Die Marienburg

Nachdem ich mich jetzt seit Tagen davor drücke, will ich Euch doch noch mal von der Marienburg in Malbork erzählen. Ich habe ja schon erwähnt, daß das wirklich ein sehr beeindruckender Bau ist, obwohl der Komplex ja gar nicht mehr komplett steht. Aber selbst der wiederaufgebaute Teil macht einen schon etwas sprachlos. Um eine Burg uneinnehmbar zu bauen, muß man nicht nur unglaublich viel Erde bewegen und Steine mauern, man muß sich auch ein schlüssiges Einlaßkonzept überlegen, damit man nicht überrumpelt wird. Um also auf legalem Wege in die Burg zu gelangen, mußte man früher einige Zugbrücken überqueren, äußerst stabile Gitter und eisenbeschlagene Tore passieren und sich zwischendurch mehrfach kontrollieren lassen. Für ungebetene Gäste gab es an mehreren Stellen die Gefahr, mit kochendem Wasser, Pech, oder Teer übergossen zu werden, wenn man vor einem Tor wartete. Während man heute bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen maximal den Flieger verpaßt, wenn man eine dumme Bemerkung macht („Nein, das ist kein Laptop, das ist eine Zeitbombe, haha.“), konnte man dort sicher ganz schnell sein Leben verlieren. Die Deutschritter waren nicht gerade für ihre Zimperlichkeit berühmt; religiöse Ausrichtung hin oder her.

Nach den Kontrollen landete man dann erst in der Vorburg, in der sich das gewöhnliche Leben abspielte ……

…… und nach weiteren Zugbrücken, Toren und Gittern dann in der Hauptburg, die nur den Ordensrittern vorbehalten war. Eigentlich. Auf Ausnahmen kommen wir später noch.

Die ganze Burg ist nicht nur monumental, sondern auch sehr schön gebaut. Bei aller Massigkeit und Sicherheit wurde eben auch daran gedacht, ein Kunstwerk zu errichten, das Gott und den Menschen gefallen möge. Das ist den Bauherren bis ins Detail wirklich geglückt. Auch wurde mit für diese Zeit luxuriösen Details wie Zentralheizung und richtigen Toiletten nicht gespart.

Hier übrigens mal eines der beiden Kontergewichte zu einer der Zugbrücken. Mit diesen Gewichten war es immerhin „nur“ 15 Mann möglich, die Brücke von innen zu bewegen. Ein Zeichen dafür, wie robust alles gebaut war.

In den einzelnen Höfen gab es aber auch Platz genug für Spaziergänge und innliegende Kräutergärten. Man mußte sich in Belagerungszeiten ja auch versorgen können.

In der Burg selbst darf man leider nicht überall photographieren, einige sehr schöne Ansichten kann ich Euch daher leider nicht zeigen. Beachtlich finde ich aber, wie filigran und lichtdurchflutet damals teilweise gebaut wurde. Malbork liegt ja nicht in Italien. Trotzdem kommen hier doch wirklich fast südländische Gefühle auf, wenn man in diesem Tagungssaal steht. Zugegeben, dieser hier wurde nur im Sommer genutzt, weil er im Winter wegen der großen Fensterflächen schlecht zu heizen war. Trotzdem wollte man sich dem Licht und der Freundlichkeit bewußt nicht entziehen.

Auch an vielen anderen Stellen nutzte man das Licht ganz bewußt zur Stimmungsbildung. Diese Fenster hier stammen alle nicht aus der Kirche, sondern aus anderen Teilen der Burg.

Wie es sich für eine Ordensburg gehört gibt es auch viele Gänge, die je nach Zweck  ganz unterschiedlich ausgestattet sind. Oben ein Kreuzgang mit Nischen zum Gebet und zur Meditation und Kontemplation, unten ein Gang, der zum Turm führt.

Natürlich gab es in der Burg auch eine recht große und bestens augestattete Küche mit Bäckerei. Ich erzählte ja schon an anderer Stelle, daß es verboten war, daß Frauen den Hof der Hauptburg betraten und daß man dieses Verbot umging, indem man sie einfach über den Hof in die Gebäude trug. Eine weitere sehr phantasievolle Regelumgehung fand man in der Küche. Die Köche hatten männlich zu sein; wenn schon eine Frau kochte, dann mußte sie wenigstens 60 Jahre alt sein. Na ja, dachte man sich dann, 60 Jahre …… das erreicht man ja auch mit zwei Dreißigjährigen, oder noch besser: mit drei Zwanzigjährigen. Und so konnten auch junge Frauen in der Küche arbeiten, wenn es nur genug waren.

Hier das Büro des Burgverwalters, also gewissermaßen des Hausmeisters. Er hatte, wie alle höhergestellten Persönlichkeiten nicht nur eigene Räume, sondern auch sein eigenes Klo, das er sich nicht mit anderen Ordensbrüdern teilen mußte.

Alle anderen mußten zur Verrichtung der Geschäfte in den Toilettenturm laufen. Das war der stabilste und am besten befestigte Turm, in dem man bei einer Belagerung am längsten auszuhalten gedachte (dazu ist es aber nie gekommen). Hier hatte man mehrere solche Boxen aufgebaut, in die man sich setzen und sein Geschäft erledigen konnte. Das waren Pumpsklos, allerdings fiel hier das Verrichtete nicht in eine Grube, sondern in einen kleinen Nebenlauf der Nogat, den man extra unter dem Turm hergeleitet hatte. So ersparte man sich weitere Reinigungsarbeiten.

Hier nun mal zwei größerklickbare Ansichten der Burg und der Umgebung vom höchsten Aussichtsturm aus. Da die Gegend komplett flach ist, war ein Überraschungsangriff von Feinden unmöglich. Man sah heraneilende Truppen schon Stunden vorher und konnte sich daher in Ruhe vorbereiten.

Die Hauptkirche der Ordensburg — es gibt noch zahlreiche Nebenkapellen — wurde bis heute nur in ihrem Bestand gesichert, aber nicht komplett wiederaufgebaut. Es gibt einen großen Streit darüber, ob man sie wieder im originalen Glanz erstrahlen lassen soll, oder aber in diesem Zustand als Mahnmal erhalten. Bislang hat die zweite Position eine Mehrheit und sie findet auch meine Zustimmung. Wenn man stundenlang durch eine wirklich toll restaurierte Burg gelaufen ist und die Folgen des Krieges ausblenden konnte, dann ist ein solcher Raum eine gute Gelegenheit noch mal ins Bewußtsein zu rufen, wie zerstörerisch und damit unnötig ein Krieg ist. Auf dem unteren Bild seht Ihr übrigens einen ausgebrannten Tabernakel. Das ist insofern interessant, weil man im Laufe der religiösen Geschichte der Burg durchaus der lutherischern Bewegung nahestand.

Zum Schluß noch mal ein Tor, das ich Euch schon aus anderer Perspektive zeigte, das Tor zum burgeigenen Anleger.

Ihr konntet hoffentlich ein wenig sehen, wie imposant diese ehemalige Stammburg des Deutschritterordens ist. Sie ist auf jeden Fall einen Besuch wert und liegt auch gar nicht so weit von Danzig entfernt, das ja auch immer sehenswert ist. In diesem Zusammenhang möchte ich überhaupt mal Polen als Urlaubsziel in Erinnerung rufen. Neben wunderschönen alten Städten wie Krakau sind auch die Masuren wirklich bezaubernd und laden zu einmaligen Rad- und Bootstouren ein, wie man sie sonst nirgends in Europa erleben kann. Der Nordosten Europas ist bei uns als Reisedestination ja nicht so richtig angesagt. Das ist aber ein Fehler, denn Landschaft, Geschichte und Ruhe genießen kann man dort perfekt.

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