, altehrwürdiger Rest einer Raubritterburg am Rande Duisburg – Huckingens, war im 20. Jahrhundert ein Bauernhof, der sich dann in Richtung Geflügelzucht spezialisierte. Anfang der 80er Jahre gab es dort etwa 14.000 Hühner, etwa 1.000 Gänse und allerlei „Ziergefieder“. Die Gänse kamen im Frühjahr, lebten auf Wiesen und spätestens zu Weihnachten waren die Wiesen leer. Die Hühner lebten in vier großen Ställen und legten fleißig Eier. Die galt es einzusammeln, nach Gewicht zu sortieren und zu verpacken. Genau das war als Schüler meine Aufgabe. Arbeitsbeginn: 06:00 Uhr. Was mir damals noch nicht ganz so viel ausmachte wie heute.

Gänse vor Haus Böckum in Duisburg Huckingen

Im Frühjahr mit den ganzen Gänseküken, das war schon immer sehr süß. Wenn sie noch sehr klein waren drängten sie sich in großen Trauben unter den Wärmelampen im alten Kuhstall und quitschten um die Wette. Bei den Hühnern war Mittwochs oder Donnerstags (das weiß ich nicht mehr ganz genau) immer Schlachttag, um den Hühnersuppenbedarf für’s Wochenende zu decken. Wie heute auch gab es einen großen Hofverkauf, bei dem es nicht nur Geflügelprodukte (Eier, Fleisch), sondern auch Obst, Gemüse, Nudeln, Obstsäfte und allerlei andere bäuerliche Produkte gab.

Immer 2.000 Hühner bildeten eine Stalleinheit (einige Ställe waren unterteilt, so daß 2.000 Hühner zusammen in einem Raum waren) und man mußte sich immer sehr ruhig bewegen, damit sich die Tiere nicht erschreckten. Denn bei so vielen Hühnern kann man sagen: erschrickt sich eine, erschrecken sich alle; und das ist nicht gut. Ein Mal konnte ich das leider nicht verhindern, denn mit mir war eine Katze mit in den Stall gehuscht. Die gehörte da natürlich nicht rein und weil sowieso beim Anblick der Katze ein riesiger Ruck durch den Stall gegangen war, war’s dann auch egal, wie ich mich bewege. Blöderweise wollte das Vieh besonders schlau sein und sich in einem Spalt verstecken — dummerweise ging es da dann in die Güllegrube und die Katze ward erst wieder beim Absaugen der Grube gesehen; in der Pumpe.


Interessant ist auch, daß es ja durchaus Eiformen gibt, die man als Verbraucher normalerweise nicht zu sehen bekommt. Windeier beispielsweise. Das sind Eier ohne Schale. Manchmal legen Hühner diese Windeier, bevor sich die Schale richtig ausgebildet hat; sie haben nur eine dicke Haut. Diese Windeier wurden bei uns zusammen mit Knickeiern (also solchen mit beschädigter Schale) besonders günstig an Hausfrauen verkauft, die backen wollten.

Auch lernte ich, daß braune Eier von der Schale her zwar etwas stabiler als weiße Eier sind, daß Hühner, die braune Eier legen, aber weniger produktiv sind, als ihre weißeierlegenden Kolleginnen. Das merkte ich als Eiereinsammler ja ganz leicht. Ich hatte Sammelkörbe aus Kunststoff (einige ganz alte aus Drahtgeflecht waren auch dabei), in die im Stall immer 200 Eier kamen. Aus Ställen mit braunen Hühnern trug ich weniger Körbe heraus, als aus solchen mit weißen. Die Ställe sind oben auf den Photos übrigens nicht zu sehen. Heute sind die großen Ställe von damals alle nicht mehr in Betrieb und gammeln ein wenig vor sich her.

Und damit Ihr auch ein wenig von der Vergangenheit des Hauses lernt, könnt Ihr hier noch die Geschichte der Raubritter lesen. Ich habe sie aus dem Buch „Der heilige Brunnen; Duisburger Sagen, Legenden und Erzählungen“ von Karl Heck und Hans Homann, 1967 erschienen im Mercator – Verlag Duisburg.

In jener fernen Zeit, in der die Kaufleute immer reicher und die Ritter immer ärmer wurden, dachte der adelige Herr auf Schloß Böckum gleich vielen anderen seiner vornehmen Sippschaft darüber nach, wie man das lustige Leben fortsetzen könnte, ohne zu ackern oder Handel zu betreiben. Sie verfielen allesamt darauf, es den Räubern und Wegelagerern gleichzutun und vor allem die fahrenden Kaufleute gründlich auszunehmen.

Der Ritter von Schloß Böckum meinte, er liege mit seinem festen Haus gerade richtig in der Nähe der Verbindungsstraße zwischen Düsseldorf und Duisburg, die von den Händlern mit großen und kleinen Pferdewagen eifrig befahren wurde. Da aber sein Schloß fast 10 Minuten von der Landstraße entfernt lag und zudem von einem hohen, dichten Wald umgeben war, machte ihm sein Erscheinen zur rechten Zeit und an der günstigsten Stelle oftmals große Schwierigkeiten. Er wußte sich aber zu helfen. Ganz in der Nähe der Landstraße lag ein Bauernhof, der Steinhof genannt wurde, weil er ganz aus Bruchsteinen erbaut worden war. [Diesen Hof gibt es übrigens bis heute] Der war ihm seit langer Zeit zu eigen. Einigen seiner Knechte gab er den Auftrag, sich Tag und Nacht dort auf die Lauer zu legen und bei dem Herannahen einer Kaufmannskaravane auf die Pferde zu springen, zum Schloß Böckum zu reiten und Nachricht zu geben. Um auch in den dunkelsten Nächten, wenn man keine Hand vor Augen in dem dichten Wald um das Schloß sehen konnte, das Herannahen von Kaufmannswagen dem Raubritter melden zu können, hatte der Herr von Böckum einen unterirdischen Graben ausheben lassen, den der Knecht mit der Botschaft vom Nahen der Händler mit einer Fackel in der Hand zu durcheilen hatte.

Erhielt der Raubritter die Meldung, daß die bepackten Karren der Händler auf Duisburg zufahren wollten, dann sprengte er mit seinen Reisigen auf den schweren Ritterpferden an der Anger [einem größeren Bach in Huckingen] vorbei, um über den Remberger Hof zur Spick zu gelangen. Dort führte eine Brücke über die Anger. Hier lauerte er hinter dem Übergang über den Bach seinen Opfern auf, so daß sie bei seinem Überfall nur versuchen konnten, über die Angerbrücke zurückzufahren. Dort aber standen seine Knechte zum Plündern der Wagen bereit. Wollten die Kaufleute von Duisburg nach Düsseldorf fahren, stürmte der Raubritter an der Anger vorbei nach Süden. Dann lauerte er den Kaufleuten an der Sandmühle auf, weil dort die Anger über den „Großen Graben“ führte.

Viele Jahre trieb der Raubritter vom Schloß Böckum sein unehrenhaftes Gewerbe. Da brach zu dessen Bestrafung der Erzbischof von Köln mit dem Grafen von Berg auf [dem das Haus dann auch später gehörte]. Am Walde Ansagel im Süden Duisburgs kam es zum letzten Gefecht für den Raubritter. Er und alle seine Reisigen wurden gefangengenommen und in Köln zum Tode durch das Schwert verurteilt.

14 Gedanken zu „Mein erster Job“

  1. Sagte ich schonmal, das ich derartige Geschichten unheimlich mag? Du hast das mal wieder sehr schön geschrieben.

    Die Passage mit den „süßen kleinen Küken“ hat mich an einen Urlaub auf dem Bauernhof erinnert, den ich als 8-jährige verbrachte: Ich fand die kleinen Küken auch so putzig, kuschelte mit ihnen und stopfte sie mir in die Bluse. Naja, damals war da noch Platz…

    Viel Platz, denn ich steckte viele Küken rein, die sich aufgrund der Schwerkraft natürlich alle um die -damals noch vorhandene- Taille versammelten. Es kitzelte irrsinnig, war aber gleichzeit angenehm warm und flauschig.

    Eines hatte ich nicht bedacht: Die süßen Kleinen hatten Flöhe, die mir die ganze Taille zerbissen. Es juckte fürchterlich und sah aus als hätte ich Umlauf. Der Veterinär, der in der Nähe wohnte, gab mir einen Puder der gut half.

    Aber peinlich wars mir irgendwie schon, mich vorm Tierarzt nackich zu machen.

    Wahrscheinlich wurde damals der Grundstein für meine Klatsche gelegt…

  2. Oh…. Haus Böckum kenne ich auch … auch das geschnattere, aber gejobt hab ich da nie. Mein erster Job war einmal die Woche das Ruhrwort ( die katholische Kirchenzeitung fürs Bistum Essen) auszutragen und einmal im Monat zukassieren.

    Fr. Flocke glaub du hast aber mehrere Grundsteine :D

  3. @Flocke: unsere Küken hatten keine Flöhe (oder ich hatte mehr Glück als Du). Ich hab‘ mich mal komplett nackt zwischen die Küken gelegt und es war ein sehr schönes Gefühl, wenn sie über einen herrannten und überall (nein, DA nicht) herumpiekten.

    @Marty: das Ruhrwort kenne ich als Sohn erzkatholischen Elternhauses natürlich auch. Wenn Du Böckum kennst, bist Du dann auch aus Huckingen ?

    1. Ja.. bin im St. Anna geboren und bis 12 auf der Peschenstr. aufgewachsen. Dann sind wir nach Buchholz gezogen, dort hab ich auch das Ruhrwort ausgetragen.

      War in Huckingen auf der Kath. Grundschule da und dann auf der Realschule-Süd. Den früheren Laden deines Vaters kenne ich ja … auch wenn von nur von aussen, hab noch nie ne Brille gebraucht. Glaub meine Großeltern waren da Kunden.

        1. jo, bin 61iger Jahrgang … die Tribukeit ( oder so ähnlich) war die Lehrerin.
          Die Ecke da am Angerbogen hat sich auch mächtig verändert. Letztens noch zu Verwandeten nach Serm gefahren. Ist ja ganz ganz anders da.

          1. Die Tribukeit mit den vielen Katzen… die wohnt bei meinen Eltern Zaun an Zaun gegenüber, hat nicht nur selbst viele Tiere, sondern füttert auch, nicht gerade zur Freude des Bauern, täglich die Katzen auf Böckum. In der Grundschule hatte ich sie nur zwischendurch mal, unsere Klassenlehrerin war Frau Müller, die Rektorin.

            1. ähmmm.. wie alt ist sie denn? Vom Gefühl eines Grundschülers war sie damals schon uralt :D . Wenn ich mich recht erinnere wohnte sie in dem Villen ( für Leute aus der Peschenstr) Viertel hinter dem St-Anna. Glaub die letzte Strasse vor den Feldern.

              1. Meine Mom meint, sie wäre so um die 80. Und stimmt, sie wohnt auf der Trarbacher Straße, das ist die letzte Straße vor den Feldern. Meine Eltern wohnen auf der Cochemer Straße, das ist eine Straße davor.

              2. jo 80 könnte hinkommen. Kenne die Ecke auch mehr dadurch, das die Zwillinge von Gerlings bei mir in der Klasse waren und ich da ab und an auf deren Hof spielte. Und natürlich im Sommer mit dem Rad zum Schwimmen in den Grossenbaumer Baggersee

  4. Guten Morgen zusammen

    Klasse Beitrag und ein supertolles Gänsebild :-)))
    Richtig genial.

    Liebe Grüße aus dem östlichen Ruhrgebiet
    und einen schönens Sonntag
    Justin

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