Jamie Cullum

Während ich morgen mit Robbie Williams den in Deutschland wohl erfolgreichsten englischen Künstler im Olympiastadion München sehen werde, hatte ich heute das Vergnügen, Jamie Cullum, den wohl geilsten Freestilisten Englands, im Hamburger Stadtpark erleben zu dürfen. Man what a show !

Showbeginn der Vorband war wohl wie geplant um 19:00 Uhr, ich kam etwas später, habe bis 19:30 nur noch die letzten zwei Songs gehört. Sehr schöne Musik. Ein englisches Mädel mit zwei Gitarristen. Tolle Stimme, gutes Aussehen, schöne Begleitung. Leider hat die Dame vergessen zu sagen, wie sie heißt, darum kann ich jetzt keine Werbung für sie machen.

Um 19:45 ging’s auch schon weiter. Und wie. Eine Show, die wirklich mitriß. Und da steckt auch schon ’ne Lüge drin. Denn ehrlicherweise haben wir heute Abend keine Show gesehen, sondern eine Session. Eine knackig auf den Punkt spielende Band, die Jamie blind folgt, völlig egal, wo er hingeht. Falls es überhaupt sowas wie eine Setlist gegeben haben sollte, so hat er sie stumpf mißachtet. Er fängt ’n Song an, die Musiker hören kurz, blättern in ihren Noten, wechseln die Instrumente und steigen mit ein. Alles ist frei im Fluß und es scheint nur wenige geprobte Übergänge zu geben. Ansonsten pure Improvisation. Klasse.

Jamie Cullum im Hamburger Stadtpark

Sein Motto: If you wanne see a perfect show, you’re totally wrong here today. Come back when Toto’s playing in this wonderfull venue. Sometimes it fucks up a bit, but that’s the fun of it. Auch wenn vieles ungeprobt scheint, so sind doch alle aufeinander eingespielt. Auch Licht und Ton müssen immer sehr aufmerksam auf das reagieren, was da auf der Bühne gerade geschieht.

Jamie Cullum im Hamburger Stadtpark

Seine Band ist nicht nur flexibel im Ablauf, sondern auch in den Instrumenten. Die Besetzung: Schlagzeug, E-Baß/Kontrabaß/Percussion, Gitarre/Trompete/Horn, Percussion/Keyboards/Saxophon. Jamie Cullum spielt Flügel, Rhodes, Gitarre, Percussion, singt & beatboxt. Alles auf hohem Niveau. Er bearbeitet den Korpus des Flügels so hart als Percussioninstrument, daß anderen Pianisten eher die Finger brechen würden. Er lebt, schreit, haucht die Songs, die ihm in den Sinn kommen.

Jamie Cullum im Hamburger Stadtpark

Und so kann es passieren, daß er kurz auf dem Flügel was ausprobiert, seine Band wegschickt, um dann einen Song zu spielen, der für ihn jetzt in die Situation paßt, obwohl er ihn vom Monaten geschrieben hat und seit dem nie mehr gespielt und nie bisher aufgenommen. Eine Premiere, aber ganz nebenbei. Er verliert sich in Standards, vermengt sie, moduliert von einem in den nächsten und weiß doch immer genau, wo er hinwill. Er singt „I get a kick out of you“ und „50 ways to leave your lover“ so unglaublich, daß Frank und Paul noch was lernen könn(t)en.

Jamie Cullum im Hamburger Stadtpark

Er läßt das Publikum dreistimmig singen, schnappt sich seine verdutzt schauenden Musiker und zieht mit ihnen mitten durch die Leute, fordert das Rund auf, die Handys rauszuholen, sie leuchten zu lassen, dann gibt’s ’ne Nummer zum Bouncen und alle machen mit.

Auch schön: seinen Song „London skys“ dichtet er mal schnell in „Hamburg skys“ um (I think we are brothers in weather, London and Hamburg, aren’t we ?) und schlägt damit unbewußt eine Brücke zu Stefan Gwildis, der seinen Song „Wunderschönes Grau“ bei seinem Konzert am 19.08. an gleicher Stelle bestimmt auch singen wird.

Jamie Cullum im Hamburger Stadtpark

Jamie Cullum und die Band sind so voller Lust zu musizieren, daß sie bis zur letzten Sekunde vor dem Curfew (es gibt Wohnhäuser in der Nähe und die Konzerte müssen um 22:00 beendet sein) spielen. Das Stopkommando kommt über die Monitorlautsprecher der Musiker. Und es gibt ein Versprechen: My management doesn’t know yet, but I promise we’ll be back before the year is gone.

Jamie Cullum im Hamburger Stadtpark

So eine Show wie heute Abend habe ich lange nicht mehr gesehen. Nie kommt das Gefühl von Routine auf, alles scheint für diesen Moment gespielt. Handwerklich perfekt und emotional umwerfend. Die Musik ist leider nicht unbedingt formatradiotauglich und darum werden morgen bei Robbie fast zwanzig Mal so viele Leute sein. Verdient hätte Jamie diese Massen auch. Von mir gibt es die unbedingte Empfehlung, sich das Konzert anzuschau’n, wenn es eine Möglichkeit gibt.

Jamie Cullum im Hamburger Stadtpark

Zum Schluß noch schnell die Technik: der Ton war die ersten zwei Songs nicht so doll, danach aber gut. Was da hing konnte ich nicht sehen. Beim Licht gab es eine reine PAR – Show. Fünf Viererbars mit CP60 und ansonsten reichlich Sechserbars CP62. Mehr braucht dieser Mann auch nicht.

Zu den Photos: zwischendurch hat mein lieber Besuch, Bianca Hauda, auch mal Photos mit meiner Kamera gemacht. Darum kann ich jetzt nicht genau sagen, wer welches Bild geschossen hat.

16 Gedanken zu „Jamie Cullum“

  1. Jamie sieht aus wie gerade aufgestanden ;) aber es liest sich fantastisch und macht Lust eines seiner Konzerte zu besuchen :)

    1. wenn Du schon vom Bericht begeistert bist, bekommst Du bei einem Konzert von Ihm einen Herzinfakt. Jamie ist einfach ein genialer Live-Künstler… freu mich schon falls er sein Versprechen einlösen sollte, dies Jahr noch einmal nach HH zu kommen…

  2. Oh Mann, welches Glück Du hast Jamie zu sehen.
    Ich habe ihn letztes Jahr in Manchester,UK gesehen und heute beim Lesen Deines Berichtes sowohl Gänsehaut als auch genau das hippelige Gefühl in Beinen und Herz bekommen, dass mich damals fast von den Sesseln (ka, es war leider bestuhlt) gerissen hat.
    Jamie rules – definitiv!! Soviel Freistil, so spontan, das ist genial!!
    Und ich schaue gleich mal nach, wann er noch in D zu sehen ist!
    Ach ja, Kaufbefehl auf sämtliche CDs die ihr von ihm bekommen könnt, das hört sich auch aus der Konserver super an und hilft im Stau!!

    1. Ich hab‘ ihn eher zufällig kennengelernt. Beim NDR gibt es jeden Montagabend ein Livekonzert und irgendwann letztes Jahr war es eben Jamie Cullum. Das war so gut, daß ich mir tatsächlich alle Platten gekauft habe. Wobei ich ehrlicherweise sagen muß, daß jede Konserve um Längen nicht an das Liveerlebnis herankommt.

  3. hallo markus,
    ich lese deinen blog nun schon seit einigen monaten regelmaäßig (genaugenommen seit dem soulounge konzert im mai) und muss dir erstmal ein großes kompliment aussprechen für text und bild.
    ich war gestern auch bei jamie cullum und kann alles was du geschrieben hast vollstens bestätigen. der typ ist so was von geil drauf und musikalisch mit seinen 26 jährchen so weit, das kann man manchmal gar nicht glauben. ich war übrigens hier in hh bei robbie und bin im vergleich zu jc und auch zu robbies show in knebworth richtig enttäuscht gewesen. na, ich bin mal gespannt, was du so aus münchen zu berichten hast.

    die viel vergnügen bei RW.

    1. Oh, danke für die Blumen. Über Robbies diesjährige OpenAirs habe ich bisher tatsächlich nur enttäuschte Stimmen gehört. Ist aber auch schwer, die vergangenen Shows zu toppen. Mal seh’n, wie’s wird.

  4. ..eine sache noch: die vorband hieß hush und kommt aus dänemark. sind bekannt durch eine vw-polo-spot.

  5. also das war echt ein tolles konzert!
    was mich besonders faszieniert hat is das jamie cullum so viele instrumente soo gut spielt.

  6. Hallo all Ihr Jamie Fans,
    bin erst heute auf diese Seite gestoßen und möchte meiner Begeisterung für das Konzert im Stadtpark Ausdruck verleihen: einfach nur geil! Meine Freundinnen waren begeistert von ihm und seiner musikalischen Leistung. Sie kannten ihn bis dahin leider nicht. Ich habe ihn letzten Herbst in einer Kirche in Berlin Kreuzberg gehört, nein „erlebt“ und seitdem verfolge ich seinen kometenhaften Ausstieg voller Freude.
    Die Stimmung im Stadtpark war wieder Klasse und für mich der Beweis, daß kleine Veranstaltungsorte einfach das Konzerterlebnis verbessern. Robbie Williams z.B. in der Wuhlheide/Berlin war Klassen besser als der Flop im Olympiastadion. Oder Springsteen in der Wuhlheide besser als auf Schalke…………Das könnte ich noch endlos weiterführen. Ich suche also nur noch nach events in „kleinen venues“. Es hat sich bisher immer ausgezahlt.
    Bin gespannt wohin JC denn im Herbst in HH gehen wird???

    1. Natürlich sind kleine Venues oft schöner, weil intimer. Ich selbst glaube, daß mein Robbie – Konzert im Münchener Olympiastadion klassen besser gewesen wäre, wenn’s nicht den ganzen Abend geregnet hätte. Das gleiche Konzert in einem kleineren Ort wäre sicher auch schön gewesen. Auf der anderen Seite haben gute Arena – Konzerte auch ihren ganz eigenen Reiz eben wegen der Größe.

      Auf das nächste Jamie – Konzert freue ich mich aber auf jeden Fall auch sehr. Ich hoffe, daß ich dann nicht unterwegs bin.

  7. Bin zwar jetzt auch erst sehr spät auf Jamie gestoßen, aber suche direkt alles von ihm und hab dabei auch noch diesen Bericht gefunden, der wirklich toll geschrieben ist und auch die Bilder sind super! Kann es kaum erwarten, auch endlich mal ein Konzert live mitzuerleben, bis es soweit ist, „tröste“ ich mich mit diesem Video:

    http://meinvideo.jamiecullum.de

    Lieben Gruß! :)

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