Fahrt von Siegen zurück nach Hamburg

Die Fahrt von Siegen nach Hause war eigentlich ganz spaßig. Das lag nicht an den endlosen 80km/h – Zonen, die die ersten 200 Streckenkilometer bestimmten, sondern an der Polizei. Genau, an der Polizei.

Ich war mit einem von Europcar geliehenen Iveco 35-13 unterwegs, einem Kastenwagen mit maximalem Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen, der, wenn man ihn tritt, auch gut 160km/h fährt. Diese 3,5 Tonnen maximales Gesamtgewicht sind eine magische Grenze. Autos die darüber liegen, dürfen nur maximal 80km/h fahren, benötigen einen Fahrtenschreiber und in Baustellen und anderen Bereichen mit Überholverbot für LKW dürfen sie nicht überholen. Aber mein Auto unterliegt diesen Beschränkungen nicht. Dachte ich.

Zwischen Osnabrück und Bremen gibt es eine endlos lange Strecke von sicher 70 Kilometern, auf der LKW nicht überholen dürfen. Das heißt für Laster im Klartext: eine Stunde lang nicht überholen und hinter jedem noch so langsamen Gefährt hinterherzockeln. Natürlich sind Trucker auch nur Menschen und irgendwann überholen sie doch. Trotz Verbots. Nun gibt es Deine Freunde und Helfer der Autobahn, die Autobahnpolizei (aus Fernsehserien wissen wir, daß sie in jeder Folge mindestens ein Auto zu Schrott fahren) und die Jungs wachen darüber, daß sich auch alle Brummis brav an das Überholverbot halten. Wenn nicht, wird kassiert.

Nun cruise ich also mit meinem tollen Kastenwagen so mit 140km/h durch die Gegend, überhole fleißig und als ich dann mal nicht überhole, setzt sich ein Auto vor mich, bremst, und im Heckfenster blinkt abwechselnd POLIZEI und FOLGEN. Ach. Na ja. Hab‘ ich was falsch gemacht ? Hm. Eigentlich nicht. Was wollen die von mir ? Bin ich angeschnallt ? Ja. Hatte ich das Handy benutzt ? Nein. Was können die denn sonst noch wollen ? Hm……. In meinem Schädel spielt sich also ab, was sich halt so abspielt, wenn die Grünen einen anhalten. Beim nächsten Parkplatz dann raus, immer brav den Bullen hinterher. Ich hab‘ keine Ahnung, was die wollen. Hab‘ ich vergessen zu blinken ? Nö….. Na ja, Ihr wißt schon, 1000 Gedanken.

Die zwei Ordnungshüter dann echt nett und freundlich. Stellen sich gesittet vor, haben offene, nette Gesichter, kein Ichzeigdirschonwerhierfürrechtundordnungsorgt – Gehabe. Lassen sich von mir Führerschein und Fahrzeugpapiere zeigen, studieren die Papiere mit besonderer Sorgfalt und fragen mich dann, ob ich denn überholt hätte. „Klar, die ganze Zeit.“ Ob mir denn nicht klar sei, daß ich das hier nicht dürfe. „¿¿ Hä ?? …. ähh…. nein !“ Mein Wagen dürfe das nicht, denn es sei Überholverbot für Fahrzeuge ab 3,5t und mein Wagen habe genau 3,5t. „Ja, klar, äh… nicht 3.499 Kilo ?“ Nein, eben, 3.500 Kilo und damit dürfe ich nicht überholen. „Och komm’se, Sie wollen mit mir jetzt über einen läppischen Kilo reden ? Das ist die Klasse, die da noch nicht drunterfällt. Sonst hätt‘ ich doch ’n Fahrtenschreiber.“ Ja, das würden sie. Das Kilo mehr wäre ja aus steuerlichen Gründen so angegeben und dann müsse ich mich eben auch an die Beschränkungen halten. Ob Europcar mich da nicht drauf hingewiesen hätte ? „Nö !“ Sie würden, wenn sie hinter Fahrzeugen herfahren, ja immer auf die Hinterachsbereifung achten. Bei Zwillingsreifen sei man fällig. „Ach….“ Ob ich denn gleich 40,00€ zahlen wolle, oder eine Anzeige mit der Chance, mich dazu noch mal schriftlich zu äußern. „Da ich nicht glaube, daß ich nicht überholen darf, nehm‘ ich die Anzeige.“ Kein Problem.

Wer mich kennt weiß, daß ich natürlich doch erst mal versucht habe, die Sache vor Ort zu regeln. Eben daß die Klasse über 3,5 Tonnen ja nur 80 fahren dürfe, einen Fahrtenschreiber brauche und daß das Fahrzeug ja dann illegal sei weil es keinen Schreiber hat und ich mit mindestens 60km/h zu schnell durch die Gegend gebrettert sei, dann könnten sie ja direkt versuchen, den Führerschein abzunehmen. Ich war wohl überzeugend, die Herren zogen sich zu Beratungen in ihr Fahrzeug zurück.

Die Autobahnpolizei

Während die beiden freundlichen Herren also beraten, wie sie denn mit mir weiter verfahren, schauen wir mal auf die untere rechte Ecke des Heckfensters und sehen die hintere Videokamera, mit der alles aufgezeichnet werden kann.

Nach ein paar Minuten kommt der Beifahrer wieder raus, grinst und sagt „Man muß auch mal verlieren können.“ Sie hätten extra noch mal mit der Wache gefunkt und die hätten nachgesehen und festgestellt, daß die Grenze erst bei 3501 Kilo sei. Ich hätte recht gehabt. Hurra. Wir haben uns dann noch gegenseitig freundlich einen guten Tag gewünscht und alles war vorbei. Ha ! Strike ! Das erinnerte mich direkt an eine andere sehr schöne Situation, bei der sich zwei Polizisten sogar in aller Form bei mir entschuldigen mußten. Davon aber später, ganz am Ende des Artikels, nach dem „Weiterlesen“ – Link.

Nach diesem kleinen Abenteuer bin ich erst mal weiter zu Ossy Ostendorf, unsere ganzen geliehenen Cases für die Backline zurückbringen. Danach dann ins Peer – Studio in Hamburg, wo auch Annetts CDs aufgenommen wurden. Dort ist der zentrale Ausladepunkt für alle Instrumente. Die Musiker holen sich ihre Sachen dann in den nächsten Tagen dort ab. Die nächste Station war das Lager von tour – house, in dem die Deko bis zum nächsten Einsatz schlummert und zu guter Letzt mußten noch meine drei Kisten bei mir in den Keller. Nun noch schnell das Auto weggebracht und danach war frei…. schön. Hab‘ mich direkt erst mal in die Sonne gesetzt und die noch ein wenig genossen. Und jetzt ist gleich Schreibtischarbeit dran.

Vor der Schreibtischarbeit aber noch schnell die wirklich sehr witzige Geschichte……

Vor wirklich vielen, vielen Jahren hatte ich mal einen kackbraunen Fiat Panda 34. Eigentlich ein Scheißauto (darum auch die Farbe), aber er hat mich über 180.000 Kilometer lang nie im Stich gelassen, darum will ich nicht allzusehr über ihn herziehen. Vorne auf die Kühlerhaube des Pandas hatte ich einen Jaguar montiert. Ihr wißt schon, so eine Kühlerfigur von diesen Edelautos. Damit bin ich auch brav zum TÜV und wollte mir das eintragen lassen. Die TÜV – Leute aber waren der Meinung, daß das ein nicht eintragungspflichtiges Ziermittel sei und schickten mich wieder nach Hause. Und so fuhr ich stolz mit meinem Jaguarpanda durch Duisburg.

Eines Tages hielten mich zwei Bullen an, setzten ihre Mützen und diese Wirsindhierdiesheriffsmienen auf, fragten mich knapp nach Führerschein und Fahrzeugpapieren, studierten diese und wollten mir den Wagen stilllegen. Wegen des Jaguars. Der sei nicht eingetragen. Ich denen also erzählt, daß ich beim TÜV gewesen sei. Das wollten die aber gar nicht wissen. Entweder, ich würde jetzt sofort und unter ihren Augen den Jaguar abschrauben, oder sie würden mir die Plaketten abkratzen. Puh. Hin und herverhandelt, ohne Erfolg. Also stocksauer den Jaguar abgeschraubt.

Nach einer Überlegungshalbenstunde bin ich zum Duisburger Polizeipräsidium gefahren. Dort habe ich dann eine Anzeige wegen Nötigung im Amt und eine Dienstaufsichtsbeschwerde aufgegeben.

Etwa drei bis vier Tage später bekam ich einen Anruf aus dem Polizeipräsidium. Man hätte sich den Vorgang mal angesehen, das sei ja wirklich blöd gelaufen, ob ich denn wirklich auf meine Anzeige bestehen würde. Die Polizisten seien bereit, sich bei mir zu entschuldigen. Allein am Tonfall, mit dem das vorgetragen wurde, konnte ich erkennen, daß diese Bereitschaft wohl in einem sehr intensiven Gespräch mit den Vorgesetzten „entstanden“ war und ich sagte begeistert zu. Entschuldigung gegen Anzeigenrücknahme. Ich verabredete mit diesem Polizeipräsidiumsmenschen, daß ich die Herren zwei Tage später um 20:30 Uhr bei mir in der Wohnung erwarten würde. Sie kamen auch. Pünktlich.

Womit sie nicht gerechnet hatten war, daß ich, kaum war das Telephongespräch beendet, meinen kompletten Freundeskreis angerufen, Bier eingekauft und überhaupt eine tolle Party organisiert hatte, deren Höhepunkt sie, die beiden Polizisten waren. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt eine 24m² Einzimmerbude und die war brechend voll, als die verdonnerten Ordnungshüter anschellten. Als sie reinkamen war ihnen sofort klar, daß der sprichwörtliche Gang nach Canossa ein Scheiß war gegen das, was sie da nun erwartete. Sie stammelten also ihre Entschuldigung („Lauter, ich kann das nicht verstehen“, kam es von hinten), erzählten was von Überreaktion und waren heilfroh, als sie wieder draußen waren. Es floß noch reichlich Bier an dem Abend…..

10 Gedanken zu „Fahrt von Siegen zurück nach Hamburg“

    1. Hmmmm…. ich denke über dieses Wort gar nicht nach, es ist selbstverständlich für mich. Malebennachschau…. und hier hab‘ ich’s auch im Zusammenhang mit den beiden freundlichen Herren nur benutzt, als sie für mich noch Bullen waren und ich sie noch nicht kannte. Ich nehm’s also nicht zurück. Die zwei in der ersten Geschichte waren auch wirklich außergewöhnlich nett, Kompliment.

    2. Ich finde „Schnittlauch“ auch besser (außen grün, innen hohl, treten nur gebündelt auf).
      Da gab es mal einen Fall eines Radiomoderators, der eine Verkehrsduchsage gemacht hat. Auf einer Autobahn waren Bullen unterwegs – also richtige Rinder. Und der Moderator konnte sich die Anmerkung „die müssen den Verkehr regeln“ nicht verkneifen. Ein besonders humorloses Exemplar eines Bullen hat dann prompt Anzeige erstattet. Der Richter konnte aber nichts beleidigendes daran erkennen, die Bezeichnung „Bullen“ ist in den allgemeinen Spachgebrauch übergegangen. Eine Beleidigung wird erst daraus wenn man noch Atribute wie „Drecks-“ oder „Mist-“ davorsetzt.

  1. Bah nein, wie fies … aber ich stells mir unheimlich befriedigend vor, solch eine Entschuldigung zu bekommen, wenn man recht hatte :-)

  2. Hmmm…ich würde das Kennzeichen noch etwas undeutlicher machen. Eigentlich komplett. Also ich in meinem Blog, meine ich. Einfach so rein vorsichtshalber.

  3. wozu werden nummernschilder unkenntlich gemacht wenn man doch eh draussen damit offen herumfährt? kann mir das einer ma erklären, ich weiß es wirklich nicht?!

    1. Das ist eine Frage des Datenschutzes. Genau wie ich hier nicht ohne weiteres (und schon gar nicht in negativem Zusammenhang) Klarnamen veröffentlichen sollte. In diesem Fall habe ich da auch länger drüber nachgedacht. Immerhin haben sich die beiden Polizisten nicht negativ verhalten. Aber in unseren Zeiten muß man eher etwas vorsichtig sein.

      Du hattest den Kommentar übrigens zwei Mal geschrieben. Ich habe mir erlaubt, eine Version davon zu löschen. Immer wenn jemand das erste Mal hier kommentiert muß ich den Kommentar erst genehmigen um Spam zu vermeiden. Ab dem zweiten Mal (also ab sofort) kannst Du hier frei kommentieren, solange alle Angaben von Dir so bleiben wie beim genehmigten Kommentar.

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