Klassentreffen

Gestern Abend hatte ich ein Klassentreffen meiner Grundschulklasse, und so kam es, daß ich Leute traf, die ich seit 34 Jahren nicht mehr gesehen hatte. So Abende können ja superpeinlich sein, dieser war es nicht. Es gab kein Posing, niemand mußte mit Haus, Boot, Pferdepflegerinnen angeben; alle waren an den anderen Menschen interessiert. Er war sehr entspannt, sehr unterhaltsam und sehr nett. Ich blieb bis kurz vor zwei.

Natürlich hatte ich mir im Vorfeld mal die beiden Klassenbilder angesehen, die es aus der Zeit gab und dabei große Schwierigkeiten, allen Gesichtern Namen zuzuordnen. Interessanterweise gab es dieses Problem dann vor Ort nicht. Es ist wirklich erstaunlich, wie wenig sich Habitus, Sprachmelodie, die ganze Art in so vielen Jahren ändern. Wenn dann das „Gesamterlebnis“ einer Person zusammenkommt, dann ist das mit den Namen plötzlich überhaupt kein Problem mehr, sie sind sofort und ohne Zögern präsent. Und bei manchen Eigenschaften mußte ich fast laut auflachen, weil sie sich wirklich all‘ die Jahre gehalten hatten.

Von 31 Personen, die im Laufe der vier Jahre in unserer Grundschulklasse waren, kamen gestern 20. Das ist schon ein ganz guter Schnitt, finde ich. Auch weite Wege wurden für dieses Treffen nicht gescheut: Katja flog sogar extra aus England ein. Und weil es so ein vergnüglicher Abend war, wollen wir uns das nächste Mal nicht erst in 34 Jahren treffen.

Proberaum

Noch mehr alte Geschichten: ich weiß nicht, ob Ihr die Erfahrung auch schon mal hattet: seit Jahren liegt ein alter Schlüssel bei Euch in der Schublade. Ihr wart schon lange, rund 13 Jahre nicht mehr an dem Ort, zu dem der Schlüssel gehört, obwohl Ihr früher jahrelang nicht gerade täglich, aber doch sehr, sehr oft dort wart. Und dann nehmt Ihr irgendwann den Schlüssel, fahrt zu dem Ort, steckt den Schlüssel ins Schloß, das Schloß hakt noch an exakt der selben Stelle wie damals, quitscht exakt so wie früher und dann …… seid Ihr zuhause.

Ich glaube, streng genommen war es schon fast so was wie Einbruch, was ich heute tat: ich habe keine Ahnung, wer genau in diesem Raum heute probt. Zumindest der Keyboarder muß wohl noch der selbe wie früher sein, denn ein altes Rack von mir und ein Splitter, den ich ihm mal verkaufte, sind noch da. Und auch sonst hat sich erstaunlich wenig verändert: beim Reinkommen wird man von einem Bild begrüßt, das meine Schwester mal malte.

Eine Türe weiter dann der eigentliche Proberaum. Auch hier die selbe Deko, wirklich genau die selbe Deko wie vor Jahren. Schon fast obskur. Die Räume haben wir vor … geschätzen 20 Jahren so gebaut, daß auch die Nebenräume gedämmt sind und durch kleine Kabelklappen alles miteinander verkabelt werden kann. Also ehrlicherweise schon eher ein kleines Studio. Wenn man hinten links durch die Türe geht, kommt man zum Mixerplatz.

Das war früher mein Wirkungsbereich. Der Automat und die NS-10 gehören noch mir und auch sonst finde ich erstaunlich viel alten Kram von mir. Selbst das Schild „Markusplatz“ hat niemand entfernt. Unglaublich. Hier stand also mal mein Mitec – Pult, eine Fostex – 8-kanal – Bandmaschine, später auch ein MIDI – Rechner, der die Maschine synchronisieren konnte. Nebenan gibt es auch noch den Werkstattplatz mit alten Schubladen, die ich mal von meinem Opa geerbt hatte. Ich fühlte mich deutlich wie in einer Zeitmaschine.

Ich glaube, ich muß den Keyboarder mal anrufen.

unbewohnt

Heute Abend ist ein Klassentreffen meiner Grundschulklasse und deshalb bin ich nach Duisburg gefahren. Die Schule gibt es nicht mehr, sie wurde vor ein paar Wochen abgerissen. Ich stand eben vor dem Schultor und es war schon ein komisches Gefühl, das zwischen 1901 und 1936 in Etappen gebaute Gebäude nicht mehr zu sehen. Ich nutze das Wochenende des Klassentreffens für eine nostalgische Reise.

Vorher war ich in einer Kirche, die es eigentlich auch nicht mehr gibt. Vor zwei knapp Jahren schon wurde die Gemeinde aufgelöst, bis zum Juni durfte noch ein Mal im Monat hier ein Gottesdienst gefeiert werden, seit dem ist die Kirche endgültig geschlossen. Ich war in dieser Gemeinde viele Jahre lang in der Kirchenmusik tätig, fing als 8jähriger im Kinderchor an und kam bis zur Band; dort fand ich meinen Weg in die Veranstaltungstechnik. Daß diese Kirche gegen den Willen der Gemeindemitglieder und trotz ehrenamtlicher Arbeit rundherum geschlossen wurde, tut schon weh. Auch wenn mein heutiger Besuch mein erster dort seit etwa 12 Jahren war. Die Kirche hat bis heute ihren ganz eigenen Geruch; es war so vertraut, als wäre ich erst letzte Woche dort gewesen. Ganz lieben Dank übrigens, daß ich noch mal reindurfte.

Schade finde ich auch, daß es (junge) Menschen gibt, die die Bleiverglasung der Kirche in letzter Zeit wohl systematisch zerstören. Unabhängig davon, ob und an welchen Gott ich glaube, so ist die Verglasung Kunst, die ich nicht in Scherben prügeln muß.

Was macht man nun mit so einem Bau, der auch noch unter Denkmalschutz steht ?  Ich finde die Kirche sehr schön; modern, aber nicht kalt. Aber da kann man ja keine Aldi – Filiale reinbauen. Ist es wirklich sinnvoll, so großflächig Kirchen zu schließen, wie das im Ruhrgebiet geschieht ?  Wenn man nach Rom schaut, dann entfernt sich die katholische Kirche schon dogmatisch immer weiter von den Menschen; jetzt entfernt sie sich auch räumlich von ihnen. Ältere Leute schaffen die duch die Schließungen länger gewordenen Wege nicht mehr und bleiben zuhause; jüngere erleben Kirche nicht mehr als alltäglichen Teil des Lebens und bleiben noch mehr weg. So massive Kirchenschließungen wie in Duisburg geschehen sind nicht nur das Eingeständnis des Scheiterns, sie sind ein Suizid des Glaubens.

So wie in dieser Kirche: der Tabernakel ist leer, das ewige Licht erloschen. Gott ist weggezogen.

schwere Frage

Bei den Privaten kann man ja jeden Abend ein wenig Geld gewinnen. Als Zuschauer fühle ich mich durch solche Gewinnspiele beleidigt. Wenn das das geistige Niveua sein soll, auf dem RTL seine Zuschauer, also auch mich, sieht, dann braucht irgendwer tatsächlich ein Ersatzteil. Im Hirn. Es ist die Frage, ob Publikum oder Programmstrategen.

Jamie’s back !

Manchmal fügen sich berufliche Verpflichtungen und privates Vergnügen perfekt zusammen; so war es auch am gestrigen Dienstag: ich hatte tagsüber drei Termine in Berlin und bekam Abends noch eine Einladung zur weltweit ersten Plattenpräsentation von Jamie Cullums neuem Werk, das ab dem sechsten November in den Läden stehen wird. Besser kann es doch nun wirklich nicht laufen.

Jamie hatte ich zuletzt vor drei Jahren im Stadtpark gesehen, danach war es ja ein wenig ruhiger um ihn, weil er sich entspannte und auch an der neuen Platte werkelte. Jetzt ist das gute Stück fertig, die Songs klingen doch etwas poppiger als bisher, und alles muß promotet werden. Da ist so ein Showcase natürlich ein perfekter Rahmen. Ehrlicherweise habe ich mich mehr auf die Musik als auf’s Photographieren konzentriert, was man den wenigen Bildern auch deutlich ansieht.

Das Studio des Admiralspalasts ist für so eine Show gar nicht so schlecht: es gibt einen recht steilen Rang, so können alle perfekt sehen und im Verlaufe der Show verfließen dann die Grenzen zwischen Bühne und Publikum, weil es niemanden mehr auf den Sitzen hält.

Und weil das Publikum zum Schluß auf der Bühne steht, können die Musiker auch gleich durch’s Publikum ziehen.

Wie nicht anders zu erwarten, war der Abend mit Jamie Cullum und seinen exzellenten Musikern ein toller Spaß. Mir gefällt nicht nur die Art der Musik, sondern eben auch die Spielfreude sehr, die da von der Bühne kommt. Gerade Jamie gibt immer alles, steht plötzlich auf in dem Flügel, springt quer über die Bühne, singt, erzählt …… es ist einfach toll. Hinter dem Theater standen Ü-Wagen des rbb, ich denke also, daß man das Konzert in Kürze im Radio hören kann.

Ich freue mich jedenfalls sehr auf die neue Scheibe und hoffe ganz stark, daß ich nicht unterwegs bin, wenn er mit seiner regulären Tour wiederkommt.

nix Venedig, Hamburg !

Mal ganz ehrlich: wenn man ein solches Bild sieht, da denkt man doch an Venedig, aber nicht an Hamburg, oder ?  Dabei ist es natürlich die Alster und kein italienisches Gestade. Auch haben wir mit über 2.500 Brücken so viele, wie Venedig, Amsterdam und London zusammen. Das ist mit einer der Gründe, warum ich mich hier so wohl fühle: überall Wasser. Und einfach ’ne schöne Stadt.

Mußte mal wieder gesagt werden.

HANSEvent

Heute war die HANSEvent, eine kleine Messe rund um die Hamburger Veranstaltungswirtschaft, zu der die Handelskammer in die alten Börsensäle geladen hatte. In den Gängen tummelten sich nicht nur Veranstaltungstechnik – Firmen, sondern auch Caterer, Locationbetreiber, Eventagenturen und Künstlervermittler. Ein buntes Volk also.

Da alle Firmen mehr oder weniger aus Hamburg waren, kannte man sich viele schon untereinander. Andere schmiedeten neue Kooperationen, denn es ist natürlich praktisch, wenn Agentur und Technikdienstleister quasi Nachbarn sind, man das aber bisher gar nicht wußte. Auf jeden Fall war es eine gute Gelegenheit, um Kontakte zu pflegen. Networking ist ja ein Wort der Zeit.

Vierzigtausend

Auch wenn das Denkmal an dem ich heute vorbeikam und das Ereignis welches sich heute zum 70. Mal jährt nicht direkt zusammengehören, so kann man doch mal kurz innehalten; Gemeinsamkeiten haben sie ja doch. Beim Gefallenendenkmal am Hamburger Rathausmarkt war das heute besonders einfach, saß doch eine piazzollesk spielende Bandoneonistin gleich in der Nähe. Das gab gewissermaßen den richtigen Soundtrack zum Mahnmal.

Es scheint dem Menschen nicht in den Kopf zu gehen, daß Krieg und Fanatismus ziemlich bescheuerte Lösungsansätze sind, deren Preis zu hoch ist, um ihn bei Verstand bezahlen zu wollen. Das galt 1914 und am 01.09.1939, das gilt auch für unsere Tage. Heute ist ein guter Tag, um sich das einmal mehr klarzumachen.