Jenseits von Eitelkeit

Rüdiger Beckmann: Beyond Vanity

Seit ein paar Monaten versuche ich mich nach vielen Jahren mal wieder gelegentlich an Portrait- und Aktphotographie. Ich habe von den bisher gemachten Bildern bislang nichts hier oder im Photoblog gezeigt, weil mir die Photos nicht gefallen. Nicht, daß die Frauen nicht gut aussahen, nicht, daß die Bilder nicht technisch akzeptabel sind. Nein, daran liegt es nicht. Die Bilder zeigen für mich zu viel Pose und zu wenig Seele. Sie sind schön, aber sie berühren mich nicht. Und darum muß ich sie nicht zeigen.

Durch Zufall bin ich nun auf das Buch von Rüdiger Beckmann gestoßen; Beyond Vanity, Jenseits von Eitelkeit. In diesem Buch sehe ich plötzlich Bilder, wie sie mir vor meinem Auge vorschwebten, als ich versuchte, mich Menschen mehr zu nähern. Ich sehe Seelen, ich sehe Menschen — und nicht nur Körper. Beckmann versteht es, sich seinen Photographierten so zu nähern, daß sie sich entspannen und sie selbst werden. Er hat die Gabe, mit den Kleidungsstücken auch Masken ablegen zu lassen. Übrig bleiben in jeder Hinsicht nackte Menschen, selbst wenn sie noch ein Shirt anhaben sollten. Diese Bilder haben mich sehr berührt und ich hoffe, daß mir das Buch helfen wird, mit mehr Mut meine ganz eigenen Vorstellungen von Photos umzusetzen. Mehr LoFi. Was von den Menschen vor der Linse sicher noch mehr Mut erfordert. Ich bin sehr gespannt.

 

Ich.darf.nicht.schlafen.

In den letzten Monaten las ich viel Weiterbildung, aber kaum Unterhaltungsliteratur. Und so kam es, daß ich gestern Nacht, als ich nach Hause kam, einfach Lust hatte ein Buch zu lesen. Und es in sechs Stunden auch zuende lies. Watsons „Ich.darf.nicht.schlafen.“ ist eine Geschichte über eine Frau, die morgens aufwacht, sich wie eine Mittzwanzigerin fühlt, sich umdreht, feststellt, daß neben ihr ein knapp 50jähriger liegt, sich ärgert, wie besoffen sie denn gewesen sein muß, daß sie sich von so einem alten Sack abschleppen ließ und im Bad sehen muß, daß sie auch schon Mitte vierzig ist. Ihr fehlen mal locker 20 Jahre.

Im Laufe der Geschichte erfahren wir dann, daß sie eben seit 20 Jahren jeden Morgen aufwacht und über Nacht alles vergessen hat, was geschehen ist; ihre Erinnerungen reichen nur von der Kindheit bis maximal in ihre Zwanziger. Alles was danach geschah ist ausgelöscht.

Bei so einer Amnesie ist es natürlich schwer abschätzen zu können, wem man vertrauen kann, wem nicht und es ist einfach, einer solchen Person Wahrheiten unterzujubeln, die keine sind. Darauf baut das Buch auf und erzählt eine schon spannende Geschichte über das Wiederentdecken von Erinnerungen.

Ich selbst würde das Buch keinen Thriller nennen; das Wort scheint mir dann doch zu groß. Aber es ist gut gemachte Unterhaltung, die sich eben flüssig durchlesen läßt, auch wenn man erst um 01:00 Uhr anfängt und das Buch um 07:00 zur Seite legt um dann doch eines zu tun: schlafen.

Ab ins Grüne

Wenn das Wetter so bescheiden ist wie in den letzten Tagen, dann kann man die Zeit die man zuhause sitzt sehr gut dazu nutzen, um sich zu überlegen wo man denn bei gutem Wetter hinfahren möchte. Allen die rund um Hamburg wohnen kann ich dazu das Buch Ab ins Grüne empfehlen. Dieser Tourenplaner beinhaltet 70 Tagestouren mit Rad oder zu Fuß, die man von Hamburg aus ganz einfach erreichen kann; das tolle daran: sie sind auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen, was gerade für Radtouren natürlich praktisch ist.

Hier erfährt man, daß man nach Bad Segeberg nicht nur wegen der berühmten Karl May – Festspiele, sondern auch wegen des schönen Staatsforsts mit Hügelgräbern aus der Bronzezeit fahren kann, daß es bei Glinde einen Radweg gibt, der beim Rückbau einer Bahnstrecke entstand und daß man für eine Radtour entlang von Mühlen nicht nach Holland fahren braucht, sondern sich einfach rund um Stade bewegt. Ihr seht, es ist ein Buch, das in keinem Hamburger Haushalt fehlen darf.

Die Serie „Ab ins Grüne“ gibt es nicht nur für Hamburg, sondern auch für Berlin, Hannover, Ruhrgebiet/Düsseldorf, Bremen, Leipzig/Halle und Köln/Bonn. Eine ältere Berliner Ausgabe hatte ich zu Zeiten, in denen ich in der Stadt wohnte und war auch damit sehr zufrieden.

Sicherheit in der Veranstaltungstechnik

Nachdem ich vor Kurzem hier schon ein Buch zur Versammlungsstättenverordnung vorstellte, möchte ich heute den Bogen noch etwas weiter spannen und Euch ein weiteres recht umfassendes Buch zur rechtlichen Situation in der Veranstaltungstechnik zeigen. Das Buch „Sicherheit in der Veranstaltungstechnik“ behandelt alle für uns relevanten Gesetze und kommentiert sie kurz und präzise. Außerdem stellt das Buch im ersten Teil sehr ausführliche Tabellen als Checklisten zur Gefährdungsanalyse zur Verfügung, auch als PDF auf CD.

Streng genommen ist es so, daß wir nach der aktuellen Gesetzeslage vor jeder Veranstaltung eine schriftliche Gefährdungsanalyse erstellen müssen. Das mache zumindest ich ehrlicherweise nicht immer. Nur wenn es frickelig wird, setze ich mich hin und schreibe mir auf, worauf wir besonders achten sollten. Das im Buch zur Verfügung gestellte Formblattverfahren zum Ankreuzen ist eine tolle Hilfe, um diese Analyse und damit Selbstkontrolle viel häufiger anzuwenden — zur eigenen Sicherheit. Etwas schade finde ich, daß die Formulare auf der CD nur als PDF (und nicht als für die eigenen Zwecke editierbare RTF) und als nur eine große Datei vorliegen. Anders wäre es cooler gewesen, auch wenn es natürlich Konvertierungsprogramme gibt, die das PDF in eine Word – Datei wandeln.

Das Buch geht an den entsprechenden Stellen auf die sich wandelnde Situation mit den berufsgenossenschaftlichen Verordnungen ein und zeigt schon die neuen Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS), die die BGVs ja mal ersetzen sollen.

Sehr deutlich wird darauf aufmerksam gemacht, daß das in unserer Branche noch sehr verbreitete Denken, Arbeitszeitvorschriften seien nur etwas für angestellte Schlaffis, juristisch deutlich nicht mehr haltbar ist. Alle relevanten Vorschriften gelten mittlerweile nicht nur für Angestellte, sondern für Beschäftigte, sodaß auch Freelancer unter die Fürsorgepflicht des Auftraggebers fallen.

Das Buch Sicherheit in der Veranstaltungstechnik ist ein mächtiges Werk, das sich hervorragend als Nachschlagewerk auf dem Schreibtisch eignet …… und auch als Geschenk für den ein oder anderen Agenturkunden, der meint, daß echte Männer auch locker 36h – Schichten fahren können. Man wird vielleicht erstmal beim Preis von 72,00€ schlucken, ich finde das Buch aber so gut, daß ich es trotzdem wärmstens empfehle.

Praxisleitfaden Versammlungsstättenverordnung

Die Versammlungsstättenverordnung gehört ja zum täglichen Brot, wenn man verantwortlich in meinem Beruf arbeitet. In den letzten Jahren rückte sie mehr und mehr in den Focus, nachdem sie früher zwar auch für alle galt, aber in der Praxis doch nur eher im Theaterbereich Anwendung fand. Im Rahmen der Vorbereitungen zur Fußball – WM 2006 gab es sogar fast sowas wie bundeseinheitliche Regelungen, aber leider zerfällt die Situation wieder in Vorschriften der Bundesländer, die nicht immer kompatibel miteinander sein müssen — von der absolut idiotischen Situation im Bundesland Berlin mal ganz zu schweigen. Das macht die Arbeit für tourende Produktionen nicht immer einfach.

Manchmal tut es ganz gut, sich einfach mal hinzusetzen und sich alles noch mal in Ruhe durchzulesen. Im Streß des Alltags vergißt man manchmal etwas, auch ändern sich die Gesetzte. Dafür eignet sich ganz hervorragend der Praxisleitfaden Versammlungsstättenverordnung, in dem der Gesetzestext nicht nur einfach abgedruckt ist, sondern Paragraph für Paragraph durchgegangen, kommentiert und in den Bezug zu anderen Gesetzen gesetzt wird. Gerade das schafft oft den erhellenden Moment. So können die Regelungen der VStättV manchmal gar nicht ausreichend sein, da diese in erster Linie den Schutz der Besucher behandelt. Für Arbeitende können aber gerade diese Besucher auch eine Gefährdung darstellen und so fordert beispielsweise die Arbeitsstättenverordnung Fluchtwege für Mitarbeiter unabhängig von denen der Besucher, weil flüchtendes Volk ein unberechenbares Risiko für Mitarbeiter darstellt; wie wahr.

Auch wird man feststellen, daß ein paar liebgewonnene Dinge der Vergangenheit zukünftig nicht mehr so ohne weiteres funktionieren werden, weil auch die Behörden irgendwann bemerken, daß Vorgaben härter geworden sind. Da ist es hilfreich, sich rechtzeitig darauf einzustellen, um vorbereitet zu sein und dann den Beamten goldene Brücken bauen zu können, anstatt herumzurudern.

Klar, so ein Buch ist kein packender Roman. Trotzdem nahm ich mir den Praxisleitfaden am vergangenen Wochenende am Sylter Strand liegend vor und es war gar nicht sooooo dröge. Ich wurde jedenfalls an ein paar Dinge erinnert und habe auch neue Erkenntnisse gewonnen, was das Arbeiten für mich wieder etwas sicherer machen wird … auch und gerade als Verantwortlicher. Ich kann das Buch also sehr empfehlen.

Handbuch Veranstaltungsrecht

Daß unsere Veranstaltungsbranche nicht mehr der quasi rechtsfreie Raum aus den 80ern ist, hat sich ja allmählich herumgesprochen (gut, vielleicht in Donaueschingen noch nicht). Tatsächlich gibt es mittlerweile eine Menge Gesetze zu beachten, die einem das Leben im Alltag extrem schwer machen können, zumal man ja leider doch noch immer wieder auf die „das machen wir hier schon immer so“ – Fraktion trifft. Im „wirklichen Leben“ sind viele Dinge lange Standard, an die sich bei uns … nun … sagen wir mal … noch nicht jeder hält — und die bei uns bisher auch noch nicht, oder nur sehr selten kontrolliert werden.

In dem kleinen Ort in dem ich aufwuchs gab es einen alten Dorfarzt und der verschrieb bei Schlafstörungen gerne: „Lesen Sie jeden Abend fünf Seiten Bürgerliches Gesetzbuch. Das schadet nicht, macht Sie zu einem besseren Menschen und läßt Sie danach garantiert tief schlafen.“ Aus genau diesem Grund hat keiner von uns wirklich Lust, sich durch dicke Gesetzeswälzer zu arbeiten; es ist also gar nicht so einfach zu wissen und zu verstehen, worauf es bei uns alles ankommt. Einen ganz gut zu lesenden Überblick bietet das Handbuch Veranstaltungsrecht von Christian Kuntze. Es ist ist so umfangreich, daß man einen sehr guten Überblick bekommt, so straff, daß es nicht allzusehr ermüdet und so gut geschrieben, daß es sich auch lesen läßt. Tatsächlich interessiert vielleicht nicht jeden alle Teile des Buches; ich selbst habe beispielsweise den Bereich mit den Künstlerverträgen nur überflogen. Auf der anderen Seite gab es aber auch durchaus Bereiche, die ich mit einem „Ooooops !“ zur Kenntnis nahm.

Für alle, die in verantwortlicher Position in der Veranstaltungsbranche unterwegs sind, ist dieses Buch eine gute Übersicht über den rechtlichen Hintergrund unserer Arbeit, das sich zu lesen lohnt.

Passagen

In diesen Tagen gehe ich alles mir großer Ruhe an. Nicht ganz freiwillig, aber es tut gut, mal ein wenig zu entspannen. Und so war ich heute in der Handelskammer um mir die Ausstellung von Michael Zibold anzuschauen. Der war in den letzten 20 Jahren in 19 Hafenstädten rund um den Globus und hat diese Städte portraitiert. Dabei stehen gar nicht so sehr die Schiffe und Häfen im Vordergrund, sondern eher das Leben und die Menschen dort. Das Ergebnis dieser Beobachtungen kann man nun gerade in einer etwas gewöhnungsbedürftig gehängten Ausstellung in der Hamburger Handelskammer (die aber dafür kostenlos zu besichtigen ist) und in einem Photoband ansehen.

Mir gefallen die durchweg schwarzweißen Aufnahmen sehr gut. Sie sind mit einem sehr aufmerksamen und auch liebevollen Auge beobachtet, zeigen schöne Details und ermahnen mich, bei meinen Bildern auch noch etwas näher ran zu gehen, mehr die Details zu zeigen. Natürlich sieht man den Bildern an, daß sie im Laufe einer recht langen Zeit entstanden sind, zwanzig Jahre sind ja schon ein Unterschied im Aussehen der Menschen und Städte. Trotzdem fällt mir auf, daß alle Städte eine gewisse gelassene Offenheit ausstrahlen. Das mag an der Perspektive des Photographen liegen, oder aber eben doch am Flair einer Hafenstadt. Es hat mir auf jeden Fall großen Spaß gemacht, mir die Bilder anzuschauen und so kann ich Euch einen Besuch der Ausstellung sehr empfehlen.

Sterntagebücher

Passend zu unserer Reise möchte ich Euch hier eine Buchempfehlung eines osteuropäischen Science Fiction – Romans geben. Die Sterntagebücher des polnischen Stanisław Lem sind weit mehr, als man gemeinhin unter dem Begriff Science Fiction vorstellt. Sie sind so überbordend an Humor, Ironie, Phantasie und auch Gesellschaftskritik, daß sie aus dem Feld der Bücher, die ich aus diesem Genre bisher las, weit herausragen. Es macht großen Spaß, Ijon Tichy, die Hauptfigur des Buchs, durch Raum und Zeit, durch seine münchhausenesken Abenteuer zu begleiten. Die Begebenheiten und auch die Lebewesen, die Tichy auf seinen Reisen trifft, sind einfach wunderschön beschrieben und teilweise auch skizziert. Auf jeden Fall eine gute Reiseliteraur.

Der Bühnenbildner

Auf dem Trödelmarkt entdeckte ich auch dieses wunderschöne Büchlein über den Bühnenbildner Karl Gröning, der in den sechzigern am Schauspielhaus in Hamburg leitend tätig war. Natürlich mußte ich es kaufen. Ich finde es herzerfrischend, wenn dort von den künstlerischen Veränderungen des modernen Theaters die Rede ist. Herr Gröning würde sich wahrscheinlich gut wundern über das Theater der heutigen Zeit — wobei sich das Rad ja schon fast wieder zurückdreht und die Inszenierungen nicht mehr nur provozieren wollen, weil das einfach kaum noch geht.

In diesem Buch sind Skizzen, Entwürfe, Modelle und Photos von Bauproben, Proben & Aufführungen zusammen mit den Erläuterungen zu sehen, warum man denn damals so entworfen hat. Dies nicht nur aus der Zeit der Sechziger, sondern auch weit früher, von den Vorbildern Grönings. Dies ergibt ein sehr schönes Bild vom Wandel des Anspruchs an das Bühnenbild und vom Wandel des Zeitgeschmacks im Laufe der ersten sechzig Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts. Eine gute Investition also für die zwei Euro, die das Buch kostete.

Bilder meines Lebens

Schon vor einigen Wochen habe ich dieses Buch gelesen, das ich Euch endlich auch mal vorstellen möchte. Wer Marianne Breslauer als Photographin kennt (Ihren Photoband stellte ich hier vor), der würde bei einem Buch das „Bilder meines Lebens“ heißt ja ebenfalls viele Photos vermuten. Dem ist aber nicht so. Natürlich sind einige Photos enthalten, Hauptschwerpunkt ist aber Text, eine Autobiographie. Ihre Erinnerungen gehen von der Kaiserzeit — sie sah noch Kaiser Wilhelm II. im Grunewald reiten — bis in ihr hohes Alter. Und sie erzählt so schön, so bildhaft eben, daß es kaum Photos bedarf, um sich die Szenen ihres reichen Lebens gut vorstellen zu können.

Marianne Feilchenfeldt (geb. Breslauer) hatte eine eigene Karriere als Photographin, mußte als Jüdin aus Deutschland fliehen, strandete über Frankreich und den Niederlanden in der Schweiz, heiratete einen Kunsthändler und übernahm nach seinem frühen Tod die Kunsthandlung, um sie hervorragend weiterzuführen. Ihre ganz unprätentiös geschriebenen Geschichten sind voll von Künstlern mit denen sie lebte und arbeitete und eben eigenen sehr klaren Gedanken.

Es ist ein schönes Buch, in dem ich gern las und das ich Euch sehr gern empfehle.