Eurovision Songcontest

Diese Sendung ist seit ein paar Jahren gewissermaßen Pflichtprogramm für Veranstaltungstechniker, denn sie ist die alljährliche Leistungsschau der Bühnentechnik. Allerdings, so muß ich dann doch zugeben, war es dieses Jahr insgesamt etwas mager. Klar, die komplett mit Videotechnik maßgeschneidert ausgestatteten, kippbaren Treppen sind für Insider schon ein Knaller. Mit Video ausgerüsteten Boden kennt man schon; hier war er in Segmenten in der Höhe verfahrbar und dann waren die Seiten auch mit Video versehen. Und sicher deutlich über 400 Wackeleimer der 1200er – Klasse sind auch nicht ohne. Aber das Material steht halt bei Procon hier in Hamburg im Lager und damit weiß man auch schon, wer Technikausstatter der Griechen war. Mich hat’s aber nicht so richtig umgehauen. Durch die ganzen Videotreppen wirkte das Bühnenbild schon etwas statisch und langweilig. Viel Technik bewirkt nicht unbedingt viele Emotionen; das habe ich von den letzten Jahren viel besser in Erinnerung. Einzig die beim Opening eingesetzten Flugwerke, mit denen Menschen und Deko durch den Raum gefahren wurden, hatten meine Bewunderung. Bei der ganzen deutschen Technik war das bestimmt Stage Kinetik (was ich aber nicht weiß; auf der anderen Seite: wer soll das in Europa sonst in dieser Größenordnung mit Treppen, Bühne und Flugwerken machen).

Meine absolute Hochachtung hat aber auch dieses Jahr die Bühnencrew ! Was diese Kollegen jedes Jahr innerhalb von 45 Sekunden live auf der Bühne bewegen ist immer beachtlich. Ich kenne das ja selbst von den Fernsehshows, die ich so betreuen durfte. Speziell bei den (dieses Jahr recht wenigen) kompletten Bands ist das eine echte Leistung. Respekt !

Mager ist auch das Wort, was mir bei den musikalischen Darbietungen einfällt. Auch da hatten wir schon deutlich, deutlich bessere Jahre. Unsere Helden Siegel/Meinunger waren mit der Schweiz vertreten (und bekamen aber weniger Punkte als die Deutschen). Witzig war das mit grauem Gaffa abgeklebte Logo auf dem schwarzen Flügel der Israelis. Wem passiert denn sowas ?!?! Musikalisch interessant der Beitrag aus Lettland: eine reine acapella – Nummer, leider aber langweilig. Rußland glänzte mit einem Flügel, auf dem zwar nicht gespielt wurde, sondern aus dem eine Tänzerin stieg. Litauen machte es genau richtig, in dem sie einen Song präsentierten, in dem es um nichts anderes ging, als daß man bitte für den Sieger des Contests stimmen solle — nämlich für diesen Song; coole Ironie. Finnland präsentierte den späteren Sieger, einer lupenreinen Shockrock – Nummer mit fetten Kostümen. Die Ukraine schickte eine Shakira – Dublette ins Rennen und Kroatien meinte, mit einem runtergerissenen Rock (und zugegebenermaßen schönen Frauenbeinen) zu punkten. Unseren deutschen Beitrag fand ich persönlich deutlich besser, als Platz 15, aber ich bin ja auch Hamburger Lokalpatriot.

Eines sollte man aber beim in Deutschland die Sendung betreuenden NDR verändern: den Moderator ! Peter Urban hat meiner Meinung nach den Zug der Zeit verpaßt. Allein die Art, mit der er den finnischen Beitrag kommentiert hat zeigt ganz deutlich, daß er einfach zu alt für einen modernen Wettbewerb ist. Und tschüß.

Schade finde ich übrigens, daß selbst komplett auf der Bühne stehende Bands alle Halbplayback spielten, also nur der Gesang war live, die Instrumente kamen vom Band. Sicher eine Vorgabe der EBU (dem Veranstalter des Contests) um den tontechnischen Aufwand geringer zu halten, trotzdem empfinde ich das als kleinen Betrug.

Insgesamt nach einigen interessanten Jahren eine etwas langweiligere Show. Aaaber: immer noch besser als „Ein bißchen Frieden“.

Nachtrag: gerade habe ich bei YouTube einen Ausschnitt der Übertragung des BBC gesehen. Danach ist es nur noch deutlicher geworden: Peter Urban als Moderator ist ein spießiger Langeweiler. Die Briten sind einfach deutlich lockerer, deutlich cooler und bringen nur durch ihre Moderation viel mehr Pepp in die Sendung. Mein Wunschkommentator für’s nächste Jahr: Tim Mälzer. Und nicht diese ganzen anderen langweiligen Standardgesichter.

5 Gedanken zu „Eurovision Songcontest“

  1. Ja, ich war gestern auch eher enttäuscht. Ich habe nicht alles mitbekommen, weil ich gestern auf einem Geburtstag war und die Sendung nebenbei lief. Was mir aber deutlich aufgefallen ist: Die Frauen sahen alle gleich aus mit ihren blondgefärbten Haaren und die Choreographien waren auch seeehr ähnlich. Gibt es da eine Vorschrift, an die man sich halten muss?

    Ich bin aber gerade etwas verwirrt. Den runtergerissenen Rock ordne ich zu einer Dunkelhaarigen mit rotem Kostüm, die ein ziemlich bescheuertes Gesicht hatte. Kroatien war doch die Traditionsgruppe mit einer blonden Sängerin und weißem, kurzem Kleid, oder vertue ich mich da?

    Die Finnen waren schon witzig. :-) Aber ich muss auch sagen, dass ich den deutschen Beitrag deutlich besser als die Meisten fand. Das war wenigstens witzig und mal was anderes als die ewig gleichen Nummern von den anderen Ländern. Und der Russe ging ja mal gar nicht!! Vokuhila… Wie in jedem Jahr gab es natürlich von uns wieder 12 Punkte für die Türkei. Wie es wohl dazu immer kommt…. :-D

    1. Nein, es gibt natürlich keine Vorschriften, wie eine Truppe auszusehen hat. Aber die Designer des europäischen Zeitgeschmacks ticken halt überall gleich. Was Kroatien angeht: hatte ich mir so aufgeschrieben und wenn man hier nachschaut, dann kann man Miss Silikonlippe auch noch mal sehen.

  2. *lach* Ja, die 12 Punkte für die Türkei haben mich auch so absolut gar nicht überrascht.

  3. Dass es keine wirklichen Vorschriften gibt, ist mir auch klar. So gaaanz blöde bin ich auch nicht – trotz meines Vaters. ;-D
    Mit Kroatien scheinst du Recht zu haben. Vielleicht meinte ich dann die Ukraine – keine Ahnung.

  4. Oh ja, Terry Wogan auf BBC war sehr unterhaltsam. Sehr lockerer Kommentare, sowohl zu den Kuenstlern als auch den griechischen Kultureinspielern dazwischen. Und er wurde immer lockerer im Verlauf der Sendung, waren das die Ouzos??

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