Der Hamburger Hafen

Von meinem Töchterchen bekam ich dieses Buch hier zum Geburtstag geschenkt. Es erzählt die Geschichte des Hamburger Hafens von einer Urkunde Barbarossas, bei der die Hamburger Kaufleute einfach das Siegel fälschten, um besser damit arbeiten zu können, bis in die siebziger Jahre. Dabei gibt es nicht nur ganz viele wirklich sehr gut ausgewählte Bilder, sondern auch eine Menge Geschichten und eine gute Einführung in die hafentypischen Begriffe und Berufe. Interessant für mich zu sehen ist, daß zwischen 1930 und 1970 sich im Hafen gar nicht so viel tat. Erst mit Einführung des Containers veränderte sich das Hafenbild rasant. Heute gibt es faktisch keinen Stück- und Massengutverkehr mehr, der Hafen hat sich von der Stadt weg verlagert und mit dieser Verlagerung sind weite Teile des früher so typischen Hafenlebens verschwunden.

Das Buch ist weit mehr als eine Zeitreise in Bildern. Es ist eine gut geschriebene Geschichte über das Leben in Hamburg. Bilder, Texte und Graphiken sind toll zusammengestellt und machen das frühere Leben wieder lebendig.

Jetzt ist’s gut

Ziemlich genau bis gestern mittag fand ich den Winter ziemlich klasse. Morgens schneite es noch, aber mittags fing es an zu schneeregnen und ab diesem Moment kippt dann selbst bei mir die Stimmung um. Entweder wird es jetzt noch mal richtig kalt, oder aber bitte halbwegs warm. Dieses Zwischending finde ich äußerst unangenehm.

Leider zu spät, nämlich gestern und heute, bemerkte ich, daß so zugeschneite Kinderspielplätze auch ihren Reiz haben. Das muß ich mir für den nächsten Winter merken und dann mal ein paar mehr Photos machen. Ich glaube, so richtig dick beschneite Spielgeräte sehen ziemlich klasse aus.

Ich kann mir vorstellen, daß die Rutschen und Schaukeln mittlerweile richtig Sehnsucht nach einer ganzen Kinderhorde haben. Im Sommer ist das bestimmt anders, da wünschten sie sich manchmal sicher etwas Ruhe, aber jetzt haben sie 100%ig Kinderweh. Oder so.

Da die Schneeregnerei heute weiterging, habe ich mir erst mal ein paar Blumen gekauft, damit es wenigstens hier drin erträglich ist. Meine ausgesähten Blumen keimen auch wie verrückt. Das ist gut.

Probesingen für Oslo

In den letzten Wochen begann ja die neue Suche für einen Künstler, der Deutschland beim Grand Prix in Oslo vertreten soll. Nachdem es in den vergangenen Jahren dort mit guten Plazierungen nicht wirklich geklappt hatte, wurde nun Stefan Raab mit der Künstlersuche beauftragt, der eine Castingshow daraus machte. Im Gegensatz zu den Kollegen von RTL wurden die ganzen schrägen Quotenbringer vorab aussortiert, was ich sehr angenehm finde. Übriggeblieben sind direkt Leute, die überzeugend singen können. Dieser ganze Castingschmodder bleibt einem erspart. Super.

Die bisherigen Shows sah ich nicht, aber mein Töchterchen machte mir klar, daß es eine Sendung sei, die man einfach sehen muß. Nun. Also sah ich mir mal ein paar Videos im Internet an und setzte mich heute vor den Fernseher. Hier mal meine Meinung zu den Kandidaten.

Katrin Walter
Die Arschbombe hat sie verunsichert. Sorry, das sollte ich erst mal für alle erklären, die die Sendung bisher nicht sahen: bei den vergangenen zwei Auftritten lieferte sie absolut sauberen Gesang ab, ihr wurde aber von der Jury gesagt, sie solle doch auch mal mehr Emotionen zeigen, Eier haben, eine Arschbombe wagen. Das tat sie heute, aber ich persönlich finde, das stand ihr nicht, die bisherigen Auftritte waren besser. Aber das ist ja Geschmacksache. Allerdings, man möge mir das verzeihen, finde ich ihre Figur für eine so showfixierte Veranstaltung wie den ESC nicht ideal.

Sharyhan Osman
Nachdem sie bei der letzten Sendung einen wirklich richtig guten eigenen Song präsentierte, gab sie sich heute leicht angeswingt und das auch hervorragend. Dazu hat sie ein schönes Gesicht und sieht gut aus. Ich finde sie extrem ESC – kompatibel und halte sie für einen echten Favoriten.

Cyril Krueger
Ein Junge, für den bestimmt ganz viele Mädels anrufen werden. Ich persönlich mag U2 ja nicht so, ist mir zu messianisch, aber Cyril brachte den Song sehr, sehr überzeugend rüber. Da kann sich Bono auf seine alten Tage noch richtig was abgucken. Die Jury bemängelte die Songauswahl und schlug eher Bryan Adams – Songs vor. Nein. Ich fand das gar nicht so schlecht.

Jennifer Braun
Die erste Stimme, die nicht sauber war heute Abend. Da waren doch wirklich einige Unsauberheiten drin und ich glaube, das hat sie auch gemerkt und wurde dadurch noch unsicherer. Für mich ein Wackelkandidat, auch wenn der Song und die Präsentation gut war.

Christian Durstewitz
Erstmal groß, daß er mit einem eigenen Song auftritt; das finde ich in solchen Castingshows absolut super, weil es viel mehr von einem Künstler zeigt, als wenn er nur nachsingt, was andere schon gemacht haben. In diesem Zusammenhang muß man direkt auch mal die wirklich geile Liveband loben, die diese eigenen Songs ja immer erst noch arrangieren müssen. Außerdem gut Gitarre gespielt, toll gesungen, überzeugend performt. Erinnert mich ein wenig an 3 doors down. Richtig super, aber vielleicht nicht gut für den ESC. Aber als Solokünstler… alle drei zwei Daumen hoch.

Lena Meyer – Landrut
Lena kann kein Instrument, keine eigenen Songs schreiben, sucht sich aber immer so unbekanntes Zeugs zum singen aus, daß es fast so wie ein eigener Song ist. Sie hat einen ganz eigenen Stil, skurilen Humor, ist natürlich, aufgekratzt, ich mag richtig sehr, was sie da so macht und würde sofort und zwar sofort zu einem Konzert von ihr, aber …… ich sehe sie nicht beim ESC. Gar nicht. Sorry.

Kerstin Freking
Eine sehr ruhige Frau mit klarer, schöner Stimme, die ganz in sich ruht, wenn sie singt. Mit dem richtigen Song könnte das in Oslo sogar klappen.

Leon Taylor
Da muß ich mir tatsächlich noch mal die Videos der letzten Shows ansehen. Der Mann ist gut, ein geiler Performer, ist als Coverbandfrontsau bestimmt der absolute Bringer und auch als Solist macht er Spaß. Könnte klappen.

Zur Entscheidung: bei Cyril hab‘ ich mich wohl verschätzt, ich hätte gedacht, daß Teenies auf ihn stehen und Katrin kann ich aus ESC – Gründen verstehen. Ich bin sehr gespannt, wie es denn weitergeht, auch wenn ich das zumindest die nächsten zwei Wochen aus Tourgründen natürlich nur mit einem halben Auge verfolgen kann.

Ich lebe noch

Auch ein Geschenk war Gunter Gerlachs „Ich lebe noch, es geht mir gut„, ein etwas überdrehter Krimi ohne Kommissar aus dem Hamburger Schanzenviertel, also direkt bei mir um die Ecke. Ein erfolgloser Buchautor, der sich durch Einbrüche über Wasser hält und unter deutlichem Verfolgungswahn leidet, wird von seinen neuen Nachbarn nicht für einen Kriminellen, sondern für einen Kriminalen gehalten, verliebt sich unsterblich in eine Bankräuberin, die im Untergrund lebt und stolpert nebenher noch über eine Leiche und eine angebliche Enführung. Das ist doch mal ein Plot, oder ?

Was sich erst mal etwas verwirrend anhört ist es im Buch auch, das aber eben so gut gemacht, daß ich die Geschichte in einem Rutsch durchlas. Ja, auch am Ende schüttelte ich etwas den Kopf ob des Chaos‘ in Jakob Vogelwarts Leben, aber ich tat es gut unterhalten. Und das ist ja die Hauptsache. Also: lesenswert.

Maria !

Ich habe in den letzten Wochen einen ganzen Stapel an Büchern geschenkt bekommen & gekauft und natürlich will ich sie Euch hier auch vorstellen, denn sie sind alle lesenswert. Also mal los: Jan Weilers „Maria, ihm schmeckt’s nicht !“ ist ja so neu nicht. Ich las das Buch schon mal vor gut drei Jahren, aber nun bekam ich’s geschenkt und da ich es als äußerst angenehm in Erinnerung hatte, las ich es direkt noch mal. Im Buch geht es um die Erlebnisse eines Deutschen, der in eine italienische Familie einheiratet. Da Weiler eben genau dieses Schicksal mit seinem Protagonisten teilt, mag also nicht alles darin erfunden sein.

Nun könnte dieses Buch relativ langweilig sein, wenn es Weiler nicht so unglaublich gut verstünde, alle unsere Vorurteile über das italienische Leben glanzvoll zu überhöhen und zu bedienen. Nichts wird ausgelassen, alles wird bis an die Schmerzgrenze verkitscht … und dann wundervoll und vor allem liebevoll erzählt. Das ist die Kunst des Buchs, daß es trotz allen Kitschs herrlich lesbar bleibt und einem das Herz erwärmt. Keine literaturpreisverdächtige Sache also, aber ein schönes Buch für gemütliche, frohgelaunte Abende bei Chianti und Bruschetta.

Crowd management

Am Mittwoch war ich bei einem durch den VPLT initiierten Treffen zum Thema Crowd management. Da muß man vielleicht erst mal klären, was dieser Begriff bedeutet. Crowd management ist nämlich weit mehr, als Publikum sicher in eine Halle oder ein Stadion hinein und nach der Veranstaltung wieder hinaus zu bekommen. Es geht um das gesamte Wohlergehen des Publikums während der Veranstaltung, auch und gerade bei außerplanmäßigen Vorkommnissen.

Gastgeber war die Esprit – Arena in Düsseldorf, die das Drumherum perfekt organisierte. Es gab sogar eine richtige Beschilderung von der Zufahrtstraße bis zur Seminarraumtür. Anwesend waren knapp 30 Leute mit ganz unterschiedlichem Hintergrund: Hallenbetreiber, Festivalveranstalter, Theaterleute, Freelancer, Consulter, ein Fachanwalt und Technikverleiher. Natürlich kann ich hier jetzt nicht den kompletten Tagesverlauf wiedergeben, aber ein paar Dinge möchte ich hier doch aufgreifen.

Bei Konzerten würden sich die Venues und Festivalbetreiber sehr gern besser auf das Publikum vorbereiten können. Niemand kennt sein Publikum besser, als die Band selbst. Es wäre also hilfreich, wenn in der Bühnenanweisung nicht nur die Forderung nach original Kabala – Wasser stünde, sondern eben auch Hinweise auf das zu erwartende Publikum. Also vielleicht „Älteres, sich zivilisiert verhaltenes Publikum mit erhöhtem Anteil an Rollstuhlfahrern und geistig behinderten Menschen.“ bei den Kastelruther Spatzen, oder „Kinder und Jugendlichte, etwa zu 10% zur Hyperventilation neigend; vergißt in der Aufregung auch gerne den eigenen Namen und die Telephonnummer der Eltern.“ bei Tokio Hotel. Das macht es den örtlich Verantwortlichen leichter, sich darauf einzustellen und gut vorbereitet zu sein.

Oft fehlt es ein einer echten Veranstaltungsleitung, die alle Gewerke wirklich auf dem Schirm hat. Also auch das Catering, die Dekofraktion und die Reinigungskräfte. Oft gebricht es gerade an der Koordination mit den Nebengewerken.

Regelmäßig fehlt es an Komunikation. Zwischen den Gewerken, aber auch mit dem Publikum. Nur wer klare Informationen bekommt, kann sich auch berechenbar verhalten. Bei vielen Veranstaltungen gibt es kein festgelegtes Procedere für ShowStop – Situationen, also ist auch das Verhalten aller Beteiligten rund um die Bühne oft eher zufällig, wie verschiedene Vorfälle in der Vergangenheit belegen.

Gerade im Konzertbereich wären international gültige Regeln hilfreich, damit sie auch tourenden Bands vermittelbar sind. Es ist viel einfacher Regeln durchzusetzen, wenn sie überall faktisch gleich gelten, man also nicht in jedem Land neue Diskussionen darüber hat, wieso das nun ausgerechnet so geregelt ist.

Es wurde beschlossen, sich zukünftig intensiver mit diesem Thema zu befassen. Um dies gezielter anzugehen wurden drei Arbeitsgruppen gebildet, die sich mit verschiedenen Teilaspekten beschäftigen werden. Ziel ist es, eine SR – Norm zum Bereich Crowd management zu erarbeiten und diese mit ähnlich im Ausland arbeitenden Gruppen abzustimmen. Die ersten Arbeitsgruppentermine sind bereits im März. Eine ganz interessante Lektüre dazu bietet sicher der britische Event safety guide, den man kostenlos downloaden kann. Hier finde ich das britische Vorgehen sehr vorbildlich, müssen dort nämlich alle Normen und Vorschriften frei verfügbar sein, nur die gebundene Buchfassung darf etwas kosten. Wer mal versucht hat, DIN – Normen einzusehen, weiß was ich meine.

Gepäckschein 666

Auch wenn die Zahl 666 in diesem Buch eine bedeutende Rolle spielt, so ist „Gepäckschein 666“ von Alfred Weidenmann doch kein diabolisches Werk, sondern ein weiteres Kinderbuch aus der Serie „Bücher, die ich als Kind liebte und Euch heute dringend empfehlen muß.“ Nachdem die beiden letzten Kinderbücher am Rhein spielten und damit in der Gegend, in der ich aufwuchs, ist in dieser Geschichte Hamburg, der Hamburger Bahnhof und das Hotel Atlantic Handlungsort. Vielleicht mit ein Grund, warum ich mich hier in Hamburg recht bald sehr zuhause fühlte: hatte ich mich doch schon als Kind an diese Stadt gewöhnt :-)

Auch diese Geschichte kann eine gewisse Kästner – Verbundenheit nicht verbergen; Kriminalfälle kann man eben nur als „Bande“ erfolgreich lösen. Auch das Geheimnis um den perfekt geplanten Bankraub direkt gegenüber des Hauptbahnhofs kann nur deshalb ohne größere Schäden gelöst werden, weil die Gruppe der Hamburger Schuhputzerjungs so gut zusammenhält. Nebenbei lernt man, daß arm und reich, schwarz und weiß, deutsch und ausländisch nicht unbedingt etwas über einen Menschen sagt.

Beim Lesen des Buchs in den letzten Tagen dachte ich darüber nach, wie viel moderne Kinder doch missen müssen, weil sie als Einzelkinder so begluckt aufwachsen und wie wenig sie heute selbständig die Welt erobern können. Mir ist natürlich klar, daß solche Bücher idealisiert sind, auch vor vierzig, sechzig oder achzig Jahren war nicht jeden Tag Sonnenschein. Und doch spielen Eltern & Erwachsene in den Leben von Kindern heute eine zu große Rolle, haben Kinder viel zu wenig Möglichkeit, einfach ohne große Kontrolle unter sich zu sein. Dazu kommt, daß Computer & Fernsehen mit vorverdauten Abenteuern Kinder von eigenen Erfahrungen abhält.

Das Buch ist auf jeden Fall lesenswert. Es erzählt von Freundschaft, Vertrauen und Mut, es ist schön, mit Witz und spannend erzählt, ein gutes Kinderbuch also.

Das ging ja schnell

Heute morgen als ich aufstand waren dann schon die ersten Blumen meiner Zucht gekeimt. Die Tagetes scheinen es besonders eilig zu haben. Aber wenn ich den kleinen Erdhügelchen bei einigen anderen Sorten glauben kann, dann scheinen in den nächsten Stunden auch noch andere Blumen durchzukommen. Derweil schneit es draußen wieder. Letztes Jahr um diese Zeit gab es schon lange ganz viele Schneeglöckchen und die ersten Krokusse im Garten. Davon ist dieses Jahr noch gar nichts zu sehen. Dafür war der Winter spektakulärer, so richtig mit zugefrorener Alster; das ist ja auch was !

Rockstars

Photobände über Künstler gibt es ja eine Menge, Hannes Schmids „Rockstars“ ist insofern anders als die meisten Bücher, als daß es nicht unbedingt zur Mehrung des Ruhms der abgebildeten Personen beiträgt. Schmid photographierte die Leute Backstage und zuhause. Dabei lebte er mit den Musikern oft monatelang zusammen, so daß sie ihn nicht mehr als Photographen, sondern als Bandmitglied und Vertrauten sahen. Sie benahmen sich in seiner Gegenwart ganz normal und legten ihre PR – Maske ab.

In „Rockstars“ sehen wir die Künstler nun so, wie sie sind: oft linkisch, spießig, verklemmt, unsicher. Klaus Meine zwängt sich mit Gewalt in seine Bühnen – Plateaustiefel, Uriah Heep wollen unbedingt cool sein und sind es genau deshalb nicht, Les Holroyd (Barclay James Harvest) sieht unglaublich scheiße aus, wenn er am Herd steht, Depeche Mode wissen nichts mit sich anzufangen und die Freundinnen von Supertramp gehen mit einer Stripperin weit lockerer um, als die Jungs. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Leute, die eigentlich immer cool sind. Lemmy Kilmister (Motörhead) ist so jemand.

Das Buch gefällt mir, es gibt einen schönen Backstageeinblick in die Zeit der 70er & 80er und läßt einen selbst gar nicht sooo uncool aussehen. Was mich ein wenig stört ist der mit 99,00€ doch zu hohe Preis.

Scratch my back

Wenn man beim Betrachten eines CD – Covers sich Gedanken darüber macht, daß diese Plüschfigur oben in der Ecke vielleicht nicht ganz sauber freigestellt ist und man ansonsten nichts zu meckern hat… außer vielleicht der Tatsache, daß es Peter Gabriels „Scratch my back“ in abschreckend verwirrend vielen Ausstattungen zu kaufen gibt, dann hat der Künstler so viel falsch nicht gemacht. Tatsächlich stand ich den Studio – Scheiben Gabriels immer ein wenig mit Abstand gegenüber; live war er jedes Mal wenn ich ihn sah einfach umwerfend. Damals, ich war noch fast ein Kind, sah ich ihn in der Westfalenhalle auf seiner letzten Tour als Genesis – Sänger, hatte er schon eine unglaubliche Bühnenpräsenz. Auch später erlebte ich ihn noch zwei mal und war immer schwer beeindruckt. Aber die Studioaufnahmen wirkten auf mich immer den entscheidenden Tick zu konstruiert. Dieses Mal finde ich seine neue Platte so gut, daß ich sie direkt zehn Mal hintereinander hörte.

Bei Sades neuem Werk schrieb ich, daß sie sowohl leise als Hintergrundmusik, als auch laut funktioniere. Das ist bei Scratch my back definitiv nicht so. Leise im Hintergrund ist sie eher nervig, das sollte man nicht machen. Aber laut im Vordergrund entwickelt sie eine solche Wucht, daß es wirklich Spaß macht, sie zu hören. Dabei sind die Songs gar nicht von ihm, im Gegenteil, es sind ausschließlich Coverversionen, die Gabriel da wiedergibt. Ehrlicherweise kannte ich davon nur einen Song, David Bowies wunderschön interpretierten „Heroes“. Und auch das zeichnet die Platte aus: daß eben nicht wie sonst üblich die bekannten ewigen Top 100 neu interpretiert wurden, sondern Songs, zu denen Gabriel wohl eine besondere Beziehung hat. Als Instrumentierung kommen nicht die bekannten Instrumentalisten der RealWorld – Studios zum Zuge, sondern ausschließlich Streicher und Bläser. Kein, na ja, fast (bis auf exakt vier Gong- und zwei Paukenschläge im faszinierenden „My body is a cage“) kein Schlagzeug. Keine Gitarren. Keine Keyboards oder ähnliches modernes Equipment. Nur Streicher und Bläser. Zusammen mit der sehr eigenwilligen Stimme ergeben sich so Stimmungen von einer besonderen Dichte, die mich wirklich umhauten.

Für diese Platte gibt es von mir elf von zehn möglichen Punkten, sie ist in meinen Augen die mit Abstand beste Veröffentlichung der letzten Monate. Kaufen !